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Gemeinsames Training in der Halle ist derzeit nicht möglich.

© Ottmar Winter

Sorge um Talente: Coronakrise sorgt für Nachwuchsprobleme

Ohne Trainingsmöglichkeiten kommen Kinder und Jugendliche nicht ins Schwitzen. Den Ausfall und die Folgen wiedergutzumachen, wird schwierig.

Potsdam - Sie machen sich Sorgen. Der frühere Bundesliga-Trainer Ralf Rangnick fürchtet, dass infolge der Coronakrise viele Kinder dem Sport verloren gehen. Auch Hindernisläuferin Gesa Felicitas Krause, Europameisterin und Weltmeisterschafts-Dritte, vermutet Folgen für viele junge Talente, die man vielleicht erst in einigen Jahren sehen werde. Selbst für einen der obersten deutschen Sportfunktionäre, Alfons Hörmann als Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), stellt sich die Frage, wie viel dem Sport durch den monatelangen Lockdown verloren geht. Er sorgt sich um die, "die aussteigen und nicht zurückkehren."

Mitgliederschwund bei Vereinen

Die reinen Zahle, die durch die Mitgliedererhebungen zu Jahresbeginn vom Landessportbund erhoben werden, belegen die Befürchtungen. Landesweit sind im vergangenen Jahr in märkischen Sportvereinen Mitglieder ausgetreten. Der Stadtportbund Potsdam vermeldete 1475 Mitglieder weniger. Alarmierend ist vor allem die Vereinsflucht von Jugendlichen, das nicht vorhandene Trainings- und Sportangebot für Kinder und Jugendliche wegen geschlossener Sportstätten und verhinderten Sportunterrichts. Einer Studie des Universitätsklinikums Münster zufolge, die in diesem Frühjahr veröffentlicht wurde, hat sich die Gruppe derjenigen Kinder, die sich während des Lockdowns fast gar nicht mehr bewegt haben, auf circa 25 Prozent verfünffacht.

Die verlorenen Kinder und Jugendliche wieder in die Vereine zurückzuholen, hält Christoph Schneegass für eine schwierige Aufgabe nach der Pandemie. In den vergangenen Wochen und Monaten hat der Leichtathletiktrainer des SC Potsdam und Sportlehrer eine zunehmende Unlust von Kindern und Jugendlichen am Sport beobachtet. Er selbst versucht, mit Trainingsvideos seine Schützlinge bei der Stange zu halten. „Das Schwierigste ist, mit den Kindern Kontakt zu halten“, sagt er. Er teile weniger die Sorge, dass Talente auf der Strecke bleiben. „Der begnadete Sportler wird es schaffen“, so seine Überzeugung. Doch es werden viele verloren gehen, die wegen des jetzigen Bewegungsmangels und vielleicht auch wegen Gewichtszunahme keine Freude und Lust mehr am Sport empfinden.

Entscheidende Wettkampfmonate gehen verloren 

Auch Tobias Billert, einst Turner an der Potsdamer Medaillenschmiede im Luftschiffhafen und heute Physiotherapeut der deutschen Turn-Elite, ist überzeugt, dass es auch in Zukunft sportgeisterte Kinder und Jugendliche geben wird. Doch für die Turner-Generation, die jetzt eigentlich den Sprung in den Seniorenbereich und aufs internationale Parkett schaffen sollte, werde es schwer. „Die 17- und 18-jährige Turner verpassen mit den verlorenen gegangenen Monaten entscheidende Wettkampferfahrungen, um sich Härte, Stabilität und Selbstvertrauen zu holen“, meint Billert. Es werde viel an Training und Wiederholungen brauchen, um das aufzuholen. 

Mit Sorge schaut Billert auch auf die Jüngsten – nicht nur in seiner Zunft. „Kindertraining ist die spielerische Schulung von Koordination und Motorik, von räumlichem Verständnis und natürlich auch von Teamgeist“, sagt er. Talentierte Kinder und Jugendliche werden Ausbildungsdefizite schneller ausgleichen als andere. „Aber“, sagt Billert, „allein Talent reicht nicht aus, um erfolgreich zu sein.“ Um mögliche Folgen, wie sie Hindernisläuferin Gesa Krause befürchtet, zu reduzieren, müsse man Billert zufolge bei Talenten noch mehr Willen, Trainingsfleiß und Disziplin fordern und fördern.

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