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SV Babelsberg 03: „Die Gespräche und Personalsondierungen laufen weiter und werden mit Hochdruck bearbeitet“

Die SVB-Notvorstände Archibald Horlitz und Götz Schulze über ihre momentane Arbeit für den Verein und über die Außerordentliche Mitgliederversammlung.

Herr Horlitz, Herr Schulze, wann endet Ihre Mission als Notvorstand des erneut in Not geratenen SV Babelsberg 03?

Schulze: Sie endet, wenn ein neuer Vorstand gewählt ist. Wann das sein wird, hängt von dem Aufsichtsrat ab, der am Mittwoch von der Mitgliederversammlung bestimmt wird.

Horlitz: Sie endet spätestens am 30. Juni, denn bis dahin hat das Amtsgericht uns als Notvorstand bestellt. Aber ich gehe davon aus, dass die Mission, wie Sie sagen, in den nächsten zehn, vierzehn Tagen enden wird. Der Aufsichtsrat wird gewählt, muss dann seinen Vorsitzenden und Stellvertreter bestimmen, der Vorstand muss vorgestellt und sein Vorsitzender berufen werden. Das dauert schon ein paar Tage.

Man könnte auch meinen, dass Sie als Notvorstand in höchster Not agieren – sowohl in sportlicher als auch in wirtschaftlicher Hinsicht…

Horlitz: … in jeglicher Beziehung.

Da gibt es viele Mutmaßungen. Wie akut ist denn die wirtschaftliche Not. Ist es richtig, dass der SVB wieder nahe an der Insolvenz ist?

Horlitz: Im Moment gibt es dazu keine Aussagen derjenigen, die sich mit den Zahlen im Verein befassen – Schatzmeister und Aufsichtsratsvorsitzender beispielsweise. Allerdings hängt natürlich alles vom sportlichen Erfolg ab.

Also ist nicht damit zu rechnen, dass Sie am Mittwoch den Mitgliedern erklären, dass ein Insolvenzverfahren eröffnet wird?

Schulze: Nein, das haben wir nicht vor.

Horlitz: Dass das Geld in Babelsberg knapp ist, ist klar. Dass Babelsberg kämpfen muss und auf Sponsoren angewiesen ist und dass es dazu wichtig ist, sportliche Erfolge zu haben und Ruhe in den Verein zu bekommen – das ist ja allgemeiner Wissensstand.

Wie ist es Ihnen denn gelungen, Ihren Hauptkapitalgeber Deutsche Kreditbank zu beruhigen, der sicher nicht amüsiert über die jüngsten Entwicklungen im Verein war.

Horlitz: Der DKB ist zunächst einmal daran gelegen, dass hier stabile Verhältnisse herrschen und eine Rechtssicherheit da ist. Das ist das Gleiche, was wir möchten. Daher sehe ich nichts, was im Moment gegeneinander laufen würde.

Die DKB hat also nicht angesichts des momentanen Chaos im Verein mit ihrem Rückzug gedroht?

Schulze: Nein.

Horlitz: Es gibt die klare Aussage der DKB, dass sie berechenbare Verhältnisse und kompetente Ansprechpartner haben will. Das ist normal und nichts Besonderes.

Hat die DKB auch einen Stichtag 30. Juni gesetzt?

Horlitz: Die DKB hat sich sehr lange dem SVB verpflichtet und bringt dadurch Stabilität in den Verein. Die Genussscheine beispielsweise laufen bis 2017. Es gibt also zunächst mal eine stabile Basis, die aber nicht ausreicht, um den gesamten Spielbetrieb über die gesamte Saison abzusichern. Dazu müssen zusätzliche Einnahmen her, und zusätzliche Mittel kann der Verein nur erwirtschaften, wenn er sportlich erfolgreich ist und nach außen eine gute Figur abgibt, damit noch mehr Unternehmen interessiert sind, als Sponsoren und Partner des SVB 03 tätig zu werden.

Wie schnell wird der neue Aufsichtsrat, der am Mittwoch gewählt wird, einen neuen Vorstandsvorsitzenden und dessen Gremium bestimmen?

