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Sportförderung in Potsdam: In Sportkluft und Uniform

Potsdamer Spitzenathleten werden in diversen Fördergruppen während ihrer aktiven Karriere finanziell unterstützt. Dabei erhalten sie eine Perspektive für das spätere Berufsleben.

Von Tobias Gutsche

Potsdam - Im Training und Wettkampf tragen sie Schwimmhosen, Trikots und ärmellose Muskelshirts, hautenge Ganzkörperanzüge, Laufschuhe und Töppen. Bei offiziellen Anlässen, wie einer Gala oder Ehrung, holen zahlreiche Potsdamer Top-Sportler hingegen den ganz besonderen Zwirn aus dem Kleiderschrank. Ihre Arbeitsgarderobe zweiter Ordnung. Eine Uniform. Denn viele der absoluten Spitzenathleten sind Mitglieder in verschiedenen Sportfördergruppen: Bundes- oder Feuerwehr, Landes- oder Bundespolizei. Die Unterstützungsprogramme für Kadersportler in Deutschland sind vielfältig, bieten eine finanzielle Absicherung während der aktiven Karriere und – was für die Athleten immer wichtiger geworden ist – eine Perspektive für die Zeit danach.

Kritik an der Bundeswehr

Die wohl bekannteste aller Fördergruppen ist seit 1968 auf parlamentarischen Auftrag hin innerhalb der Bundeswehr angesiedelt. Seitdem ist sie eine feste Institution. Doch inzwischen wurde bereits auch ihre Abschaffung diskutiert. Es mehren sich die kritischen Stimmen an dem Programm, in dem bundesweit derzeit fast 750 Sportler gefördert werden. Intransparenz bei der Verteilung von etwa 30 Millionen Euro jährlich sowie eine mangelnde geistige Beanspruchung der Athleten werden beispielsweise von Experten in einem Beitrag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung kritisiert. „Ich wollte nicht verblöden“, zitierte die FAZ vor einigen Jahren den damaligen Weltklasse-Hochspringer Raul Spank mit seiner Entscheidung gegen einen Förderplatz bei der Bundeswehr und für das Studium der Wirtschaftswissenschaft. Nach der verkürzten Grundausbildung von nur acht Wochen stehen die meisten Sportsoldaten nämlich vor einem eindimensionalen Leben. Wenn sie nicht gerade einmal bei einem Weiterbildungslehrgang sind, besteht der Tagesrhythmus vornehmlich aus drei Elementen: Trainieren, essen und schlafen. Zumindest was die berufliche Qualifikation betrifft, hat sich die Bundeswehr aber inzwischen attraktiver gemacht: Nunmehr ist es den Athleten auch erlaubt, nebenbei ein Hochschulstudium zu absolvieren. Die beiden Potsdamer Schwimmer Yannick Lebherz und Christian Diener nehmen dieses Angebot wahr. Der eine studiert Publizistik und Kommunikationswissenschaft in Berlin, der andere Bauingenieurwesen an der Fachhochschule Potsdam.

Studieren bei der Landespolizei

Für ihren Trainingskollegen Felix Wolf war dieser Weg allerdings keine Option. Zwei Jahre lang war auch er Sportsoldat, doch dann kamen Zweifel auf. „Bei der Bundeswehr“, erzählt der mehrfache Deutsche Meister, WM- und EM-Teilnehmer, „habe ich zwar gutes Geld verdient. Aber das war nur etwas für den Moment.“ Er suchte stattdessen eine feste berufliche Karriereaussicht – und wurde bei der brandenburgischen Landespolizei fündig. Dort erfolgte 2012 die Aufnahme des ersten Jahrgangs in die Sportfördergruppe. Alle zwei Jahre, das nächste Mal also nach den Olympischen Spielen 2016, treten bis zu zehn Bundeskader dem Elite-Kreis bei. Den Polizeikommissar-Anwärtern wird der spezifische Lehrstoff im Einklang mit den Sport-Verpflichtungen an der Fachhochschule der Polizei in Oranienburg sowie in Potsdam vermittelt – in fünf Jahren statt der üblichen drei. „Danach hat man etwas Vollwertiges in der Tasche“, findet Felix Wolf.

