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Spot an. In der Potsdamer MBS-Arena wird Top-Kugelstoßern eine außergewöhnliche Bühne bereitet.

© imago/Sebastian Wells

Potsdamer Kugelstoß-Meeting 2019: Gleitest du noch oder drehst du schon?

Beim Kugelstoß-Meeting in Potsdam kommt es zum „EM-Revival“. Mit dabei ist der deutsche Ex-Weltmeister David Storl. In der internationalen Kugelstoß-Szene wirkt er wie aus der Zeit gefallen. Doch der Sachse glaubt an seinen Weg.

Von Tobias Gutsche

Potsdam - Rund 21 Kilometer Luftlinie liegen zwischen dem Berliner Olympiastadion und der Potsdamer MBS-Arena. Und knapp sieben Monate, nachdem im altehrwürdigen Sporttempel in Charlottenburg die Leichtathletik-Europameisterschaft 2018 stattfand, kommt es nun in der Halle am Luftschiffhafen zu einem „EM-Revival“, wie es Peter Rieger nennt. Beim dritten internationalen Potsdamer Kugelstoß-Meeting am Mittwoch (Beginn: 19.30 Uhr) nehmen die drei Medaillengewinner des vorigen Kontinentalchampionats teil. „Wir haben wieder hohe internationale Klasse dabei“, sagt Meeting-Direktor Rieger, der Geschäftsführer des veranstaltenden SC Potsdam ist. „Die drei Besten Europas gegeneinander antreten zu lassen, ist natürlich besonders spannend.“

"K.o. durch die Kugel" - der außergewöhnliche Duell-Modus

Europameister in Berlin wurde der Pole Michal Haratyk mit 21,72 Metern vor seinem Landsmann Konrad Bukowiecki (21,66) – und David Storl (21,41). Der Leipziger ist seit Anfang an Werbegesicht für das Potsdamer Event. Bei der Premiere 2015 musste Storl nach Verletzungspause noch als einer der 1000 Zuschauer sehen, wie der US-Amerikaner Ryan Whiting triumphierte. Zwei Jahre später wuchtete er dann aber selbst das 7,257 Kilogramm schwere Sportgerät durch die MBS-Arena und verbesserte bei seinem Sieg den Meetingrekord um zwölf Zentimeter auf 21,32 Meter.

Angetreten war David Storl damals „ein bisschen skeptisch“, wie er zugab. Der sportliche Vergleich steigt in Potsdam unter dem Motto „K.o. durch die Kugel“. Nach der Qualifikation treffen die Athleten über mehrere Runden hinweg in direkten Duellen aufeinander, wodurch das Starterfeld sukzessive bis zum Finale reduziert wird. Der Rhythmus ist ein völlig anderer als bei klassischen Kugelstoß-Wettkämpfen. Das bedarf Anpassung. Eine Herausforderung zur Abwechslung. Der 1,98-Meter-Hüne urteilte letztlich: „Geiles Event! Ich freue mich auf das nächste Mal.“

Inzwischen drehen die Weltbesten - und Storl gleitet

Das ist nun soweit. Der 28-Jährige stellt sich wieder der Konkurrenz im innovativen Format und ist dabei selbst irgendwie der Altmodische in der Kugelstoß-Szene. Er wirkt wie aus der Zeit gefallen. „So ziemlich als einziger auf hohem internationalen Niveau macht Storl noch die O’Brien-Technik. Er ist diesbezüglich der Fels in der Brandung“, sagt der Potsdamer Sportreporter Dirk Thiele, der das Meeting initiierte, mitorganisiert und moderiert. Bei der O’Brien-Technik (oder auch Angleittechnik genannt) steht der Athlet mit dem Rücken zur Stoßrichtung, kommt aus tief gebeugter Haltung und powert das runde Eisen nach halber Drehung weg. David Storl wurde auf diese Weise 2011 erster deutscher Weltmeister im Kugelstoßen und ist mit 21 Jahren zugleich der jüngste Kugelstoß-WM-Titelträger überhaupt. Zweimal WM- und drei EM-Gold sowie Olympiasilber 2012 schmücken seine Vita. 

