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Ein Ring in der Arena. Die Multifunktionshalle am Potsdamer Luftschiffhafen hat sich als Veranstaltungsstätte für Profiboxabende etabliert.

© imago/Jan Huebner

Profibox-Gala in Potsdam: Kampf um Titel und gegen Defizit

Kurzfristig bestreitet die Brandenburgerin Ramona Kühne das Highlight der Profibox-Gala in Potsdams MBS-Arena und sorgt damit für ein Novum. Die städtische Luftschiffhafen GmbH freut sich derweil als Hallenbetreiberin über das Event, denn es ist lukrativ.

Von Tobias Gutsche

Profiboxen war mal eine ganz große Nummer. Herausragende Athleten boten spektakuläre Kämpfe, von denen auch Jahrzehnte später noch gesprochen wird. Doch seit längerem mehren sich die kritischen Stimmen über das Geschehen im Boxring. Viele meinen, es sei reiner Kommerzklamauk geworden, das Niveau sei am Ringboden wie einst die Gegner von Muhammad Ali nach einer seiner krachenden Geraden. Ein Grund für das Hadern mit dem berufsmäßigen Faustkampf ist die schwer durchschaubare Masse an vergebenen internationalen Titeln. Von ihnen gibt es gefühlt mehr als Schläge in zwölf Runden ausgeteilt werden.

Um einen geht es am Samstag in der Potsdamer MBS-Arena. Dort steige nun „doch noch ein Titelkampf“, wie das ausrichtende Sauerland-Team am Montag stolz verkündete. Eigentlich sollte der Supermittelgewichtler Tyron Zeuge seinen Platz auf dem Weltmeisterschaftsthron des Verbandes WBA – einem der weltweit vier großen, die WM-Gürtel in Umlauf bringen – verteidigen. Allerdings knockte ein Virusinfekt den Berliner vorzeitig aus, sodass sein als Höhepunkt des Abends geplanter Fight gestrichen werden musste.

Erstmals weiblicher Hauptkampf bei Sauerland-Event

Daraufhin grübelten sie bei Sauerland, wie der Veranstaltung alternativ Glanz und Zugkraft verliehen werden kann. Die Lösung ist ein Novum. Erstmalig in seiner langen und ruhmreichen Historie setzt der Boxstall bei einer eigenen Gala auf weibliche Hauptkämpferinnen. Dafür wurde vom Konkurrenz-Team SES eine Athletin angeworben, „die zu den besten Boxerinnen der Welt“ gehöre und „ein Vorbild für viele Kampfsportler“ sei, sagt Sauerland-Geschäftsführer Frederick Ness. Und obendrein ist sie in Brandenburg Lokalmatadorin: Ramona Kühne.

Die Rangsdorferin hat bereits in fünf verschiedenen Verbänden WM-Titel geholt. Am Samstag soll diese Reihe erweitert werden, denn sie kann sich die Silver-Meisterschaft im Leichtgewicht nach Version des WBC holen. Auch wenn das nur ein untergeordneter, eben silberner WM-Titel ist (siehe Textanfang: internationale Meriten in Hülle und Fülle), lässt die Lust darauf, ihn zu besitzen, die Hände von Ramona Kühne kribbeln. „Dieser Gürtel“, erklärt die 37-Jährige, „fehlt noch in meiner Sammlung.“ Gegen wen sie den Hüftschmuck erobern kann, wurde bislang noch nicht öffentlich kommuniziert. Kurzfristigkeit prägt diesen Kampf. Trotzdem, so teilte Kühne mit, freue sie sich riesig auf ihr „Heimspiel“. Es ist ein erneutes: Von ihren bislang 27 Profikämpfen bestritt die märkische Sportlerin schon vier in Brandenburgs Landeshauptstadt. Zweimal schwang sie die Fäuste in der MBS-Arena.