Schulze: Das hängt allein vom Aufsichtsrat ab. Wir können jetzt nicht darüber spekulieren, was ein erst noch zu wählendes Gremium wann tun wird. Aber es wird sich in Anbetracht der Gesamtsituation jetzt nicht gemütlich Zeit lassen, sondern schon schnell die Situation sondieren und entscheiden. Wir als Notvorstand können aber nicht sagen, dass wir ab Donnerstag nichts mehr entscheiden, weil dann schon ein neuer Vorstand da ist. Man muss erst einmal abwarten, bis ein ordnungsgemäß durch die Mitgliederversammlung einberufenes Aufsichtsratsgremium einen wiederum funktionsfähigen Vorstand bestellt hat. Es gibt viele Unwägbarkeiten, die theoretisch passieren können, so dass ein, zwei Wochen sicher realistisch sind. Wir haben das aber nicht in der Hand und wollen der Aufsichtsratswahl auch keine Vorgaben machen.

Horlitz: Wobei das sicher auch davon abhängt, in welcher Zusammensetzung der Aufsichtsrat gewählt wird. Persönlich kann ich nur sagen, dass der Aufsichtsrat, dem ich bis zur Bestellung als Notvorstand angehört habe, ein sensationell guter Aufsichtsrat war. Persönlich würde ich mir daher sehr wünschen, dass es da nicht zu großen Kampfabstimmungen kommt oder das irgendwelche Lagerkämpfe ausgefochten werden. Es gab ja auf der letzten Mitgliederversammlung eine demokratische Wahl mit klaren Ergebnissen, die nur aus formalen Gründen ungültig wurde, weil es in der Vereinssatzung seit dem Jahr 2005 einen Passus zur Einladung gibt, der rechtlich keinen Bestand hat. Dieser Satzungsfehler soll am Mittwoch ausgeräumt werden.

Könnte die Aufsichtsratswahl am Mittwoch auch wieder juristisch angefochten werden?

Schulze: Sie können alles juristisch anfechten, dagegen können wir nichts machen. Wir tun alles, um die rechtsstaatlichen Grundsätze maximal durchzusetzen, und stimmen uns dabei mit Herrn Rechtsanwalt Friedrich ab, der unserem Notvorstand juristisch zur Seite steht. Aber selbst bei der rechtsstaatlichsten Wahl können Sie hinterher sagen: Dies oder das hat nicht richtig gestimmt. Das kann man nicht verhindern.

Horlitz: Wir haben vom Grundsatz her so ziemlich alles getan, um die Wahl entsprechend abzusichern. Wenn jetzt jemand aus den gleichen Kreisen wie zuletzt erneut das Haar in der Suppe sucht, dann schießt der gegen Babelsberg 03 in einer Art und Weise, die in meinen Augen völlig inakzeptabel wäre.

Wollen sich die bisherigen neun Aufsichtsratsmitglieder am Mittwoch erneut der Wahl stellen?

Horlitz: Wir haben von den Aufsichtsratsmitgliedern, die auf der letzten Mitgliederversammlung im März dieses Jahres gewählt wurden, das Signal bekommen, wieder zur Verfügung zu stehen.

Sie selbst auch?

Horlitz: Ja. Ich finde das Team erstklassig. Was den Vorstand betrifft, so muss der designierte Vorstandsvorsitzende dann sagen, mit welcher Mannschaft er antreten will. Da gab es innerhalb des Vorstands durchaus leicht unterschiedliche Linien. Vom Grundsatz her sind alle klar motiviert, haben allerdings auch klar signalisiert: keinerlei Foulspiel mehr.

Hat Dieter Wiedemann schon seine Bereitschaft erklärt, erneut als Vereinsvorsitzender zur Verfügung zu stehen?

Horlitz: Es gibt kein offizielles Statement. Wir haben aber mitgekommen, dass es innerhalb des bisherigen Vorstandes durchaus Diskussionsbedarf gab, und Professor Wiedemann wird es sich ganz genau überlegen, ob und unter welchen Bedingungen er wieder antritt. Einer der entscheidenden Faktoren dafür wird mit Sicherheit auch der Verlauf der Mitgliederversammlung am Mittwochabend sein.

Haben Sie selber Ambitionen auf den Vereinsvorsitz, Herr Horlitz?

Horlitz: Ich bin gefragt worden, bevor Herr Wiedemann gefragt wurde, und ich habe es zum damaligen Zeitpunkt abgelehnt. Ich habe mein Unternehmen im Dezember verkauft, dem Unternehmen gegenüber aber noch für einige Monate Verpflichtungen. Ich habe im persönlichen Gespräch mit Professor Wiedemann zugesichert, dass ich – wenn ich diese Dinge abgeschlossen habe – bereit bin, mich auch auf Vorstandsebene zu engagieren. Für den Notvorstand habe ich mich bereit erklärt, weil dies aus der Not heraus geboren wurde und weil es auch ein übersichtlicher Zeitraum ist. Ich habe im Moment keine Ambitionen, jemanden zu verdrängen.