Eisern. David Storl bleibt seiner Angleittechnik treu. 
Eisern. David Storl bleibt seiner Angleittechnik treu. 

© Hendrik Schmidt/dpa

Doch in den vergangenen Jahren holte die Schwerkraft Storls Kugeln stets früher zu Boden als die der Konkurrenz. Eine Technikfrage? „Wer heutzutage in der Weltspitze ganz vorne ist, der macht die Drehstoßtechnik“, sagt Leichtathletikexperte Dirk Thiele. Die Kolosse katapultieren bei dieser verhältnismäßig jüngeren Technik ihre Geschosse nach eineinhalb Körperdrehungen davon. „Vorteil ist, dass der Beschleunigungsweg der Kugel verlängert wird“, erklärt Thiele.

"Ich möchte mich wieder in der Weltspitze etablieren"

David Storl, der 2017 für neue Impulse von seinem langjährigen Trainer Sven Lang zu Wilko Schaa gewechselt war, bleibt seinem Stil treu. Er ist davon überzeugt. Ihm als besonders großen Athleten soll das Angleiten eher entgegenkommen – kleinere Kontrahenten schaffen wiederum mit der Energie aus der Rotation bessere Weiten. So die Theorie. „Vielleicht wäre die Umstellung aber trotzdem auch für David richtig gewesen. Jetzt ist es dafür zu spät. So etwas braucht Zeit – und die hat er in seinem Sportleralter nicht mehr“, meint Thiele. Der Gewinner des Deutschen Fernsehpreises glaubt jedoch an Storls Potenzial. Er habe mit klassischer Technik über 22 Meter gestoßen, was unverändert Weltklasse bedeute. „Er muss bloß zurück in diesen Bereich.“

Daran arbeitet der Sachse, der 2018 bereits aufsteigende Form zeigte. „Ich möchte mich in den nächsten Jahren wieder in der Weltspitze etablieren“, sagt er entschlossen. Der Wettkampf in Potsdam wird für ihn der Abschluss einer mehrteiligen Meeting-Serie. Am Wochenende darauf folgt die Deutsche Hallen-Meisterschaft in Leipzig und Anfang März die Indoor-EM in Glasgow. Danach liegt der Fokus auf der Freiluftsaison mit der Weltmeisterschaft in Doha als Höhepunkt. Dann will der Altmodische wieder auf seine Weise „en vogue“ sein.

Brandenburg intensiviert Förderung in Drehstoßtechnik

In Potsdam hoffen sie derweil auf eine Neubelebung der Kugelstoß-Tradition, die sich vor allem aus dem Olympiasieg 1976 von Udo Beyer speist. Brandenburgs Landeshauptstadt ist Bundesstützpunkt für die Wurf- und Stoßdiziplinen. „Aber zuletzt hatten wir leider keine Athleten mehr mit der richtigen Perspektive für die Kugel“, sagt der leitende Landestrainer Kai-Uwe Meier. „Wir haben beim Diskus die besseren Aussichten.“

Um künftig aber auch beim Kugelstoßen wieder erfolgreich zu sein, setzen die Verantwortlichen in der Mark – wie Potsdams Wurf-Stoß-Bundesstützpunktcoach Jörg Schulte – auf konsequente Ausbildung: „Beide Technikarten sind in unserem Nachwuchs-Entwicklungskonzept verankert und werden gefördert“, so Schulte. Marschroute vom nationalen Verband sei dabei, die drehende Variante besonders zu stärken. „Die Ergebnisse in der Welt haben uns gelehrt, dass Deutschland das grundsätzlich etwas verschlafen hat.“

Hinweis: Die PNN verlosen für das Kugelstoß-Meeting 5 x 2 Freikarten. Dafür genügt ein Anruf am Freitag (8. Februar 2019) um 11 Uhr unter der Telefonnummer: (0331) 2376-137. Weitere Informationen finden Sie hier.

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