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Der SC Potsdam lädt zum fiktiven Heimspiel.

© Verein

Sorgen im Potsdam Sport: Stadt legt Notfallfonds für die Vereine auf

Die Vereine fürchten in der Coronavirus-Krise um ihre Existenz. Zusammen mit Kulturträgern soll der Sport nun zunächst 200.000 Euro als erste kommunale Unterstützung erhalten. Frauenvolleyball-Bundesligist SC Potsdam hat zudem eine eigene besondere Aktion gestartet.

Von Tobias Gutsche

Potsdam - Die Stadt Potsdam plant eine finanzielle Notfallhilfe für ihre Sportvereine in der Coronavirus-Krise. Das sagte die Sportbeigeordnete Noosha Aubel (parteilos) am Dienstag nach einem Krisengespräch mit Vereinsvertretern. Aubel kündigte an, dass zunächst ein erster Notfallfonds mit 200.000 Euro für Sportclubs und Kulturträger aufgelegt werden soll. Im Weiteren sollen die Bedarfe konkretisiert werden. Aubel appellierte zudem an die Bürger: „Stehen Sie zu Ihrem Verein. Stellen Sie nicht die Frage nach einer reinen Leistungsbeziehung, sondern zahlen Sie weiterhin Ihre Mitgliedsbeiträge.“ So könne auch nach der Krise ein Angebot fortgesetzt werden. „Weil all das, was jetzt möglicherweise stirbt, wird schwer sein, wiederzubeleben.“

Die Vereinsvertreter hätten in der Runde ähnliche Sorgen geäußert, so Aubel. Ausbleibende Einnahmen bei Ticketverkäufen, dem Sponsoring und den Mitgliedsbeiträgen werden als große Bedrohung angesehen. „Jedem muss bewusst sein, dass in der aktuellen Lage auch Existenzen von Mannschaften und Vereinen gefährdet sind“, sagte Toni Rieger, Sportdirektor des SC Potsdam. Der SCP ist mit rund 5500 Mitgliedern der größte Sportverein Brandenburgs.

SCP: Fiktives Heimspiel im Kampf gegen wirtschaftliche Verluste

Die Fußballvereine SV Babelsberg 03 und Turbine Potsdam sowie der Handballclub VfL Potsdam hängen noch in der Schwebe, ob und wie die aktuelle Saison weitergeht. Der Bundesligasaisonstart der Royals-Footballer wurde auf das Pfingstwochenende verschoben. Für die SCP-Volleyballerinnen nahm derweil ihre bisher erfolgreichste Spielzeit der Vereinsgeschichte schon vergangene Woche ein vorzeitiges Ende. Noch vor dem letzten Hauptrundenspieltag wurde die Bundesligasaison abgebrochen, sodass der SCP schon konkret Auswirkungen aufzeigen kann. Einbußen in Höhe von 40.000 Euro beziffert Rieger. Hauptsächlich durch fehlende Ticketeinnahmen in den Playoffs – hinzu kämen Erfolgsprämien, die mit Partnern vereinbart gewesen seien und nun nicht greifen. Es sei zudem davon auszugehen, dass sich Sponsoringleistungen auch mindestens für die nächste Saison reduzieren, weil Partner selbst durch die Coronakrise in wirtschaftliche Probleme geraten sind. „Das ist ja ein Teufelskreis“, sagte Rieger.

Noosha Aubel appellierte für eine Weiterzahlung der Mitgliedsbeiträge auch während des ruhenden Betriebs. 
Noosha Aubel appellierte für eine Weiterzahlung der Mitgliedsbeiträge auch während des ruhenden Betriebs. 

© Ottmar Winter

Um den Schaden zu reduzieren, hat der SCP am Dienstagabend auch eine eigene Aktion gestartet: ein fiktives Heimspiel, mit dem Geld eingenommen werden soll. Online ist der Kauf von Karten für je zehn Euro möglich. Mit Unterstützung der Fans könnte der Club damit "einen kleinen, aber wichtigen Schritt in unserer Zukunft machen und so den wirtschaftlichen Herausforderungen etwas entgegen wirken", schrieb der SCP auf seiner Internetseite. Fußball-Regionalligist Energie Cottbus hatte nach dem Drittliga-Abstieg 2019 auch ein fiktives Heimspiel "veranstaltet", dafür mehr als 10.000 Tickets verkauft und so die Vereinskassen durch Fanhilfe gefüllt. 

Rieger nimmt die Fußball-Bundesliga in die Pflicht

Zudem betonte Rieger, dass die negativen Folgen der Frauenvolleyball-Bundesligamannschaft nur die Spitze des Eisberges beim SCP seien. „Als Gesamtverein erwarten wir eine Verlustsumme, die weit höher als das liegt“, sagt Rieger. „Je länger der Betrieb ruht, desto schwieriger wird es.“ Betroffen seien sämtliche Bereiche – vom Leistungs- bis zum Breitensport sowie Reha-Kursangebote. „Wir hoffen generell wie so viele gerade auf Unterstützung durch Stadt, Land und Bund“, sagte Rieger. „Wir sind auch ein Wirtschaftsunternehmen, verantwortlich für rund 30 Mitarbeiter zuzüglich der ehrenamtlichen Übungsleiter, die auch ihre Pauschalen verdienen.“

Der SCP-Sportdirektor griff auch ein Thema auf, dass schon für viele Diskussionen gesorgt hat. Auch er würde sich wünschen, dass die Fußball-Bundesliga sich für andere Sportarten und Ligen in der aktuellen Krisensituation einsetzt. „Der Männerfußball ist ein Milliardengeschäft, da stehen zig Millionäre auf und neben dem Platz. Natürlich ist es auch für diese Vereine derzeit nicht leicht“, sagte er. „Aber ich denke, es sollte möglich, dass dort die Schatulle aufgemacht wird, auf Gelder verzichtet wird, um andere zu retten.“ Dies wäre ein Zeichen der Solidarität. „Die Sportfamilie Deutschland ist gefordert – da darf sich der große Fußball nicht herausnehmen, sondern muss vorangehen.“

+++ Neue Sport-Mitgliederrekorde in Brandenburg und Potsdam +++

Der Landessportbund Brandenburg (LSB) hat auch im 29. Jahr nacheinander einen neuen Mitgliederrekord aufgestellt. Wie der LSB mitteilte, waren 355.190 Aktive zum Stichtag 1. Januar 2020 in den Vereinen angemeldet. Das ist ein Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr um 4160 Personen. 14,14 Brandenburger sind demnach in einem Sportverein aktiv.

Den stärksten Anstieg bei den Stadt- und Kreissportbünden (SSB/KSB) verzeichnete Potsdam (+975), das mit 33.677 Mitgliedern auch den größten SSB/KSB in der Mark stellt. Der SC Potsdam ist Brandenburgs mitgliederstärkste Sportverein in Brandenburg. Der SCP hat 5548 Mitglieder, was rund 500  mehr als vergangenes Jahr sind.

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