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Damals wie heute am Ball. Björn Laars (l.) und sein damaliger Babelsberger Mitspieler Mentor Miftari (r.) gegen den einstigen Hertha-Torjäger Preetz. Laars und Preetz leiten inzwischen die Geschicke ihres Klubs als Vereinsfunktionäre. 

© imago/Höhne

SV Babelsberg 03 gegen Hertha BSC und 1. FC Union: Berlin-Festspiele für Nulldrei

Attraktive Regionalligapause für den SV Babelsberg 03. Erst kommt am Donnerstag Fußball-Bundesligist Hertha BSC ins Karl-Liebknecht-Stadion, einen Tag später spielt der Viertligist gegen den 1. FC Union. 

Es ist ein Kompliment. Wenn am morgigen Donnerstag Fußball-Bundesligist Hertha BSC im Karl-Liebknecht-Stadion gastiert (Beginn: 17.30 Uhr), um in der Länderspielpause nicht aus dem Rhythmus zu kommen und dafür den SV Babelsberg 03 als Testspielgegner ausgesucht hat, ist das eine Wertschätzung: für die Spielweise und die Qualität der Regionalligatruppe von Almedin Civa. Dessen Kollege Ante Covic, der Herthas Talente der U23-Mannschaft in der vierten Liga betreut, hat dem Berliner Cheftrainer Pal Dardai den SVB als Testspielpartner empfohlen. Wenn der Hertha-Coach im nahen Umfeld während der Bundesligapause einen Gegner suche, der nicht mauert und hohe Bälle schlägt, sondern spielerische Güte auf den Platz bringt, dann solle er den SVB fragen. Kurz danach rief Dardai bei Civa an. 

Einmalig: Vor 17 Jahren im Pokal

Es wird ein Wiedersehen nach langer Zeit zwischen dem aktuell Tabellenfünften der Bundesliga und den Kiezkickern. Vor 17 Jahren trafen beide Mannschaften zum bislang einzigen Vergleich aufeinander. Am 25. August 2001 empfing der damals gerade in die zweite Liga aufgestiegene SVB die Charlottenburger in der ersten Runde des DFB-Pokals. „Riesige Babelszwerge" schrieben in jenen Wochen die Boulevard-Zeitungen, als der SVB seine ersten beiden Zweitliga-Spiele gegen Arminia Bielefeld und den MSV Duisburg gewonnen hatten und auch gegen Hertha BSC kurz vor einer Pokalüberraschung stand. Erst spät verhinderte der Brasilianer Alex Alves mit dem 2:1-Siegtreffer in der 89. Minute eine Berliner Blamage im Babelsberger Kiez. Nulldrei-Torjäger Enrico Röver hatte den SVB in der siebten Minute in Führung gebracht, Marcelinho mit einem Freistoßtor in der 55. Minute für Hertha ausgeglichen.

Für Björn Laars, der heute die Geschäftsstelle des SVB leitet, war die damalige Pokalpartie „eines der schönsten Spiele meiner Karriere“. Das „Karli“ war mit 14500 Zuschauern ausverkauft. „Die Atmosphäre war unglaublich“, erinnert sich Laars, ebenso an die klangvollen Namen in Hertha-Reihen eines Sebastian Deisler, Michael Preetz, Alves oder Marcelinho. Laars, den die Babelsberger Fans gern als „den lässigsten Libero aller Nulldrei-Zeiten“ bezeichnen, spielte damals seine zweite Saison am Babelsberger Park. „Wir waren gegen Hertha dabei, eine Überraschung zu schaffen“, sagt Laars. Die beiden Gegentore hat er noch als vermeidbar in Erinnerung. Beim Freistoß-Ausgleichstreffer sah der ansonsten starke Babelsberger Torhüter Alexander Kunze nicht gut aus. Und beim späten Siegtor trickste Alex Alves SVB-Verteidiger Jens Härtel, den heutigen Zweitliga-Trainer des 1. FC Magdeburg, aus und dribbelte auch noch an Torhüter Kunze vorbei. Mit einer Dreierkette in der Abwehr hat der SVB damals gespielt, erinnert sich Laars und meint schmunzelnd: „Manchmal war es auch nur eine Zweierkette“, denn der damals 26-Jährige Abwehrspieler hatte einen ausgeprägten – mitunter leichtfertigen – Offensivdrang. Mit seiner offensiven Spielweise, die eine Handschrift des damaligen Nulldrei-Trainers Hermann Andreev war, hatte der SVB sensationell den Aufstieg in die zweite Liga geschafft. „Dort wurde sie uns aber zum Verhängnis, wir waren defensiv nicht kompakt genug“, nennt Laars einen Grund, der nach nur einem Jahr in der zweiten Bundesliga zum Abstieg führte – und auch für die Pokalniederlage gegen Hertha BSC galt. Seine Lektionen in Sachen Abwehrarbeit habe er später beim damaligen Zweitligisten FC Rot-Weiß Erfurt gelernt, bei dem Laars von 2002 bis 2004 spielte, ehe er nach Babelsberg zurückkehrte.

