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Kraftvoll, ausdauernd, unberechenbar. Der 18-jährige Kilian Ochs hat Anfang 2017 bereits Bronze bei der deutschen Meisterschaft der Erwachsenen gewonnen.

©  Thomas Wetzel

Potsdamer Talente: Judoka Kilian Ochs: Im Dauerangriff

Der Potsdamer Judoka Kilian Ochs beeindruckt mit großer Offensiv-Variabilität auf der Matte. Damit setzt er seine Gegner gehörig unter Druck, überdeckt so aber zugleich auch eine Schwäche, die künftig ausgemerzt werden soll. Schließlich hat Ochs große Pläne.

Von Tobias Gutsche

Einen kurzen Heimatbesuch musste Kilian Ochs vergangene Woche einlegen. Der Judoka des UJKC Potsdam weilte in Dahme (Mark) nahe des Spreewaldes, um eine wichtige Erledigung zu machen. Er holte seinen neuen Reisepass ab. Den benötigte er dringend, denn bereits vorigen Freitag flog der 18-Jährige mit der Junioren-Nationalmannschaft nach Südkorea. Rund 8000 Kilometer von zu Hause entfernt, feilt er nun für knapp zwei Wochen an seinem sportlichen Können. „Ich kämpfe da gegen viele neue Partner. So lerne ich wieder andere Kampfstile kennen, was sehr voranbringt“, sagt Kilian Ochs noch vor dem Abflug gen Asien.

Stichwort Fliegen: Der UJKC-Athlet, der seine Kontrahenten oftmals gehörig durch die Luft wirbelt, gilt als ein Überflieger des deutschen Nachwuchs-Judosports. Nachdem er 2016 nationaler U18-Meister geworden war, das angesehene Bremen Masters gewann und Rang neun der U18-Europameisterschaft belegte, ließ er zu Beginn dieses Jahres auch bereits im Kreise der Erwachsenen aufhorchen. Überraschend sicherte sich Kilian Ochs im Gewichtslimit bis 73 Kilogramm den dritten Platz der deutschen Meisterschaft. Als Anerkennung seiner starken Entwicklung nominierte Bundestrainer Richard Trautmann den Potsdamer für die Teilnahme am Düsseldorfer Grand Prix, also für den hochwertigsten Judowettkampf in der Bundesrepublik. Dort schied er zwar gleich in Runde eins aus, war aber dennoch froh, überhaupt dabei gewesen zu sein. Wie habe schließlich Trautmann zu ihm gesagt: „Da zu starten, ist ein Zuckerle.“

Kilian Ochs studiert Judo regelrecht

Gegen Kilian Ochs anzutreten, ist derweil alles andere als ein Zuckerschlecken. Kraft und Ausdauer zeichnen ihn aus – sowie Unberechenbarkeit. Äußerst vielseitig agiert der Träger des schwarzen Gürtels auf der Matte, kann seine Angriffe in alle Richtungen durchführen. Nach vorne, hinten, rechts und links. Das können nicht viele. „Oft“, erklärt er, „sind die Leute nur stumpf auf eine Technik getrimmt, die sie dann perfekt können, aber sonst nichts. Ich möchte viele verschiedene Würfe drauf haben.“ Sein Trainer Mario Schendel beeindruckt die Variabilität seines Schützlings. „Dadurch hat er immer eine Option“, sagt der Coach. Das führt gleichsam dazu, dass Kilian Ochs vor allem zur Attacke bläst. „Er geht durchweg Vollgas mit einer enorm hohen Angriffsfrequenz.“ Und kaschiere damit seine größte Schwäche, wie Schendel meint: „Bei ihm mangelt es noch am Abwehrverhalten. Er muss lernen, die Situation besser zu erkennen, cleverer zu antizipieren.“ Bislang ist der Dauerangriff seine Form der Verteidigung, was auf höherem Niveau aber kaum noch so möglich sein wird. Dort ist mehr Balance zwischen Offensive und Defensive erforderlich. Schendel und Ochs arbeiten daran, dass das brandenburgische Talent dieses richtige Gespür entwickelt.

Sehr eng und vertrauensvoll ist ihr Miteinander. Schon Wochen vor wichtigen Turnieren hocken die beiden zusammen, analysieren die Konkurrenten, versuchen, deren Schwachstellen zu finden, um sie darüber zu knacken. Kilian Ochs betreibt nicht nur einfach Judo, er studiert es regelrecht. „Wie er sich mit der Materie auseinandersetzt, ist für sein noch geringes Alter ungewöhnlich. Er ist sehr strukturiert und zielstrebig“, meint Sportschul-Lehrertrainer Schendel.

Eine Olympiateilnahme fest im Blick

Entsprechend hat Ochs, der diese Saison in die U21-Altersklasse hochgerückt und dort Dritter der deutschen Meisterschaft geworden ist, auch klare kurz- und langfristige Pläne. 2017 wolle er nicht nur sein Bundesligadebüt für den UJKC geben, sondern sich auch für einen internationalen Saisonhöhepunkt – die U21-Europa- sowie -Weltmeisterschaft stehen im Kalender – qualifizieren. „Am besten sogar für beides“, sagt er – und ergänzt: „Wenn ich erstmal irgendwo dabei bin, visiere ich auch die Medaillenplätze an.“ Das würde so auch für sein Fernziel gelten: Olympia. „Tokio 2020 wird mit der Teilnahme sicherlich schwierig, dafür bin ich dann vielleicht noch etwas zu jung. Aber 2024 soll auf jeden Fall klappen.“

Um derartige Träume realisieren zu können, war Kilian Ochs 2011 auf die Sportschule nach Potsdam gewechselt. Bereits als Fünfjähriger hatte er mit dem Judosport begonnen – dank seiner Mutter Bianca, die einst Fünfte der DDR-Spartakiade in dieser Sportart war. „Ich wurde also quasi ins Judo reingeboren“, erzählt Ochs, der anfänglich auch Fußball, Handball und Tennis spielte. Doch letztlich verschrieb er sich voll und ganz der japanischen Kampfkunstart. „Weil mir das von allen sportlichen Aktivitäten am meisten Spaß macht. Ich mag den Adrenalinkick, wenn es beim direkten Duell heißt: Du oder ich.“ 

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