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Auf zu neuen Ufern: Um sich optimal weiterentwickeln zu können, ist Jacob Schopf von Berlin nach Potsdam gewechselt.

© Ronald Verch/Verein

Potsdams Kanu-Neuzuang Jacob Schopf: Mittendrin in der Zukunft

Jacob Schopf ist Deutschlands größtes Kanu-Talent - mit 20 Jahren schon Elite-Doppelweltmeister und Olympia-Goldhoffnung im "Generationenboot". Seine sportlichen Träume möchte der Berliner nun in Potsdam verwirklichen.

Von Tobias Gutsche

Trainer beweisen nicht selten philosophische Züge. So zum Beispiel Eckehardt Sahr. Der Berliner Kanucoach sagt gern zu seinen Schützlingen: „Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe.“ Es sei ein Spruch, der ihn persönlich sehr geprägt habe, sagt Jacob Schopf. Und er beherzigt ihn. Beim Ausloten seiner sportlichen Perspektive hat sich der 20-jährige Paddler aus Mahlsdorf seinen Weg gesucht. Einen, von dem er glaubt, dass er perfekt ist, um den größtmöglichen Erfolg einzufahren.

Zu Beginn dieses Jahres hat Schopf den Trainingsstandort und Verein gewechselt. Von Grünau und dem Köpenicker KC hinüber an den Luftschiffhafen zum KC Potsdam im OSC. Der Brandenburger Club, der als erfolgreichster seiner Art weltweit gilt, darf sich über eine große Verstärkung seiner Flotte freuen. Schließlich ist der junge Kajakfahrer Deutschlands größtes Kanu-Talent. In der Eliteklasse hat er bereits zwei Weltmeisterschaftstitel gewonnen. Darunter 2019 den im Zweier über 1000 Meter, einer olympischen Disziplin. „Mein Ziel ist ganz klar die Teilnahme bei Olympia in Tokio“, schaut Schopf selbstbewusst sechseinhalb Monate voraus.

Nun ist er Teil der wohl besten Kajak-Trainingsgruppe der Welt

Für das Gelingen dieser Mission entschloss sich der gebürtige Berliner zum Wechsel nach Potsdam. In Grünau trainierte er zuletzt zwar in einer motivierten Truppe, doch waren seine Partner nur Junioren. Ihr Niveau reicht nicht mehr aus, um bei Schopf die nötigen Reize zu setzen. Zudem geht sein bisheriger Coach Sahr dieses Jahr in Rente. Und weil die Nachfolge noch nicht geregelt war, „kam dann schon ein bisschen Zukunftsangst bei mir auf“, sagt Schopf.

Im Jahr 2019 startete Jacob Schopf auch beim Potsdamer Kanalsprint.
Im Jahr 2019 startete Jacob Schopf auch beim Potsdamer Kanalsprint.

© Ronald Verch

Deshalb habe er sich nach Alternativen umgesehen. Für die beste musste sein Blick nicht weit schweifen. Nur rund 40 Kilometer westlich, wo er in Potsdam die wohl stärkste Kajak-Trainingsgruppe der Welt vorfindet. Mit Leuten wie Ronald Rauhe, Max Lemke, Felix Frank und Tamas Gecsö – alles Weltmeister. Am hiesigen Leistungszentrum werden diese und nun auch Schopf von Arndt Hanisch betreut, dem leitenden Bundestrainer. Mit ihm arbeitet der Youngster bereits seit einiger Zeit bei den Nationalmannschaftslehrgängen zusammen.