Städtische Arena-Zuschüsse in Millionenhöhe 

Jene Stätte am Westrand Potsdams hat sich mittlerweile fest als Schauplatz für Profibox-Galas etabliert. In absoluter Regelmäßigkeit – zuletzt im März dieses Jahres – lassen Promoter dort ihre Schützlinge aufeinander los. „Wir haben uns ein gutes Standing im mittleren Zuschauersegment erarbeitet“, sagt Andreas Klemund, Geschäftsführer der zuständigen kommunalen Luftschiffhafen GmbH. „Wenn Boxveranstalter eine Halle mit rund 3000 Besucherplätzen suchen, kommen sie gerne auf uns zu, weil unsere Arena wunderschön ist, eine attraktive Infrastruktur und alle technischen Möglichkeiten bietet.“ Allerdings ist sie auch enorm defizitär.

Für 18,5 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket errichtet und Anfang 2012 eröffnet, entwickelte sich die MBS-Arena anschließend zu einem großen Zuschussobjekt. Allein in den vergangenen vier Jahren musste die Stadt 6,44 Millionen Euro für den Betrieb beisteuern, dieses Jahr wird von weiteren 1,67 Millionen Euro ausgegangen. Ausschlaggebend dafür sind unter anderem die Gebühren gemäß der kommunalen Sportstätten-Nutzungsverordnung, die aber im Falle der großen und modernen Arena die entstehenden Kosten nicht decken. Demnach müssen Volleyball-Bundesligist SC Potsdam und Handball-Drittligist VfL, die beide dort ihre Heimspiele austragen, zehn Prozent der Einnahmen abgeben – mietet jemand anderes die Halle, ist ein Stundensatz von 148 Euro für Sportveranstaltungen beziehungsweise von 296 Euro für nicht-sportliche Veranstaltungen zu leisten.

Profibox-Gala bringt ein Plus für Hallenbetreiber ein 

Aber es gibt auch andere Modelle. Wie für die Profibox-Gala am Samstag. „Ein solches Event hat einen klaren kommerziellen Hintergrund. Entsprechend muss auch mehr bezahlt werden“, erklärt Andreas Klemund von der Luftschiffhafen GmbH, einer Tochter der städtischen Immobilienholding Pro Potsdam. „Es müssen die anfallenden Kosten voll gedeckt werden und somit sind keine Subventionen erforderlich.“ Zudem trete der Veranstalter Teile seiner Einnahmen an die Luftschiffhafen GmbH ab. Unter dem Strich komme für den Hallenbetreiber ein Plus heraus, so Klemund. Konkret möchte er diesbezüglich nicht werden, nur so viel: „Es ist kein unwesentlicher Betrag.“

Im Wissen um die Unwirtschaftlichkeit der MBS-Arena bedeutet das theoretisch: Mehr Events von derartigem Charakter müssen stattfinden. „Wir geben uns große Mühe in der Akquise“, stellt der Luftschiffhafen-Chef klar. „Aber uns sind halt Grenzen gesetzt.“

Tickets sind noch in allen Preiskategorien erhältlich

Schließlich ist die Halle primär für den Unterricht der benachbarten Sportschule sowie das Training der Leistungsstützpunkte und Vereine vorgesehen. „Damit ist Montag bis Freitag gewöhnlich geblockt“, so Klemund. Obendrein entfallen von den lukrativen Wochenendterminen etliche auf die Partien des SCP und VfL – „und schon bleiben gar nicht mehr viele Optionen übrig“. Auch Musik- und Comedyshows, für die es mitunter Anfragen gibt, fallen meist durch das Raster. Zwar erlebte die MBS-Arena allein im November durch die Band Six und das Bläserklassentreffen zwei musikalische Momente, „aber das wird hier kein Konzerthaus“, betont Klemund und verweist darauf, dass beispielsweise die Metropolishalle diesbezüglich ein besser passender Ansprechpartner sei. „Wir sind in erster Linie eine Sportstätte.“

Und diese wird nun am Samstag zum wiederholten Male mit üppiger Licht- sowie Soundtechnik ausgestattet, um den dramatischen Rahmen für einen Profiboxabend zu liefern. Acht Kämpfe stehen auf dem Programm, Eintrittskarten sind noch in allen Preiskategorien zwischen 16 und 82 Euro erhältlich. Nur sollte man sich nicht von der Ankündigung im Internet-Tickethandel täuschen lassen. Dort wird noch mit dem WM-Kampf von Tyron Zeuge geworben. Stattdessen ist nun der silberne Titelauftritt von Brandenburgs schlagkräftigster Lady Ramona Kühne das abschließende Highlight.

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