Und stünden Sie, Herr Schulze, für den neuen Vorstand wieder bereit?

Schulze: Prinzipiell stehe ich bereit, wenn ich danach gefragt werde, weil es mir dieses Ehrenamt auch Spaß macht. Aber nicht unter unveränderten Konstellationen im Vorstand.

Verliert der neue Vorstand, wenn er erst in einigen Wochen handeln kann, nicht zu viel Zeit beim Bemühen, die noch über eine Million Euro große Deckungslücke für die Lizenz 2013/14 zu schließen?

Schulze: Die Gespräche und Personalsondierungen laufen ja weiter und werden mit Hochdruck bearbeitet. Wir haben zwar vom Amtsgericht die einschränkende Auflage, nur unaufschiebbare Geschäfte tätigen zu können. Aber kurz vor Ablauf von Fristen wird alles dafür Notwendige unaufschiebbar. Und das nehmen wir wahr.

Horlitz: Wobei wir natürlich auch die zuletzt gewählten, wenn auch derzeit noch nicht wirklich legitimierten Gremien mit einbinden. Hier gibt es eine permanente Kommunikation.

Die Zeit drängt ja auch bei der Trainerfrage. Nach der Trennung von Christian Benbennek darf Interimscoach Almedin Civa nur 15 Werktage amtieren, weil er keine für die Dritte Liga notwendige Lizenz besitzt. Wird – wenn der neue Vorstand noch einige Wochen auf sich warten lässt – der jetzige Notvorstand einen neuen Trainer präsentieren?

Horlitz: Wir werden definitiv jetzt keine Ad-hoc-Entscheidung über einen neuen Trainer für die kommende Saison treffen. Erstens wissen wir ja nicht, ob wir sportlich dann in der Dritten oder in der Vierten Liga sind, und zweitens, weil es ein vorsichtiges positives Signal des Deutschen Fußball-Bundes gibt, uns nicht unter Druck zu setzen, auf den letzten Metern der Saison zwingend aktiv werden zu müssen.

Heißt das, dass es vom DFB für Babelsberg 03 eine Sonderregelung gibt?

Horlitz: Das nicht. Aber zunächst war es wichtig zu klären, ob die Samstage zu diesen 15 Werktagen gehören. Da der Samstag laut DFB nicht mitzählt, haben wir drei Wochen Zeit, in denen einige wichtige Spiele absolviert werden.

Trotzdem warten danach noch einige Partien auf den SVB.

Horlitz: Ich weiß. Im Schreiben des DFB klang aber ein bisschen durch, dass man uns möglicherweise nicht zu stark unter Druck setzt, für die letzten zwei, drei Wochen einen neuen Trainer zu verpflichten. Wir wollen nicht ad hoc einen neuen Trainer holen, der sich auch erst einmal bei den entsprechenden Gremien vorstellen müsste – was zumindest beim letzten Trainer nicht praktiziert wurde –, so dass eine breite Meinungsbildung stattfindet. Das gilt auch für einen künftigen Geschäftsführer, um das deutlich zu sagen. Keine Geschichten mehr im Hinterzimmer, in dem ein beschränkter Kreis von Leuten etwas auskungelt.

Schulze: Wir halten nichts davon, die Flucht nach vorn anzutreten und jetzt irgend jemanden für Geld zu engagieren, den wir nicht einschätzen können. Rückblickend sehen wir auch, das da früher Fehler in diese Richtung gemacht wurden. Was nicht heißt, dass wir nichts tun. Wir wollen mit Sorgfalt an die Sache herangehen.

Horlitz: Wir haben hier Bewerbungen vorliegen – Babelsberg 03 ist attraktiv für Trainer wie für Geschäftsführer. Kaum waren die Nachrichten draußen, ratterten die Faxgeräte los. Es freut uns, dass wir eine Auswahl haben, um so mehr fühlen wir uns verpflichtet, den möglichst besten Kandidaten herauszufinden.

Gehört es zu Ihren Optionen, den im vergangenen Mai beurlaubten früheren Trainer Dietmar Demuth zurückzuholen, der beim SVB noch unter Vertrag steht?

Horlitz: Formal wäre das möglicherweise machbar. Es gibt im Verein neben einer Pro-Demuth-Fraktion, die angesichts seiner historischen Leistung sicher nicht unberechtigt für seine Rückkehr ist, aber auch eine Fraktion unter den Mitgliedern, die für einen personellen Neustart ist.

