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Ungenutzt? Der Potsdamer Schwimmstandort hat ideale Bedingungen als Bundesstützpunkt. Doch droht der Zuschlag an den Streiterinnen innerhalb des Landesverbandes zu scheitern.

© Andreas Klaer

Potsdamer Schwimmsport: Drohende Trockenlegung

In der Debatte um den geplanten Schwimm-Bundesstützpunkt scheint Potsdam als Verlierer dazustehen. In einem Vorgespräch wurde die märkische Landeshauptstadt vorerst von der Liste der künftigen Bundesstützpunkte genommen. Nun wollen zahlreiche brandenburgische Schwimmvereine einen finalen Rettungsakt initiieren.

Dem Potsdamer Schwimmstandort droht als Zentrum des Hochleistungssports der Bedeutungsverlust. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), das Bundesinnenministerium (BMI) und der Deutsche Schwimmverband (DSV) haben nach einem Vorgespräch in der vergangenen Woche über die Förderung des deutschen Spitzen-Schwimmsports im aktuellen Olympiazyklus Potsdam vorerst von der Liste der künftigen Bundesstützpunkte genommen. Die finale Entscheidung wird es im September geben.

Mit der vorläufigen Absage an Potsdam reagierten die Entscheidungsträger auf Bundesebene auf die Zerwürfnisse und Uneinigkeit in der märkischen Schwimm-Zunft. Denn innerhalb ihres Landesverbandes (LSVBB) konnten sich die Schwimmvereine bislang nicht mehrheitlich darauf verständigen, dem vorliegenden Kooperationsvertrag mit dem DSV zuzustimmen. Zuvor hatte bereits das LSVBB-Präsidium dem vorliegenden Vertrag die Unterschrift verweigert.

Nächste große Gesprächsrunde zwischen dem DOSB, dem DSV und dem BMI wird es am 3. August geben

Zwar möchte Verbandspräsidentin Sylvia Madeja Potsdam als Bundestützpunkt und habe die dafür nötigen Zuarbeiten an den DSV geleistet. Aber Madeja widerstrebt es den Preis zu zahlen, dass der Deutsche Schwimm-Verband den Brandenburger Gremien seine Personalentscheidungen aufzwinge. Konkret: Chefbundestrainer Henning Lambertz favorisiert den seit Jahren am Luftschiffhafen erfolgreich arbeitenden Schwimmcoach Jörg Hoffmann als leitenden Bundesstützpunkttrainer. Doch spricht Madeja dem früheren Weltklasse-Schwimmer vor allem die kommunikativen Führungsqualitäten ab, um mit den Lehrertrainern der Potsdamer Sportschule zusammenzuarbeiten. Bislang sind sämtliche Vermittlungsgespräche und selbst ein Krisengipfel im Landessportministerium gescheitert. Dem Vernehmen nach soll Minister Günter Baaske (SPD) vergangenen Mittwoch schließlich angewiesen haben, dass der Vertrag mit dem DSV zu unterschreiben ist. Zu spät, denn zeitgleich strich der Bund Potsdam von der Liste und setzte nach PNN-Informationen Halle/Saale drauf.

Es ist ein klares Signal, das der Bund damit gesandt hat: Wenn es in Potsdam und Brandenburg statt Zustimmung für einen Bundesstützpunkt Zank und Streit gibt, wird es auch keinen Bundesstützpunkt an der Havel geben. Und damit auch keine Förderung von jährlich 300.000 Euro. „Noch ist alles offen“, bemüht sich Andreas Gerlach als Vorstandsvorsitzender des Landessportbundes um Zuversicht. Am 3. August wird es ein weiteres Gespräch mit dem DOSB, dem DSV und dem BMI geben.

Bei einem außerordentlichen Verbandstag soll ein Wechsel des Präsidiums angestrebt werden

Bis dahin wollen zahlreiche brandenburgische Schwimmvereine ein klares Zeichen setzen und einen finalen Rettungsakt initiieren: Auf einem außerordentlichen Verbandstag soll das amtierende Präsidium ab- und ein neues gewählt werden. Zehn Vereine, darunter die großen märkischen Schwimmklubs wie der Potsdamer SV, der PSV Cottbus und der SVV PCK 90 Schwedt haben diese außergewöhnliche Maßnahme beantragt. Steffi Gaffrey, Schwimm-Abteilungsleiterin in Schwedt, ist sich der Tragweite eines außerordentlichen Verbandstages durchaus bewusst. Sylvia Madeja habe ihre Verdienste für den märkischen Schwimmsport, riskiere aber dessen Zukunft. Denn Gaffrey prophezeit „fatale Folgen“, bliebe Potsdam der Status eines Bundesstützpunktes verwehrt. „Es wird dann in absehbarer Zeit keine vier hauptamtlichen Landestrainer und keine Spitzenschwimmer mehr in Brandenburg geben“, sagt sie und fügt hinzu: „Es hat noch keine Sportart gegeben, die sich ohne Bundesstützpunkt auf längere Zeit auf hohem Niveau halten kann.“

Aber auch Versäumnisse wirft Gaffrey der Verbandsspitze vor. Diese habe es nicht geschafft, den vermeintlichen Zwiespalt zwischen Landestrainern an den Brandenburger Landesstützpunkten und den Lehrertrainern an der Potsdamer Sportschule zu kitten. Gaffrey zufolge gibt es da erhebliche Differenzen, sodass etliche Talente vom Luftschiffhafen in ihre Heimatvereine zurückkehren.

Größere Schwimmvereine Brandenburgs machen sich für einen Bundesstützpunkt in Potsdam stark

Angesichts der drohenden Trockenlegung des Spitzenschwimmsports in der Mark geben Vereinsfunktionäre wie Gaffrey oder Potsdams SV-Chef Michael Prenz ihre öffentliche Zurückhaltung auf. „Wenn die amtierende Verbandsführung keinen Schritt auf uns zugeht, dann ist es nur konsequent, dass wir handeln“, so Gaffrey. Prenz versteht die angestrebte Abwahl des LSVBB-Präsidiums als Signal an den Bund, dass es in Brandenburg Einigkeit und Entschlossenheit gebe.

Es sind vor allem die größeren Schwimmvereine Brandenburgs, die sich für den Status des Bundesstützpunktes in Potsdam stark machen. Hingegen haben bei der Abstimmung am 10. Juni auf der Tagung des Hauptausschusses des LSVBB vor allem die Vertreter kleinerer Vereine gegen eine Unterzeichnung des Kooperationsvertrages mit dem DSV – also gegen einen Bundestützpunkt – gestimmt. „Ich vermute, dass gerade bei den kleineren Vereinen das Hintergrundwissen fehlt, was ein Bundestützpunkt für das Land Brandenburg bedeutet“, meint Steffi Gaffrey. Es sei aber gerade Aufgabe der Verbandsführung, ausreichend zu informieren. Doch sei diese Aufklärungsarbeit wegen der persönlichen Befindlichkeiten nicht oder nur unzureichend erfolgt. „Ein Irrsinn“, schimpft PSV-Chef Prenz und fragt sich, „wer dafür die Haftung übernimmt“.

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