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Sport: Star-Ersatz in der Warteschleife

Stahnsdorfs Basketballer Tim Modersitzki träumt nicht von der NBA – aber er hofft noch bis Freitag auf einen Anruf aus Köln

Stahnsdorfs Basketballer Tim Modersitzki träumt nicht von der NBA – aber er hofft noch bis Freitag auf einen Anruf aus Köln Von Jan Brunzlow Tim Modersitzki will auf die Ersatzbank. Ein widersprüchliches Ziel für einen Stammspieler der Basketball-Regionalliga. Es klingt geradezu so, als wolle der 18-Jährige Ansprüche als Ergänzungsspieler geltend machen. Zumindest hat der Berliner in Reihen der Mittelmärker am Samstag vor, nicht beim RSV Eintracht Stahnsdorf/Teltow/Kleinmachnow eingesetzt zu werden und dafür auf der Ersatzbank zu schmoren. Das würde schon reichen. Hauptsache dabei sein – in der Köln Arena, beim Rookie-Allstar-Game der Basketball-Bundesliga. In einem Match vor mehr als 10 000 Zuschauern, in dem die besten Nachwuchs-Basketballer aus dem Norden Deutschlands gegen die besten aus den Südstaaten als Vorprogramm der Stars antreten, das US-amerikanische Modell wird auch in Deutschland seit Jahren kopiert. Tim Modersitzki setzte sich bei den deutschen Try-Outs im Oktober und Dezember durch, steht auf der Spieler-Ersatzliste und wartet auf die Zusage aus Köln. Vor dieser Saison wechselte er gemeinsam mit Aufbauspieler Marcelo Fonseca und Trainer Vladimir Pastushenko vom VfK Südwest nach Stahnsdorf, fühlte sich von Beginn an wohl und fand zu seinem Spiel. Punkte werfen heißt dabei in dieser Saison das Credo des Flügelspielers, der die Position eines Wendell Alexis oder auch Dirk Nowitzki spielen kann. Die Namen klingen dem Abiturienten der Steglitzer Bröndby-Oberschule jedoch zu weit weg, sein Platz ist momentan in der Regionalliga. Erste Bundesliga oder NBA klingen für ihn so weit entfernt wie der Nordpol von einem Pinguin weg ist. Auch, wenn es sein Ziel ist, später einmal in der obersten deutschen Liga zu spielen. „Dafür will ich mich in den nächsten Jahren empfehlen“, sagt der Blondschopf, der die freie Zeit ausschließlich auf Basketballplätzen verbringt. Der Berliner Weg in die Bundesliga ist es nicht, den Modersitzki geht und weiter gehen will. Normal wäre ein Engagement bei Alba Berlins Farmteam TuS Lichterfelde – das ist momentan sowohl in der zweiten Liga als auch der Regionalliga vom Abstieg bedroht –, dann käme die Berufung auf die Bank des siebenfachen deutschen Meisters oder ein Ausflug in ein US-College. Der Potsdamer Tommy Thorwarth folgte vom USV aus dieser Berliner Fährte und auch Modersitzkis früherer Klassenkamerad sowie Mitspieler in der Berliner Auswahl, Edwin Ofori- Attah, ist diesen Weg gegangen – und hat unlängst einen Rekord von Allzeit-Superstar Michael Jordon gebrochen. Ofori-Attah erzielte 71 Punkte in einem Spiel. Eine Marke, von der selbst ein Nowitzki träumt: Modersitzkis Bestmarke liegt bei 25 Punkten in der Regionalliga, in dieser Saison in Stahnsdorf waren es bislang 24. „Mit meinem Wurf bin ich in diesem Jahr zufrieden“, erzählt Modersitzki, nur die Dreierquote will er noch ein bisschen puschen. „Aber es ist nicht so, dass ich nur werfe“. Im vergangenen Jahr beim VfK in der 2. Regionalliga hatte er mehr Assists – Pässe die zu Punkten führen – als Korberfolge, in diesem Jahr hat sich das Verhältnis gedreht. Basketballer gelten als Statistikfreaks, aber vor allem Fans sehen sich die Zahlen und Stats der Spieler gerne an. Modersitzkis sportliches Vorbild Vladimir Petrovic (Alba Berlin) schaffte kürzlich in der Europaliga mit 44 Punkten in der Effektivitätsstatistik - erzielte Punkte plus minus gelungener und misslungener Aktionen – einen Wert jenseits des Durchschnitts. Duftmarken, die auch Modersitzki per Dunking immer mal wieder bei Stahnsdorf setzt. Er ist Basketball-Genießer, zu Bundesligaspielen geht er daher nicht, um sich Tricks anzuschauen, sondern „um Spaß zu haben“. Dabei hatte er früher an einer anderen Sportart mehr Freude. „Eigentlich wollte ich zum Judo gehen“, sagt der Joungster, doch sein Bruder Nils, er spielt inzwischen bei TuS Neukölln in der Berliner Oberliga, nahm ihn mit zum Training. Erst bei Lichtenrade, später beim VfK Südwest. Nun in Stahnsdorf und in einem Jahr? Wohl wieder in Berlin. Die Zeichen zeigen zumindest in diese Richtung, denn „die Teilnahme an einer deutschen U 20-Meisterschaft reizt mich, und das ist in Stahnsdorf nicht möglich“, begründet Modersitzki. Er hat sich inzwischen auch national einen Namen gemacht. Sollte er beim Allstar-Day in Köln dabei sein, könnte sein Marktwert weiter steigen. Denn es ist ungewöhnlich, dass ein Rookie-Allstar in der 2. Regionalliga spielt. „Die anderen haben alle Verträge in der ersten oder zweiten Liga“, erzählt er von den Lehrgängen, nach denen er von den anwesenden Trainern zum „Star-Ersatz“ gewählt wurde. Hoffen, dass sich jemand verletzt oder krank wird, darauf setzt der 192 Zentimeter große Forward nicht mehr. „Ich stelle mich darauf ein, am Samstag mit Stahnsdorf in der Regionalliga anzutreten“. Zur gleichen Zeit spielen zwölf gleichaltrige Basketballer in der Kölnarena. Die Hoffnung, auch dort zu sein, gibt Modersitzki bis Freitagmittag aber noch nicht ganz auf. Bis dahin kann noch das Telefon klingeln und eine Stimme sagen: „Tim, du bist dabei.“

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