Schulze: Dietmar Demuth ist eine denkbare Option, vor allem, weil er noch unter Vertrag steht. Auch mit Blick auf Fristen ist es eine Option, die uns eine gewisse Sicherheit verschafft. Wir haben uns nicht gegen ihn entschieden und nichts gegen ihn. Aber wir wollen für den neuen Vorstand keine Präjudizen schaffen.

Horlitz: Sollte es passieren, dass wir uns für die Option Dietmar Demuth entscheiden, wäre das mit der Aussage verbunden, dass damit noch keine Entscheidung gefallen sei, dass in der kommenden Saison mit dem Trainer Demuth weitergearbeitet wird. Am Ende der Saison gibt es ein Auswahlverfahren.

Haben Sie mit Dietmar Demuth schon geredet?

Schulze: Das nicht. Aber nach diesem Szenario werden wir ständig gefragt, seitdem wir uns vom bisherigen Trainer getrennt haben. Am Tag vor der Mitgliederversammlung haben wir jedoch kein Interesse, solche Spekulationen loszutreten. Gerade bei der Personalie Demuth gibt es im Verein eine große Lagerbildung. Eine solche Entscheidung kann man dann treffen, wenn man stabile Verhältnisse hat.

Warum genau haben Sie entschieden, dass Christian Benbennek gehen muss?

Horlitz: Entscheidungsgrundlage war eine extrem schwache Rückrunde. Wir haben persönlich nichts gegen Herrn Benbennek. Ich glaube, dass auch die Grundidee, einen mehr konzeptionell tätigen Trainer – der die Jugend aufbaut und entsprechend entwickelt – keine falsche war. Die Rückrunde hat aber gezeigt, dass das ganze nicht mehr funktionierte. Und wir waren hier genau in der Notsituation, als Notvorstand entscheiden zu müssen, wie viele Spiele wir noch abwarten. Zwei, drei Spiele vor Saisonende bringt eine Hauruckaktion in der Regel nichts mehr. Jetzt war der richtige Zeitpunkt, um noch Einfluss auf die Mannschaft zu nehmen, sie psychologisch nochmal einzustellen, nochmal mannschaftliche Geschlossenheit zu erzeugen. Und mit Almedin Civa haben wir jemanden, der das Vertrauen ausnahmslos aller hier im Verein hat. Daher glauben wir, dass das die momentan maximal beste Möglichkeit ist.

Kommen wir zurück zur Mitgliederversammlung am Mittwoch. Dort dürfte gefragt werden: Notvorstand, wie sieht es finanziell aus? Können wir uns die dritte Liga wirklich noch leisten?

Horlitz: Diese Frage ist pauschal schwer zu beantworten. Die Dritte Liga ist ein bisschen die Todeszone zwischen der zweiten Liga, in der es richtig Spaß macht und die TV-Gelder fließen, und der vierten Liga. Aus der wieder in die dritte Liga aufzukommen wird sehr sehr schwer, weil es dort eine Fülle von Mannschaften gibt, die finanziell deutlich besser gestellt sind als wir. Deshalb wäre es schön, wenn es uns gelänge, in der Dritten Liga zu bleiben und dort einen Leistungsaufbau über die nächsten zwei, drei Jahre zu betreiben.

Was angesichts von Millionen-Euro-Löchern schwer zu machen sein wird.

Horlitz: Das eine bedingt das andere. Wenn wir hier den sportlichen Erfolg haben, wenn hier Ruhe einkehrt, wenn Babelsberg 03 auch ein verlässlicher Partner für Sponsoren wird, dann sehe ich genügend Potenzial, diese Lücke zu schließen. Und wir haben ja mit der DKB auch einen Partner, der uns nicht die Pistole auf die Brust gesetzt hat. Der will eine Bewegungsrichtung sehen. Wenn jetzt hier eine neue Mannschaft am Start ist, soll die zeigen, dass sie in der Lage ist, Leute an den Verein zu binden. Da geht es mehr darum, das erst einmal im Kern zu zeigen, als dass konkrete Summen im Raum stehen. Und wenn jetzt nicht noch mal von außen gesteuerte Turbulenzen hereinkommen, wird die DKB dem SVB hoffentlich so viel Vertrauen gewähren, dass er die Chance hat, Sponsoren an Bord zu holen und im Laufe der nächsten zwölf bis achtzehn Monate das ganze wirtschaftlich in den Griff zu bekommen.

Das Interview führten Peter Könnicke und Michael Meyer.

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