Mit dem 17 Jahre älteren Max Hoff zusammen im Kajak-Zweier

Unter anderem Hanisch war es, der ihm vor einem Jahr half, einen großen Entwicklungssprung zu machen. Bei Fahranalysen stellten die Bundestrainer fest, dass Schopfs Kraft und Ausdauer sehr gut sind, doch die technische Ausführung verbesserungswürdig war. Sein Paddelverhalten sei „recht ruppig interpretiert“ gewesen, sagt der Sportsoldat, der seit Herbst 2018 Sport und Geographie auf Lehramt an der Berliner Humboldt-Universität studiert. Daraufhin wurde am gesamten Bewegungsablauf gefeilt. Handführung, Einsatz des Paddels, Schlaglänge, Oberkörperrotation. Die Wirkung war beachtlich. Bei den nationalen Sichtungen überzeugte Schopf, ließ etablierte Fahrer hinter sich und wirbelte bisherige Hierarchien durcheinander. Oder wie er es umschreibt: „Ich habe den Brei mal relativ gut umgerührt.“

Nahtlos schaffte Jacob Schopf den eigentlich schwierigen Übergang von der Junioren- zur Eliteklasse. 
Nahtlos schaffte Jacob Schopf den eigentlich schwierigen Übergang von der Junioren- zur Eliteklasse. 

© Ute Freise

So sicherte sich Schopf einen Platz im deutschen Kajak-Zweier auf der 1000-Meter-Distanz. Sein Partner: Max Hoff aus Essen, 17 Jahre älter. Zusammen sorgten sie für Furore, holten erst Gold bei den Europaspielen und dann auch bei der WM. Hoff sei ein Mentor für ihn, er könne von seiner großen Erfahrung lernen, sagt Schopf, der wiederum „jugendliche Unbekümmertheit“ in das Duo einfließen lässt. Als „Generationenboot“ wird das Gespann bezeichnet. Schopf selbst nutzt in sozialen Medien gerne frei nach dem Lied von Cat Stevens das Schlagwort „father and son“. Für Olympia in Tokio hoffen beide auf einen gemeinsamen Coup.

Jacob Schopf steckt also schon mittendrin in der Zukunft. Ihm wurde vor wenigen Jahren attestiert, diese im Kanu-Rennsport maßgeblich prägen zu können. Nun ist er bereits schnell in der Weltspitze angekommen.

Die richtige Mischung aus Spaß, Fokussierung und Biss

Das Potenzial für Großes sei bei ihm frühzeitig zu erkennen gewesen, sagt Phillip Krack. Er trainierte den Berliner in den Anfängen von Schopfs Kanukarriere. Im Alter von neun Jahren kam Schopf durch einen Schulfreund zum Paddeln, nachdem Fußball und ein sportlicher „Selbstfindungskurs mit Karate und sonst da was“ ihm keine Erfüllung gebracht hatten. „Jacob macht Sport sehr spaßbetont. Das braucht er, um sich wohl zu fühlen“, erzählt Krack. Das Besondere sei jedoch, „dass wenn es ums Eingemachte geht, er immer sehr fokussiert, mit Biss dabei ist“.

2015 schaffte es Schopf noch als Jugendfahrer bereits zu seiner ersten Junioren-WM. In den beiden Jahren darauf gewann er dann jeweils Gold im Kajak-Einer. „Wenn jemand bei den Junioren Weltmeister im Einer wird, zeichnet sich etwas Vielversprechendes ab“, sagt Thomas Konietzko, Präsident des Deutschen Kanu-Verbandes. „Aber wenn einer wie Jacob gleich in zwei Jahren hintereinander siegt, ist das etwas Außergewöhnliches.“ Dem Ausnahmekönner gelang anschließend auch sofort der Sprung in die Erwachsenenklasse, wo er 2018 zum WM-Gold-Vierer auf der nicht mehr olympischen 1000-Meter-Distanz gehörte. Vorige Saison folgte der beachtliche K2-Triumph.

Während sein nun vollzogener Wechsel nach Brandenburg beim Berliner Kanuverband naturgemäß nicht für Jubelstürme sorgte, herrscht laut Krack beim Verein aus Köpenick vollstes Verständnis für den Schritt. Leicht sei ihm der keineswegs gefallen, betont Schopf, der aber weiterhin eng mit seiner Heimat verbunden bleibt. Zum Beispiel als Ehrenmitglied in seinem bisherigen Club. Und auch auf seinem neuen Boot, das er demnächst erhält. Die Spitze wird wie beim Vorgängermodell der Berliner Bär zieren. Jedoch nur noch zur Hälfte. Auf die andere Seite kommt jetzt der Brandenburger Adler.

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