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Der Fanladen nahe dem Rathaus Babelsberg ist normalerweise Anlaufpunkt für viele junge SVB-Anhänger. 

© Tobias Gutsche

Sozialarbeit bei sozialer Distanzierung: Das Babelsberger Fanprojekt hält den digitalen Kontakt

Der Fanladen ist mit seinem breiten Programm ein wichtiger Anlaufpunkt für junge Fußballanhänger des SV Babelsberg 03. Doch in der Coronakrise muss umgedacht werden, um ein "gesellschaftlicher Anker" zu bleiben.  

Von Tobias Gutsche

Potsdam - Soziale Distanzierung ist derzeit gefordert. Das stellt in der Coronakrise unter anderem auch Sozialarbeiter vor eine neue Herausforderung. „In unserem Job leben wir eigentlich vom ganz direkten Kontakt zu den Leuten. Den können wir gerade so nicht pflegen“, sagt Patrice Hannig. „Aber jetzt müssen wir einfach die Arbeitsweisen umstellen, uns einen anderen Weg einfallen lassen.“ Und der ist digital.

Fanprojekt-Leiter Patrice Hannig (l.) und -Mitarbeiter Lucas Schillinger bei einem SVB-Auswärtsspiel.
Fanprojekt-Leiter Patrice Hannig (l.) und -Mitarbeiter Lucas Schillinger bei einem SVB-Auswärtsspiel.

© privat

Hannig leitet das Fanprojekt Babelsberg, ein Jugendhilfeangebot, das zum Zweitliga-Aufstieg des SV Babelsberg 03 im Jahr 2001 gegründet worden war. Neben ihm ist auch Lucas Schillinger als Sozialarbeiter hauptamtlich in dem Projekt tätig. Für gewöhnlich ist der Fanladen in der Rudolf-Breitscheid-Straße nahe dem Rathaus Babelsberg der Anlaufpunkt für junge Fußballfans im Alter zwischen 14 und 27 Jahren. „In der Spitze kommen pro Tag 30 bis 40 Personen. Durchschnittlich sind es 20“, ordnet Hannig ein. Es wird gemeinsam Billard, Kicker oder Playstation gespielt, Hausaufgaben werden gemacht, Gespräche miteinander geführt. Filmabende, Vorträge, Workshops und Ausflüge zu politischen Themen gehören ebenfalls fest zum Programm.

Im Fanladen wird ein breites Programm geboten - derzeit ist es ins Internet verlagert.
Im Fanladen wird ein breites Programm geboten - derzeit ist es ins Internet verlagert.

© privat

Bildungsangebot für Social Media aufbereitet

All das ist momentan wegen der Virus-Pandemie vor Ort nicht möglich. „Wir haben stattdessen eine Menge Sachen ins Internet verlagert“, sagt Hannig. Das Fanprojekt sei schon vorher auf sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram aktiv gewesen. „Aber jetzt machen wir online das ganz intensiv und facettenreich.“ Quizrunden finden statt, ein Playstation-Fußballturnier ist ebenso geplant wie Referate und Gesprächsrunden via Livestream. Der traditionelle Kochabend donnerstags wird über eine Videokonferenz beibehalten.

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Auch wurde für Social Media das Bildungsangebot „Vielfalt ist Stärke“ aufbereitet, das normalerweise zum Beispiel in Schulklassen vorgestellt wird. Thema ist Diskriminierung und Antidiskriminierung im Fußball und in der Fankultur. Angedacht ist ebenfalls, mit den Jugendlichen eine eigene Zeitschrift über ihre Erfahrungen in der Zeit von Corona und der damit bedingten Fußballpause zu produzieren. „Die Resonanz auf unsere alternative Arbeit ist groß und positiv “, sagt Hannig. Allein den „Vielfalt“-Workshop hätten schon mehrere Hundert Personen angesehen. „Wir erreichen durch die Online-Offensive natürlich auch Leute von außerhalb, die vorher nur selten oder gar nicht in den Fanladen gekommen sind.“

Jugendliche mit Problemen brauchen weiterhin Ansprechpartner

Doch gerade für diejenigen, die regelmäßig da waren, ist eine Fortführung eines Programms besonders wichtig. „Das ist ein Anker im gesellschaftlichen Leben, der bleiben muss“, sagt Hannig. „Er gibt Stabilität und Struktur in der Ausnahmesituation.“ Auch Kathrin Finke-Jetschmanegg weiß um die Bedeutung von Sozialarbeit in diesen Tagen. Sie ist stellvertretende Standortleiterin der Stiftung SPI in Brandenburg Nord-West. Die SPI ist Trägerin des Fanprojekts Babelsberg und unter anderem in Potsdam ebenso verantwortlich für den Jugendtreff „clubmitte“ auf dem Freiland-Gelände sowie das Kinder- und Jugendhaus „j.w.d.“ im Lindenpark. „Wir sehen, dass das Risiko der sozialen Isolation, psychischer Probleme und häuslicher Gewalt in den kommenden Wochen zu einem verstärkten Problem für manche Kinder und Jugendliche wird“, sagt sie mit Blick auf die Auswirkungen der Coronakrise. „In diesen Fällen ist es wichtig, dass die jungen Menschen Kontaktpersonen haben, die ihnen im besten Fall vertraut sind und an die sie sich im Notfall wenden können.“ Daher habe die SPI, ihre Sozialarbeit unter anderem im Onlinebereich intensiviert.

Beim Fanprojekt tauschen sich beispielsweise Hannig und sein Kollege Schillinger mit den Jugendlichen in den sozialen Netzwerken über Nachrichten aus oder sie chatten miteinander. Auch telefonisch stehen sie zur Verfügung. „Wenn es Sorgen und Probleme gibt, müssen wir weiterhin da sein“, betont Hannig. „Auch ohne, dass wir den Leuten direkt gegenüberstehen.“

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