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Die Lichter sollen nicht ausgehen. Das Ziel ist, den SV Babelsberg 03 bis zum Sommer schuldenfrei zu machen.

© Jan Kuppert

Potsdams Rettungspaket für SV Babelsberg 03: Die Gunst der letzten Stunde

Beim Versuch, den Fußball-Regionalligisten SV Babelsberg 03 schuldenfrei zu machen, könnte die Stadt die entscheidend hilfreiche Rolle spielen. In der Rathaus-Führung wird es als Chance gesehen. Es gibt aber auch Zweifel. Viel Zeit bleibt jedenfalls nicht mehr.

Potsdam - Es war eine Nacht der Fußball-Wunder. In Barcelona. In Dortmund. Auch in Babelsberg hatten sie gehofft. Nicht darauf, dass Bilal Cubukcu in der 94. Minute noch ein Tor schießt. Zum 2:2. Gegen Budissa Bautzen. Das eigentliche Ringen fand jenseits der Fußballwiese statt. Im Potsdamer Stadthaus, wo am Mittwochabend der Hauptausschuss tagte, nach der Stadtverordnetenversammlung das zweitwichtigste Gremium, in dem die städtischen Volksvertreter Entscheidungen treffen. Und an diesem Mittwoch sollten sie entscheiden, ob Oberbürgermeister Jann Jakobs und vor allem Stadtkämmerer Burkhard Exner weiter so verhandeln sollen, wie sie es in den vergangenen Monaten getan haben, um den Fußball-Regionalligisten SV Babelsberg 03 – endlich – schuldenfrei zu bekommen und um für klare Verhältnisse für das Karl-Liebknecht-Stadion zu sorgen.

SV Babelsbelsberg 03 hat Schulden abgebaut

Seit vergangenem Jahr moderiert und begleitet der Stadtkämmerer zähe Verhandlungen zwischen dem SVB und der Deutschen Kreditbank (DKB). Noch immer ächzt der Verein unter der Altlast millionenschwerer Kredite aus der Vergangenheit. Zwar ist es nicht so, dass der amtierende Vereinsvorstand am Babelsberger Park in den vergangenen vier Jahren untätig war und gewartet hat, bis der letzte Cent ausgeht. Ganz im Gegenteil. Er hat Schulden abgebaut. Den größten Schuldenberg, den er vor vier Jahren übernommen hat, war ein 3,6 Millionen Euro schwerer Bankkredit. Mit der Deutschen Kreditbank (DKB), bei der Nulldrei sich 2003 und 2011 das Geld geliehen hat, hat die SVB-Führung im Frühjahr 2014 ein Schuldenschnitt verhandelt. 1,8 Millionen Euro blieben an Verbindlichkeiten. Die damalige Zuversicht beim Kiezklub, die verbleibende Schuld über die kommenden 15 Jahre tilgen zu können, erfüllte sich allerdings nicht. In ruhiges Fahrwasser kam der Verein nicht, er segelt vielmehr scharf an der Zahlungsunfähigkeit. Die Bank pocht auf regelmäßige und pünktliche Tilgungszahlungen – im Februar war eine sechsstellige Summe fällig. Der Verein indes bittet um Zahlungsaufschub. Und als Dritte am Verhandlungstisch sitzt die Stadt.

Doch hat sie weitaus mehr als nur die Rolle des Moderators, sondern auch das Interesse an geregelten Verhältnissen und einer eigenen stärkeren Position. In der Tat hätte es Folgen für die Stadt, wenn die DKB ihre Forderungen vollstreckt und der SVB Insolvenz anmeldet. Denn als sich der Verein im Jahr 2003 eine Million Euro von der DKB lieh, wurde der Kredit mit einer vollstreckbaren Grundschuld im Grundbuch für das Karl-Liebknecht-Stadion abgesichert. Der SVB betreibt das Stadion im Rahmen eines Erbbaurechtsvertrages, Eigentümerin ist die Stadt Potsdam. Im Falle einer Vollstreckung könnte die DKB das Erbbaurecht meistbietend verkaufen. Dieses Risiko will die Rathausführung nicht eingehen, vielmehr will sie das Stadion als Spielstätte für den SVB und den 1. FFC Turbine gesichert wissen.

