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Entwicklungsarbeit mit dem Stab. Bundesstützpunkttrainer Stefan Ritter möchte Potsdams Stabhochspringerin weit nach oben führen und somit auch Deutschlands Leichtathletik in dieser Disziplin stärken.

© Gerhard Pohl

Stabhochsprung in Potsdam: „In Tokio wollen wir mithalten“

Bundesstützpunkttrainer Stefan Ritter spricht über die Mission, in Potsdam Stabhochspringerinnen international konkurrenzfähig zu machen, das steigende Interesse an der anspruchsvollen Leichtathletikdisziplin und die Bedeutung des Meetings im Stern-Center.

Herr Ritter, Sie und Ihre Sportlerinnen sind derzeit ja fleißig auf Wettkampfreisen unterwegs, jüngst in Frankreich und Schweden, vorgestern noch in Düsseldorf, heute beim heimischen Stabhochsprung-Meeting im Potsdamer Stern-Center. Ist doch ein gutes Zeichen, oder?

Ganz genau. Dass wir seit Januar bei einer Reihe internationaler Meetings dabei sind, ist Ergebnis der Leistungssteigerung. Annika Roloff hat ihre Bestleistung seit Beginn unserer Zusammenarbeit vor einem Jahr von 4,45 auf 4,60 Meter gesteigert und ist damit zur internationalen Konkurrenz vorgestoßen. Sie hat sich die Chance erarbeitet, zu internationalen Wettkämpfen und Meetings zu reisen. Höhepunkt war für sie ohne Frage die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Rio. Und Anjuli Knäsche hat sich um zehn Zentimeter auf 4,55 Meter gesteigert, was ja auch Olympianorm war. Damit kratzt sie an der Tür: Hallo, hier bin ich.

Nun hat Potsdam bei den Frauen nicht die Tradition im Stabhochsprung. Und bei den Männern sind nationale Spitzenleistungen auch schon eine Weile her. Warum eignet sich der Standort dennoch für die nationale Mission, hier konkurrenzfähigen Stabhochsprung zu entwickeln?

Zum einen sind die örtlichen Bedingungen sehr, sehr gut – für jeglichen Sport, aber auch für den Stabhochsprung. Wir haben je zwei Anlagen in der Halle und in den Stadien, dazu eine Turnhalle. Zudem gibt es gute durchgängige Strukturen vom absoluten Leistungsbereich bis zu sehr jungen Sportlern. Und wir haben bei den Trainern eine personelle Kontinuität, die einen reibungslosen Trainingsablauf garantiert.

Wie groß ist der Zulauf an jungen Nachwuchsspringern? Lässt sich das Interesse am Stabhochsprung beziffern?

Als ich 1999 zur Sportschule nach Potsdam gekommen bin, waren wir acht Sportler, die sich am Stabhochsprung versucht haben. Mittlerweile haben wir fast 50 Athleten von ganz Jungen bis zu den Erwachsenen, die sich mindestens einmal pro Woche mit Stabhochsprung beschäftigen. Wir fangen in der fünften Klasse an, gezielt zu suchen, wer sich fürs Stabhochspringen eignet. Und tatsächlich haben wir im Stern-Center bei unserem Meeting, was eine große Werbeplattform für uns ist, immer guten Zulauf bei den Schnuppertrainings, wo man sich einfach mal ausprobieren kann. Und dann haben wir bei den Kadersportlern in den vergangenen Jahren mit Annika Roloff, Anjuli Knäsche, Fredi Petershofen und jetzt ganz aktuell Stina Seidler Athletinnen, die den Weg nach Potsdam gesucht haben, um hier ihren Weg zum Leistungssport weiterzugehen und dafür ihren Lebensmittelpunkt hierhin gelegt haben.

In den vergangenen anderthalb Jahren waren es die Frauen aus Potsdam, die mit guten Leistungen auf sich aufmerksam gemacht haben. Was ist vom Nachwuchs bei den Jungen und Junioren zu erwarten?

Da gibt es durchaus gute Jungs, die in der nationalen Spitze ihrer Altersklasse mitspringen. Ansgar Bartel hat im vergangenen Jahr die Norm für die U20-Weltmeisterschaft nur knapp verpasst.

Was reizt Sie an der Aufgabe, den Potsdamer Standort zu neuen Höhenflügen zu verhelfen?

Zum einen ist der Stabhochsprung eine Herausforderung als komplexe Disziplin. Dann ist es reizvoll, den Weg mit jeder einzelnen Sportlerin zu finden, um ihre Leistung zu optimieren, die Athletik und Technik zu verbessern und ihre Persönlichkeit zu entwickeln. Das ist schon ein spannendes Puzzle. Es ist immer wieder eine Herausforderung, das richtige Maß und die Balance zu finden. Sportler wollen immer schnell gut und besser werden. Ich kenne keinen Sportler, der zwei Jahre warten will, ehe er einen Erfolg sieht. Das motiviert auch mich, wobei ich mich in der sehr angenehmen Situation befinde, mit Disziplintrainer Thoralf Neumann hier in Potsdam oder auch dem Bundestrainer immer Ansprechpartner zu haben, um mich auszutauschen.

Dennoch hat Sport und Erfolg viel mit Fleiß und auch Geduld zu tun. Wie lange wird es dauern, erfolgreichen Stabhochsprung made in Potsdam in Deutschland und auch international zu etablieren?

Wir haben es durch unsere Arbeit in den vergangenen drei Jahren, durch nationale und auch internationale Erfolge geschafft, dass Potsdam den Status eines Bundesstützpunktes für Stabhochsprung der Frauen bekommen wird. Unser Ziel ist, dass wir bis zu den Olympischen Spielen 2020 in Tokio Springerinnen entwickeln, die da mithalten können. Zuvor kommt 2018 die Heim-Europameisterschaft in Berlin, bei der wir uns natürlich auch zeigen wollen.

Und nicht allzu weit vorausgeschaut: Was sind die Ziele für die aktuelle Hallensaison?

Unsere Hallensaison ist gar nicht so lang. Die Chance, nach Belgrad zur Hallen-Europameisterschaft zu fahren, ist eher gering, da die Norm mit 4,70 Meter sehr hoch ist. Das kommt sicher ein Jahr zu früh. Unser Ziel es vielmehr, für die Freiluftsaison zu arbeiten und dafür ein neues Niveau vorzubereiten.

ZUR PERSON: Stefan Ritter besuchte selbst die Potsdamer Sportschule, war Stabhochspringer und begann bereits während seiner finalen Schulzeit an der Seite seines früheren Trainers Thoralf Neumann als Übungsleiter zu arbeiten. Heute ist der 32-Jährige Stabhochsprung-Disziplintrainer im Deutschen Leichtathletik-Verband für den weiblichen Nachwuchs und Stützpunkttrainer des SC Potsdam.

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