Zur Bundespolizei nach Kienbaum

Das hat man auch beim nationalen Pendant. Die Sportfördergruppe der Bundespolizei unterstützt derzeit 160 Athleten und schult sie über mehrere Jahre in enger Abstimmung mit den Trainings- und Wettkampfperioden. An zwei Standorten: Wintersportler in Bad Endorf, Sommer- und Ganzjahressportler, wie Potsdams Kanu-Olympiasieger Sebastian Brendel, in Kienbaum. Die beiden Polizei-Fördergruppen unterscheiden sich insbesondere in einem Punkt: Innerhalb des Bundes werden die angehenden Bediensteten ausgebildet, während sie auf Landesebene ein Bachelor-Studium absolvieren. „Deshalb steigen unsere Studierenden nach dem erfolgreichen Abschluss direkt in den gehobenen Dienst – und damit in eine höhere Verdienstgruppe – ein. Sie können Führungsaufgaben übernehmen“, erklärt Frank Schwochow, Studienverantwortlicher in der Brandenburger Polizei. Die Absolventen der Bundespolizei sind im Gegensatz dazu für den Einsatz im mittleren Dienst berechtigt, können aber durch Fortbildungen im Dienstgrad aufsteigen. Wenn es im Allgemeinen um die berufliche Zukunftsperspektive geht, kann die Bundespolizei auf eine gute Bilanz verweisen. Über 80 Prozent der unterstützten Athleten nehmen nach dem Ende ihrer aktiven Laufbahn eine Tätigkeit in der Einrichtung auf. Zum Vergleich: Bei der Bundeswehr waren es in den vergangenen drei Jahren nur sechs Prozent, wie es auf PNN-Anfrage heißt.

Nach dem Sport Feuerwehrmann

Lukas Kuske hat seinen Unterstützern derweil die Treue gehalten. Der ehemalige Potsdamer Bob-Fahrer und Bruder des mehrfachen Olympiasiegers Kevin Kuske gehörte der Feuerwehr-Sportfördergruppe Brandenburgs an, die 2007 ins Leben gerufen wurde. Dabei durchlief er die Ausbildung an der Landesschule und Technischen Einrichtung für Brand- und Katastrophenschutz, die auf maximal fünf Jahre gestreckt werden kann. „Das war die allerbeste Entscheidung, die ich treffen konnte“, sagt der frühere Junioren-Vize-Weltmeister, der seine Sport-Laufbahn schon vor einigen Jahren aus Verletzungsgründen beenden musste und den nahtlosen Übergang in die Arbeitswelt schaffte. Er ist bei der Berufsfeuerwehr in Potsdam angestellt. Im Unterschied zu den anderen Sportfördergruppen ist bei der Feuerwehr generell eine bereits abgeschlossene Berufsausbildung verpflichtend, um zugelassen zu werden. Kuske: „Ich habe Bürokaufmann gelernt und war zuvor schon zwei Jahre in dem Job tätig.“

Sporthilfe und Sponsoren

Doch wie halten sich Aktive über Wasser, die sich keiner dieser Fördergruppen anschließen? Beispiel: Franziska Weber. „Ich bekomme meine Unterstützung vor allem durch die Deutsche und Brandenburger Sporthilfe sowie meinen Verein und private Sponsoren“, berichtet die Kanu-Olympiasiegerin des KC Potsdam, die für ihre duale Karriere ein Bauingenieurwesen-Studium an der FH Potsdam aufgenommen hat. In Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Rio genießt die Kajakfahrerin wie schon vor den Sommerspielen 2012 zudem eine besondere Hilfe durch die Deutsche Sporthilfe und deren Partner PricewaterhouseCoopers. ElitePlus heißt das Fördermodell, das denjenigen Sportlern unter die Arme greift, die keine alternative Absicherung haben wie in einer Sportfördergruppe. Rund 50 Medaillenkandidaten erhalten bis zu 18 Monate lang vor Olympia eine Zuwendung von monatlich 1500 Euro. „Das ermöglicht mir finanzielle Sorgenfreiheit. Ich kann mich in der heißen Phase in Ruhe auf den Sport konzentrieren“, meint Franziska Weber, die bei einer Sportlergala ohne Probleme ein elegantes Kleid tragen kann. Während viele Mitglieder der Sportfördergruppen die Uniform ihres Arbeit- und Geldgebers überstreifen müssen, ist sie nämlich bei ihrer Outfit-Wahl vollkommen frei.

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