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Aus einem drohenden Debakel wurde beinahe noch ein Coup. Als sie bereits scheinbar aussichtslos zurücklag, fing die Potsdamer Mannschaft um Manuela Roani (l.) an, sich gegen den Champion aus Sachsen zu wehren. Am Ende reichte es zwar nicht zum Sieg, aber immerhin zu einem Punktgewinn.

© Gerhard Pohl

SC Potsdam: Strahlende Verliererinnen

Die Volleyball-Frauen des SC Potsdam müssen sich dem deutschen Meister aus Dresden zwar mit 2:3 geschlagen geben, die Leistungssteigerung nach 0:2-Satzrückstand sorgt dennoch für ein gutes Gefühl.

Von Tobias Gutsche

Als man den Volleyballerinnen des SC Potsdam und Dresdner SC am Samstagabend wenige Minuten nach Spielschluss ins Gesicht schaute, drängte sich eine Frage auf: Wer hat denn gerade eigentlich gewonnen und wer verloren? Während die Potsdamerinnen fröhlich lächelnd auf dem Feld saßen, schlurfte das sächsische Team mit sparsamen Mienen aus dem Innenraum der MBS-Arena.

Dieses Bild und das Endergebnis passten einfach nicht zusammen, denn Dresden hatte sich schließlich mit 3:2 durchgesetzt. Und doch herrschte im Potsdamer Lager deutlich bessere Stimmung. Warum? Weil der SCP nach vielen enttäuschenden Auftritten im bisherigen Saisonverlauf nun überraschend wenigstens einen Punkt gegen den amtierenden deutschen Meister holte und innerhalb der Partie eine Leistungssteigerung ablieferte, aus der die Mannschaft Mut für die kommenden Aufgaben schöpfen kann.

Schwache Potsdamer Vorstellung in den ersten beiden Sätzen

Statt wie schon mehrfach dieses Jahr einen eigenen Vorsprung abzugeben, kämpften sich die Havelstädterinnen diesmal nämlich ihrerseits nach einem 0:2-Rückstand (14:25, 14:25) in Satz drei sowie vier zurück (25:21, 25:22). Im Tie-Break (13:15) verpassten sie die Sensation aber knapp. Es war zwar die sechste SCP-Niederlage im neunten Bundesliga-Spiel, „aber aus der nehmen wir viel Positives mit, denn wir haben große Moral bewiesen und gegen ein Top-Team mitgehalten“, sagte die gut gelaunte Diagonalangreiferin Saskia Hippe. Mittelblockerin Lisa Gründing, eine weitere strahlende Verliererin, bekräftigte: „Trotzdem wir verloren haben, fühlt sich das gut an.“

Bei aller Euphorie, die nach der Partie hängen blieb, werden sich das Team und die Trainer in der Analyse aber auch sehr kritisch mit der Darbietung in den ersten beiden Durchgängen auseinandersetzen müssen. Dort präsentierten sich die Gastgeberinnen äußerst schwach. Sie begingen zahlreiche Annahmefehler, agierten sowohl in der Block- als auch Feldabwehr nachlässig und fanden bei ihren Angriffen kaum Mittel, um der besser geordneten und viel beweglicheren DSC-Defensive Probleme zu bereiten. „Wir hatten zu viel Respekt und wirkten blockiert“, meinte Potsdams Chefcoach Alberto Salomoni. Sein Dresdner Kollege Alexander Waibl fand, dass es „uns sehr leicht gemacht wurde“.

Spiel erlebt eine wundersame Wandlung

Allerdings trat danach eine wundersame Wandlung ein. Auf beiden Seiten. Die zuvor so souveränen Gäste seien selbst „in den Fehler-Modus verfallen“, meinte Waibl. „Davon“, erklärte Salomoni, „haben wir profitiert und sind immer stärker geworden.“ Von Ballwechsel zu Ballwechsel schrumpften die Leistungsunterschiede, bis sich beide Kontrahenten schließlich auf einem Niveau anglichen. Dass ihre Mannschaft so gut die Kurve bekam, begründete Saskia Hippe mit einer veränderten mentalen Haltung: „Nach dem 0:2 haben wir uns gesagt: Scheiß drauf, wir haben nichts mehr zu verlieren. Dadurch konnten wir befreit aufspielen.“

Stellvertretend für die gesamte Salomoni-Truppe war dies bei der erfolgreichsten SCP-Punktesammlerin (17 Zähler) sehr gut zu beobachten. Zu Beginn der Partie wirkte Hippe noch spannungslos und gehemmt, dann auf einmal angriffslustig und entschlossen. Diese entfachte Leidenschaft übertrug sich wie bei einem Feuerfunken auch auf die Ränge. Potsdams Fans unter den 895 Zuschauern wuchsen gemeinsam mit ihrem Team und erzeugten eine prickelnde Heimspiel-Atmosphäre. Die Anhänger verstummten auch nicht, nachdem der Dresdner SC in der 117. Minute den Matchball verwandelt hatte, stattdessen spendeten sie bei stehenden Ovationen weiter anerkennenden Applaus.

SCP braucht als Tabellenachter nun Siege

So paradox es klingen mag: Diese Niederlage war der Höhepunkt an positiven Emotionen in der bisherigen SCP-Saison. Um sich für die angestrebten Play-offs zu qualifizieren und auch aussichtsreich dafür zu positionieren, braucht der derzeitige Tabellenachte allerdings künftig noch weitaus mehr glücklich stimmende Erlebnisse. Und zwar solche, bei denen die Potsdamerinnen aufgrund von Siegen strahlen, denn nur die bringen einen im Klassement richtig voran.

SCP: Arrechea, Rühl, Katic (1), Schaus (3), Sydlik (1), Hölzig (1), Gründing (8), Silge (9), Montano, Hippe (17), Roani (9), Mapeli Burchardt (11)

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