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Glücksgriff für den SV Babelsberg. Leon Hellwig (l.), hier im Landespokal-Halbfinale gegen den Cottbuser Ronny Garbuschweski, avancierte in seiner ersten Saison nach Meinung von Trainer Cem Efe zum besten Spieler bei Nulldrei.

© Jan Kuppert

SV Babelsberg 03: Bilanz der vergangenen Spielzeit: Zwischen Berauschen und Buße

Der SV Babelsberg 03 konnte in den vergangenen Monaten beides: Begeistern und ernüchtern. Das Saisonziel erreichte die Mannschaft allerdings nicht. Jetzt werden die Karten neu gemischt.

Potsdam - Vor einigen Tagen stand Almedin Civa auf dem Trainingsplatz. Der Sportliche Leiter des SV Babelsberg 03, für den er als aktiver Spieler mehr als 250 Spiele bestritten hat, trainierte mit der Regionalligamannschaft des SVB. „Das war harte Arbeit“, sagt der 43-Jährige und meint damit nicht die Übungseinheit auf dem Rasen. Hinter ihm liegen etliche Wochen des Suchens nach neuen Spielern. Und es ist noch nicht vorbei, im Gegenteil: Mit dem Abpfiff der Saison am Pfingstsonntag beginnt für Sportdirektoren, Spielervermittler, Trainer und Spieler die heiße Phase des Verhandelns.

In Babelsberg steht Civa dabei vor der schwierigen Aufgabe, mit wenig Geld einen hohen Anspruch zu befriedigen – und auch eine Sehnsucht. Nach unruhigen Zeiten am Babelsberger Park sehnt man sich nach Kontinuität und Stabilität, gleichzeitig gibt es eine ausgeprägte Erwartungshaltung an unterhaltsamen und erfolgreichen Fußball. Dass dies ein schmaler Grat ist, hat der SVB in der gerade zu Ende gegangenen Spielzeit gezeigt. Es war eine Saison mit zwei Gesichtern.

Hinrunde: "Wir können jeden schlagen"

In der Hinrunde spielte die Mannschaft teilweise begeisternden Fußball, sodass Trainer Cem Efe vor der Winterpause meinte: „Ich würde dafür Eintritt zahlen.“ Kapitän Christian Schönwälder strotzte vor Selbstbewusstsein: „Wir können in der Liga jeden schlagen.“ Gegen Ende der Rückrunde musste sich Efe nach einer desaströsen 1:5-Heimniederlage gegen Halberstadt für den Auftritt seiner Mannschaft entschuldigen. Zwischen Berauschen und Buße lagen eine Negativserie mit 13 Spielen ohne Sieg und ein Qualitätsverlust, der seine Erklärung nur zum Teil darin haben sollte, dass mit der Insolvenz des VFC Plauen und dem freiwilligen Rückzug der U23 des 1. FC Union Berlin der Klassenerhalt frühzeitig gesichert war. Es ist der Psychologie des Sports geschuldet, dass man kein Vollgas mehr gibt, wenn die Spitze nicht mehr in Sicht ist und von hinten keine Gefahr droht. „Das war eine schwierige Situation“, sagt Almedin Civa, die der SVB keineswegs exklusiv hatte. „Ich bin froh, wenn die Saison zu Ende ist und die Karten neu gemischt werden“, sagte etwa der Ex-Babelsberger Trainer Dietmar Demuth, als er am vorletzten Spieltag mit dem ZFC Meuselwitz im Karl-Liebknecht-Stadion zu Gast war.

Am Ende ist die Saison 2014/15 für den SVB die Summe von Spielen, in denen die Mannschaft über oder unter ihren Möglichkeiten spielte. Mit Blick auf die Tabelle wurde das Saisonziel nicht erreicht. Auf einem einstelligen Platz im Mittelfeld wollte man stehen. „Das ist der elfte Platz nun mal nicht“, sagt Civa. Mit Routiniers wie Schönwälder, Ugurtan Cepni, Bilal Cubukcu und Christian Prochnow sowie mit Hoffnungsträgern wie Enes Uzun, Maximilian Zimmer und Severin Mihm ist der SVB mit einem guten, konkurrenzfähigen Kader gestartet, der eine Schwäche hatte: die zweite Reihe. Ausfälle, Verletzungen, Verschleiß und Substanzverlust, die über 30 Spieltage nicht ausbleiben, waren nicht zu kompensieren.

Gewinner und Verlierer

Unterm Strich bleiben Gewinner und Verlierer. Leon Hellwig, der im vergangenen Sommer von Optik Rathenow nach Babelsberg kam, offenbarte sich als Glücksgriff für den SVB. Dauerläufer, Abräumer, Ballverteiler – wie wichtig der 22-Jährige im Team von Cem Efe ist, zeigte sich dem kundigen Beobachter bei fast jedem seiner Einsätze, besonders aber nachdem er verletzt fehlte. Hellwig war an der Seite von Lovro Sindik im defensiven Mittelfeld nicht zu ersetzen. Efe nannte ihn seinen besten Spieler. Cubukcu, den Fachjournalisten bei fast jeder Partie in der Kategorie „Bester Spieler“ auf dem Zettel hatten, wurde zur Seele des Nulldrei-Spiels. Gewonnen hat auch Torhüter Marvin Gladrow: Als die Mannschaft schwächelte, ging seine Leistungskurve nach oben. Absoluter Gewinner dürfte Laurin von Piechowski sein, das Abwehrtalent aus dem eigenen Nachwuchs. Der 21-Jährige avancierte in der Rückrunde zum Stammspieler und interpretiert seine Aufgabe in der Abwehrkette erfrischend spielfreudig.

Lucas Albrecht wird nach zweieinhalb Jahren den SVB verlassen und in der kommenden Saison beim Ligarivalen Neustrelitz spielen. So richtig hatte der 24-Jährige Mittelstürmer seinen Platz nicht mehr gefunden – schon zur Winterpause zeigte er sich nicht glücklich mit seiner Rolle auf der Außenbahn. Auch Jonas Schmidt hat sich in dieser Saison beim SVB nicht weiterentwickelt; der Innenverteidiger wird ebenfalls gehen. „Eine neue Herausforderung wird beiden guttun“, sagt Civa. Auch Maximilian Zimmer und Dominik Feber sagen adieu. Weitere Abgänge werden folgen.

Offen, ob Cubukcu bleibt

„Aus sportlicher Sicht werden wir uns von einigen Spielern trennen“, kündigt Civa an. Wie sehr sich das Gesicht des SVB ändert, entscheidet sich in den kommenden Tagen und Wochen. Die Verträge der Stammspieler und Leistungsträger Prochnow und Cepni gingen mit der Saison zu Ende. Auch Spielmacher Cubukcu hatte nur für ein Jahr unterschrieben – es ist offen, ob er bleibt. „Es gibt viel Hin und Her in diesen Tagen“, so Civa, der das Geschäft inzwischen kennt. „Man muss dabei auch geduldig sein“, sagt er.

Geduld wird ohnehin ein guter Begleiter sein, wenn man in der kommenden Saison ins Karl-Liebknecht-Stadion geht. „Wir wollen weiter wachsen“, meint Trainer Cem Efe. Das tut man bekanntlich von unten.

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