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Mit Frust zum Siegtor. SVB-Führungsspieler Mike Eglseder (l.) bäumte sich nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich charakterstark auf und leitete das 4:3 seines Kiezklubs ein.

© Björn Draws

SV Babelsberg 03: Feiner Unterhaltungswert

Alles sah nach einer klaren Sache aus. Der SV Babelsberg 03 lag bei seinem Regionalliga-Fußballmatch gegen Viktoria Berlin komfortabel in Front. Doch er verspielte die Führung - schlug allerdings auch wieder zurück. Mit 4:3 siegten die Babelsberger, neben denen es noch 828 weitere Gewinner der Partie gab.

Wer sich für Regionalliga-Fußball interessiert, dazu noch Berlin-Brandenburger Derbys mag, dem bot sich am vergangenen Samstagnachmittag eine gute Adresse: Stadion Lichterfelde am Ostpreußendamm. Für die 828 Zuschauer sollte sich der Ausflug dorthin als gute Entscheidung erweisen. Sieben Tore bekamen sie zu sehen, am Ende der unterhaltsamen Minuten konnten die Anhänger des SV Babelsberg 03 einmal mehr jubeln als die des FC Viktoria 1889 Berlin. 4:3 (3:0) gewann Nulldrei und blieb das vierte Spiel in Folge ungeschlagen.

Nach der Lektion der Vorwoche, in der die Mannschaft von SVB-Trainer Almedin Civa gegen Wacker Nordhausen (0:0) lernte, wie sie in Unterzahl ein Remis erkämpft, stand beim Gastspiel beim bis dato Tabellendritten eine andere Aufgabe auf dem Lehrplan: Wie gebe ich eine 3:0-Führung und ein kontrolliertes Spiel nicht mehr aus der Hand? Die Babelsberger hatten sich diese Aufgabe selbst gestellt, denn nach Toren von Apo Beyazit (15.), Manuel Hoffmann (21.) und Farid Abderrahmane (56.) führten sie mit 3:0. Und das völlig verdient, wie Viktoria-Trainer Thomas Herbst später anerkannte und die Ursachen dafür vor allem bei seiner Mannschaft sah: „In der ersten Halbzeit haben wir überhaupt keine Laufbereitschaft und Zweikämpfe auf den Platz gebracht. Wir sind nur hinterhergetrabt.“

Abderrahmane krönte SVB-Ligadebüt mit Tor

Der SVB indes war von Beginn an wach, frisch und aggressiv. Und vor allem spielfreudig. Er nutzte die von Viktoria angebotenen Räume für ansehnlichen Kombinationsfußball und erspielte sich früh erste Möglichkeiten. Vor allem Beyazit, der für den gelb-rot-gesperrten Andis Shala im Sturmzentrum spielte, brannte regelrecht bei seinem Startelf-Debüt und belohnte seinen Eifer selbst mit dem Führungstreffer. Das 2:0 durch Hoffmann fiel aus ähnlicher Situation: Ein langer Ball über die behäbige Viktoria-Abwehr und ein entschlossener Abschluss. Abderrahmane krönte dann sein starkes Punktspieldebüt für den SVB mit seinem ersten Tor „seit Ewigkeiten in einem Punktspiel“, wie er sagte. „Ich sollte Bälle verteilen, Vorlagen geben und nach Möglichkeit selbst Tore schießen“, beschrieb er seine Aufgabe und befand: „Ich glaube, ich hab’s ganz gut gemacht.“

Das Spiel schien entschieden. „Die waren schon tot“, beschrieb Civa seinen Eindruck Mitte der zweiten Halbzeit. Selbst das 1:3 der Berliner in der 63. Minute – nach schöner Vorarbeit des Ex-Babelsbergers Ümit Ergidi und Abschluss durch Sascha Schünemann – sah nicht nach der Dramatik aus, die sich in den letzten Minuten entwickeln sollte. Zunächst genügte Viktoria-Torjäger Abu Bakarr Kargbo das schlechte Abwehrverhalten des SVB, um ungehindert von vier Gegenspielern bei einer Flanke zum 2:3-Anschluss einzuköpfen. Civa reagierte und winkte Lukas Knechtel zur Einwechslung an die Linie. Mit seiner Kopfball- und Zweikampfstärke sollte er helfen, das 3:2 abzusichern. Just in dem Moment fiel das 3:3. Wieder war es Kargbo, der sich im Strafraum durchgesetzt hatte, aber eigentlich zu weit abgedrängt war, um scharf und platziert aufs Tor zu schießen. Doch ließ SVB-Keeper Marvin Gladrow den harmlosen Schuss durch Hände und Beine gleiten – in gefühlter Zeitlupe trudelte das Leder über die Torlinie.

Mike Eglseder ackerte, Tino Schmidt schlenzte

„Das kann nicht wahr sein“, dachte sich Knechtel in diesem Moment, wie er nach Abpfiff verriet. Genauso ging es Mike Eglseder: „Ich habe innerlich gekocht. Ich war so sauer“, sagte der Innenverteidiger. Wie der 23-Jährige dann seine Emotionen zur spielentscheidenden Aktion auf dem Platz transformierte, beschreibt wohl am besten, was mit Charakter gemeint ist: Eglseder eroberte vor dem eigenen Strafraum den Ball, umkurvte einen Gegenspieler, kam im nächsten Zweikampf zu Fall, gab den Ball aber nicht verloren, rappelte sich auf, passte zu Knechtel auf der rechten Außenbahn, der noch ein paar Meter machte und dann präzise auf Tino Schmidt im Rückraum auflegte, der von der Strafraumgrenze zum 4:3 ins lange, obere Eck schlenzte.

Seinen ersten Glückwunsch adressierte SVB-Coach Civa nach Spielschluss an die Zuschauer: „Wer heute hier war, hat nichts falsch gemacht.“

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