Vereine zeigen gemeinsam Haltung

17 Jahre danach gibt es bei aller sportlichen Distanz zwischen dem Erst- und Viertligisten durchaus Parallelen und Gemeinsamkeiten. Mit Pal Dardai und Almedin Civa stehen jeweils zwei Trainer an der Seitenlinie, die bei dem damaligen Pokal-Fight auf dem Platz standen. Der einstige Hertha-Torjäger Michael Preetz ist als Manager einer der wichtigsten Funktionäre der Charlottenburger, eine Rolle, die Björn Laars in Babelsberg inne hat wenn auch in deutlich kleinerer Dimension. Und beide Vereine beziehen eine klare Position zu aktuellen Umständen und Entwicklungen in Deutschland. Der SVB hat vor gutem einem Jahr mit „Nazis raus aus den Stadien“ eine bundesweit beachtete Kampagne initiiert. Hertha-Geschäftsführer Michael Preetz hat am vergangenen Samstag im ZDF-„Sportstudio“ mit deutlichen Worten erneut eine gesellschaftliche Positionierung von Fußball-Clubs gegen Rassismus gefordert. „Ich finde, dass wir die verdammte Verpflichtung haben, aufzustehen und mindestens – wenn wir uns nicht politisch artikulieren wollen – Haltung zeigen können“, sagte Preetz und forderte: „Und das müssen wir in einer Zeit, in der jeder spürt, dass es nicht in die richtige Richtung geht.“ Die Hertha-Profis hatten sich unter anderem vor dem Ligaspiel gegen den FC Bayern München vor gut einer Woche in T-Shirts mit dem Aufdruck „In Berlin kannst du alles sein. Ausser Rassist.“ warmgemacht. Der Fußball als populärste Sportart habe eine „Riesen-Aufmerksamkeit“, sagte Preetz. „Wir haben die Möglichkeit, uns klar zu positionieren, wo wir stehen. Es ist eine politische Äußerung, aber vor allem ist es eine Frage von Haltung.“

Volle Kasse und Legende dank Union

Der damalige Gastauftritt von Hertha BSC bescherte dem SV Babelsberg 03 übrigens zum zweiten Mal binnen weniger Tage ein ausverkauftes Stadion. Denn eine Woche zuvor war zum vierten Spieltag der Zweitligasaison der 1. FC Union Berlin zu Gast. In die Kasse flossen allein aus Eintrittsgeldern geschätzt rund 225.000 D-Mark, für Babelsberg eine Rekordeinnahme, die eine Woche später gleich überboten wurde, als die Zuschauer für das Spiel gegen Hertha einen etwas angehobenen Eintrittspreis zahlen mussten. Die Börse musste allerdings entsprechend der Regularien des Deutschen Fußball-Bundes im Pokal-Wettbewerb mit dem Kontrahenten geteilt werden.

Von solch finanziellem Segen träumt der SVB dieser Tage. Geblieben ist aus jenen Tagen im August 2001 die Kiez-Legende, die Fans noch heute nostalgisch „drei zu zwei“ rufen lässt, wenn der SVB 0:2 hinten liegt. Union Berlin führte im damaligen Punktspiel bereits 2:0, ehe der SVB – angetrieben von Almedin Civa – die Partie in den letzten 20 Minuten drehte und 3:2 gewann. Torschütze zum 2:2 war Björn Laars.  Der Kreis der Erinnerungen an die beiden Spiele gegen die zwei Berliner Klubs schließt sich in dieser Woche nicht nur mit der Begegnung gegen Hertha BSC. Denn am kommenden Freitag hat der 1. FC Union die Nullreier zu einem Testspiel eingeladen. Der aktuell Zweitliga-Zweite erwartet die Mannschaft von Almedin Civa um 14 Uhr auf dem Fritz-Lesch-Sportplatz in der Dörpfeldstraße von Adlershof. 

Anstoß gegen Hertha BSC ist um 17.30 Uhr. Tickets zwischen 5 und 22 Euro gibt es an der Abendkasse sowie an den bekannten Vorverkaufsstellen.

+++ Damals war's: SVB gegen Hertha +++

So spielten der SV Babelsberg 03 und Hertha BSC am 25. August 2001 in der ersten Runde des DFB-Pokals: 

Babelsberg: Kunze („Kicker“-Spielnote: 4) - Laars (3) - Miftari (4), Lorenz (3,5), Härtel (3,5) - Chalaskiewicz (3), Gatti (3,5), Civa (4) Röver (2) - Milovanovic (4), Kampf (5) - Trainer: Andreev.
Berlin: Kiraly (2,5) - Konstantinidis (4), Sverrisson (3) - Maas (5), Dardai (3) - Rehmer (4), Goor (4) - Deisler (2) - Alves (2,5), Preetz (4,5), Marcelinho (3,5) - Trainer: Röber.
Einwechslungen: 56. Laaser für Kampf, 66. Boban für Civa.
46. Schmidt für Maas, 72. Simunic für Rehmer, 90.+1 Tretschok für Alves.
Tore: 1:0 Röver (7.), 1:1 Marcelinho (55.), 1:2 Alves (89.)
Schiedsrichter: Kemmling (Burgwedel), Note 4,5 – verweigerte Babelsberg einen Foulelfmeter (12./Maas an Milovanovic), mitunter zu kleinlich.
Zuschauer: 14.700 (ausverkauft).
Gelbe Karten: Härtel, Laaser - Konstantinidis, Alves

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