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Es herrscht gute Chemie im Canadier. Annika Loske (l.) und Ophelia Preller gewannen bei der Junioren-Europameisterschaft 2014 Bronze im Zweier über die 500 Meter.

© Verein

Potsdamer Talente: Ein Duo kniet sich rein

Lange Zeit war das Canadierfahren eine reine Männer-Domäne. Seit dem Jahr 2010 dürfen nun aber auch Frauen in dieser Kanu-Disziplin antreten. Annika Loske und Ophelia Preller vom KC Potsdam machen dies mit großem Erfolg.

Von Tobias Gutsche

Der Einstieg ins Canadierboot: Für Annika Loske war dies ein Neustart im Kanu-Rennsport, für Ophelia Preller eine anfängliche Enttäuschung. „Inzwischen“, sagen die beiden Nachwuchssportlerinnen unisono und tragen dabei ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen, „wissen wir, dass wir den richtigen Schritt gegangen sind.“ Denn was in beiden Fällen als Experiment begann, ist nunmehr zu einer gemeinsamen Erfolgsgeschichte geworden. Die 16-jährigen Sportschülerinnen zählen zu den großen Zukunftshoffnungen des KC Potsdam.

Seit neun Jahren ist Annika Loske bereits als Kanutin aktiv. Als Kajakfahrerin fing sie an. Es blieb ihr allerdings auch nichts anderes übrig, denn damals wurde die Disziplin Canadier noch gar nicht für Mädchen und Frauen angeboten. „Meine Leistungen reichten dann aber nicht mehr aus“, erinnert sich die gebürtige Potsdamerin, die dem Kanu-Rennsport unbedingt treu bleiben wollte. Weil 2010 auch im weiblichen Bereich das Canadierfahren bei offiziellen Wettkämpfen eingeführt wurde, öffnete sich schließlich eine neue Tür für ihre sportliche Zukunft. „Ich habe es einfach ausprobiert – und ja, was soll ich sagen, es hat gut funktioniert.“

Neuer Herausforderung gestellt und Beharrlichkeit gezeigt 

Das tat es auch bei Ophelia Preller. Allerdings bedurfte es dafür einer gewissen Anlaufzeit. Die aus Brieselang stammende Athletin musste sich nämlich erst einmal mit der Tatsache anfreunden, dass sie eine Canadierfahrerin werden sollte. „Ich wollte unbedingt auf die Sportschule, doch beim Rudern und in der Leichtathletik hatte ich die Aufnahme nicht geschafft. Daraufhin wurde ich zu den Kanuten geschickt und dort glücklicherweise angenommen“, erzählt sie. So weit, so gut: Der Wunsch, eine Sportschülerin zu sein, war in Erfüllung gegangen. Wenn da nicht dieses kleine Missverständnis gewesen wäre. Ophelia Preller, die vor vier Jahren an die Eliteschule kam, war felsenfest davon überzeugt, dass sie mit einem Kajakboot und dem Doppelpaddel über das Wasser jagen wird. Doch weit gefehlt: Sie war für den Canadier vorgesehen, jenes Boot, in dem gekniet und nur einseitig mit dem Stechpaddel für Vortrieb gesorgt wird. „Ich wollte aber lieber sitzen, das sah außerdem viel cooler aus“, erklärt sie ihre damaligen Befindlichkeiten. Lange Zeit haderte sie, doch sie biss sich durch.

Annika Loskes Mut, sich einer neuen Herausforderung zu stellen, und Ophelia Prellers Beharrlichkeit, sich trotz Unzufriedenheit nicht entmutigen zu lassen, haben sich ausgezahlt. Im vergangenen Jahr gewannen die beiden Potsdamerinnen die Bronzemedaille bei der Junioren-Europameisterschaft im Canadier-Zweier über 500 Meter. „Das war das schönste Erlebnis in unserem Sportlerleben“, sind sich die Schützlinge von Trainerin Petra Welke einmal mehr einig. Bei der Weltmeisterschaft belegten sie einige Wochen später den fünften Platz.

Die eine hat ihre Stärke im Sprint, die andere besticht durch Ausdauer

Ihr Erfolgsrezept: die perfekte Chemie im Boot. Preller, die im Einer bei der JEM zudem Vierte über 200 Meter wurde, ist die Sprinterin, sorgt für Tempo auf der ersten Teilstrecke. Annika Loske hingegen ist die Ausdauerspezialistin, die ihre Qualitäten in der zweiten Rennhälfte ausspielt. Ein guter Mix, der für eine durchgehend hohe Geschwindigkeit sorgt.

Dass die beiden Sportlerinnen vom KC Potsdam in ihrer Disziplin fahren dürfen, ist unter dem bedeutungsschwangeren Begriff der Gleichberechtigung zu verbuchen. Einst war der Canadierbereich eine reine Männer-Domäne. Die frühere Erklärung, warum Frauen dafür nicht geeignet seien, ist abenteuerlich. Die kniende Haltung könne zur Unfruchtbarkeit führen, hieß es. Eine Untersuchung der Medizinischen Kommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) verbannte diesen Mythos 2011 endgültig in das Reich der Fabeln.

Ab 2020 sollen Canadierfrauen auch bei Olympia dabei sein

Neben dem Aufräumen mit derartigen Vorurteilen hat das IOC mit seiner Reformagenda aber auch den Weg bereitet, dass Canadierfrauen womöglich ab 2020 um olympische Ehren paddeln dürfen. Dann sollen sich nämlich die Anzahl der Wettbewerbe bei Männern und Frauen die Waage halten. Vor allem bei den Rennsport-Kanuten herrscht dahingehend noch ein Ungleichgewicht. Lediglich vier der zwölf Entscheidungen entfallen auf den weiblichen Bereich. Deshalb könnte also bei den Sommerspielen in Tokio erstmals auch ein Canadierrennen der Damen im Programm stehen.

„Daran denke ich aber noch gar nicht. Das sind noch fast sechs Jahre, da kann noch so viel passieren“, wagt Ophelia Preller keinen Weitblick. Auch ihre Bootspartnerin Annika Loske möchte nicht zu weit vorausdenken: „Wir gucken von Jahr zu Jahr. Und in diesem Sommer wollen wir wieder an der Junioren-EM und -WM teilnehmen.“ Im wahrsten Sinne des Wortes müssen sie eines tun, um dieses Ziel zu erreichen: sich im Training wieder reinknien.

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