Um dies zu gewährleisten und dabei als Stadt künftig mehr Einfluss nehmen zu können, sieht Kämmerer Exner in der festgefahrenen Situation auch eine Chance, das belastete und belastende Verhältnis aufzulösen. Die DKB ist bereit, das Kapitel bei einer Ablöse von einer Millionen Euro zu beenden – würde demnach nochmals auf 800 000 Euro verzichten. Bedingung: Die Summe wird in einem ganzen Betrag bezahlt.

Pro Potsdam könnte als Geldgeber einspringen

Tatsächlich ist es dem SVB in den vergangenen Wochen gelungen, einen Geldgeber zu finden, der den Verein aus dem Kreditvertrag auslösen würde. Im Gegenzug würde er das Erbbaurecht übernehmen – und wirtschaftlich verwerten, indem er auf dem Grundstück ein Blockheizwerk baut und Wärme verkauft. Doch ist das der Stadtführung zu heikel und keine wirkliche Verbesserung transparenter Verhältnisse. Daher schlägt sie vor, dass die Pro Potsdam GmbH das Stadiongrundstück als Sacheinlage übernimmt und die eine Million Euro bei der DKB ablöst, wofür sie selbst einen Kredit aufnehmen müsste. An der Tilgung – die Rede ist von jährlich 50.000 Euro – soll sich der SVB beteiligen.

Somit hätte die Stadt die Grundschuld in eigener Hand oder könnte sie sogar löschen. Der Erbbaurechtsvertrag mit dem SVB würde bestehen bleiben, die Stadt würde ihn jedoch in einigen Punkten modifizieren, um unter anderem für Turbine Potsdam nachhaltig Regelungen zu haben. Auch Betrieb und Bewirtschaftung würden beim SVB bleiben. Auch vor diesem Hintergrund hat die Stadt kein Interesse an einer Insolvenz des Vereins, denn eine eigene Stadionbewirtschaftung würde die Stadt wesentlich mehr kosten.

Alle Szenarien müssen auf den Tisch - auch Insolvenz

Ein besserer Zugriff aufs Stadion für die Stadt, eine vernünftige Regelung für die Refinanzierung, geordnete Verhältnisse – alles besser als der Status quo? Die Parlamentarier im Hauptausschuss haben am Mittwochabend nicht nein gesagt. Vielmehr haben Oberbürgermeister und Kämmerer das Mandat, mit Verein, Bank und Pro Potsdam weiter zu verhandeln. Und den Auftrag, weiter für Aufklärung und Information zu sorgen. Denn es gibt reichlich Fragen in den Fraktionen des Stadtparlamentes. So fordert der SPD-Fraktionschef Pete Heuer, dass „alle Szenarien und Zahlen auf den Tisch müssen. Auch was eine Insolvenz bedeuten würde“. „Eine vertrackte Lage“, sagt Peter Schüler von den Grünen und gesteht „gemischte Gefühle“. Und CDU-Vertreter Clemens Viehrig glaubt nicht, dass die Stadt mit dieser Lösung den SVB dazu anhält, „sein eigenes Handeln unternehmerisch zu reflektieren“. Eine Sorge schließt Kämmerer Exner indes von Beginn an aus: „Kein einziger Cent aus Mieteinnahmen der Pro Potsdam werden für die Entschuldung des SVB verwendet.“

Viel Zeit, die Fragen zu klären und ausreichend Überzeugungsarbeit zu leisten, bleibt nicht. Im Mai soll das Stadtparlament entscheiden, ob die Pro Potsdam das Stadiongelände als Sacheinlage übernehmen soll. Bis Mitte des Jahres hält die DKB still. 

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