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Sportförderung in Brandenburg: Kreuze machen und Lose kaufen zum Wohle des Sports

Per Gesetz fließen jährlich Millionen Euro an Brandenburger Lotto-Einnahmen in den Sport. Davon profitieren märkische Vereine wie der ESV Lok Potsdam. Doch das Fördermodell steht auf wackligen Beinen.

Von Tobias Gutsche

Es ist der vielleicht idyllischste Sportplatz Potsdams. Die Stätte vom ESV Lok in der Berliner Straße liegt am Ufer des Tiefen Sees und bietet einen herrlichen Blick über das Wasser hinüber zum Babelsberger Park. Neben den Fußballern, die sich mittlerweile in der Landesklasse als Top-Adresse etabliert haben, gehören die Leichtathleten zu den Aushängeschildern des Vereins. Die Abteilung hat große Tradition und kann auf zahlreiche internationale Erfolge bei den Masters, also Senioren, verweisen. Doch optimal waren die Trainingsbedingungen zuletzt nicht mehr. An der Leichtathletikanlage hat der Zahn der Zeit genagt. Nun wird sie wieder aufgewertet.

Mindestens 17 Millionen Euro pro Jahr

Dank Landesunterstützung erfolgt seit vergangener Woche die Sanierung des Areals. Auf der Uferseite entstehen moderne Entfaltungsmöglichkeiten für Wurf- und Sprungdisziplinen. „Das kostet insgesamt 60.000 Euro“, sagte der Lok-Vorsitzende Jürgen Happich bei einem Pressetermin, zu dem der Landessportbund Brandenburg (LSB), das Landesfinanzministerium und die Lotto Brandenburg GmbH geladen hatten. Am Beispiel des Potsdamer Vereins verdeutlichten die Institutionen, wie die märkische Sportförderung funktioniert. Im Kern hängt das alles mit Kreuze machen und Lose kaufen zusammen.

Denn es sind Brandenburger Lotterie-Erlöse, die den Aktiven zugute kommen. Laut Sportfördergesetz werden 36 Prozent der Lotto-Glücksspielabgaben dem organisierten Sport im Land mit seinen fast 348.000 Mitgliedern zur Verfügung gestellt. Beziehungsweise mindestens 17 Millionen Euro, um immer eine „solide, planbare Größe zur Sicherheit“ zu haben, erklärte der LSB-Vorstandsvorsitzende Andreas Gerlach.

"Ganz große Breite des Sports wird gesichert"

Lotto Brandenburg machte vergangenes Jahr nach eigenen Angaben einen Gesamtumsatz von 184 Millionen Euro, 88 Millionen Euro wurden als Gewinne ausgeschüttet. Neben den Steuern in Höhe von 16,66 Prozent, die in den Landeshaushalt fließen, belaufen sich die Glücksspielabgaben auf 20 Prozent. Letztere werden für gemeinnützige Zwecke im Land genutzt. Hauptsächlich für den Sport. Von den einzelnen Fachministerien können aber auch andere Projekte gestärkt werden. So wurden 2017 unter anderem die Potsdamer Klinikclowns (20.700 Euro) und der „Treffpunkt Freizeit“ in der Landeshauptstadt (11.083 Euro für die Herrichtung eines Begegnungs- und Aktivraums) bedacht.

Wer Lotto spielt, tut Gutes. So lautete das Credo der Verantwortlichen. „Es ist eine Unterstützung im Interesse des Gemeinwohls. Davon profitieren viele Brandenburger“, betonte Andreas Gerlach. Und gerade im Sport sei die gesetzliche Lotto-Regelung ein Jackpot. 12,5 Millionen Euro erhält der LSB direkt. Damit werden Zuschüsse für Übungsleiter und Anschaffung von Kleinsportgeräten für die über 3000 Vereine gezahlt, die Aus- und Fortbildung von Trainern realisiert und Gesundheitsinitiativen gefördert. Außerdem dürfen sich die Stadt- und Kreissportbünde sowie die Fachverbände über finanzielle Hilfe bei ihrer Arbeit freuen. Kooperationen mit Schulen und Kindertagesstätten gehören ebenso zum Programm wie die Talentfindung in der Region. „Es geht hierbei also darum, die ganz große Breite des Sports zu sichern, und nicht um Leuchttürme“, sagte der Vorstandsvorsitzende. Mit den Sportgeldern aus den Lotto-Einnahmen, die nicht an den LSB gehen, werden weitere Projekte gestemmt – etwa als Ko-Finanzierung von Bundesmaßnahmen, für den Schulsport oder die Sanierung von Anlagen.

Staatliches Glücksspiel-Monopol vor dem Aus

So wie beim ESV Lok Potsdam. Um seine 60.000 Euro teure Rekonstruktion der Leichtathletikstätte umzusetzen, stellte der Club einen Förderantrag beim Landessportbund. Die ESV-Eigenmittel werden nun mit 35.600 Euro – davon sind 18.000 Euro ein zinsloses Darlehen – bezuschusst. „Solche Möglichkeiten zu haben, ist für Vereine sehr lohnend“, erklärte Lok-Präsident Jürgen Happich. „Das ist von großem Wert.“

Wegen der sozialen Bedeutung, die die Glücksspielabgaben haben, wird in Brandenburg jedoch auch Alarm geschlagen. Denn die Zukunft dieses Fördermodells steht auf wackligen Beinen. Der aktuelle Glücksspielstaatsvertrag läuft noch bis 2021 und sichert ein staatliches Monopol. „Damit wird verantwortungsbewusstes Spielen sowie der Schutz vor Betrug und Manipulation gewährleistet“, sagte Daniela Trochowski, märkische Finanzstaatssekretärin und zugleich Aufsichtsratsvorsitzende von Lotto Brandenburg. Ob es eine Fortsetzung des Monopols gibt, ist allerdings fraglich. Im Zuge der Debatte um den Staatsvertrag hat Schleswig-Holstein für eine andere Lösung plädiert und genießt Unterstützung durch Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz. „Sie wollen eine Liberalisierung der Anbieter und glauben, mit einer Freigabe besser gegen illegales Glücksspiel vorgehen zu können“, so Trochowski, die aber für einen Erhalt der staatlichen Hoheit plädiert. Nicht zuletzt wegen der Gemeinnützigkeit durch Lotto. Auch in den anderen Bundesländern werden über die Abgaben Sport-, Kultur-, Sozial- und Umweltprojekte gefördert. „Fällt das Monopol, müsste man gucken, wie man das kompensiert.“ Es bestehe die Gefahr, dass die Förderung nicht mehr auf hohem Niveau gehalten werden könne.

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