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Nach der Schmetterlin-, Rücken- und Brustlage war Johannes Hintze schneller als bei seiner persönlichen Bestmarke. Doch beim abschließeneden Kraulen brach der Potsdamer Sportschüler ein.

© dpa

Potsdamer in Rio: Olympisches Lehrgeld

Seine Bestzeit verfehlt der erst 17-jährige Potsdamer Schwimmer Johannes Hintze in Rio deutlich. Sein Heimtrainer hat eine Vermutung, woran es lag, und der Chef-Bundestrainer übt Kritik am Youngster.

Von Tobias Gutsche

Während seines Urlaubs in Kühlungsborn saß Norbert Warnatzsch am späten Samstagnachmittag vor dem Fernseher. Eingeschaltet hatte er die ARD. Die Vorläufe der Schwimmwettbewerbe bei den Olympischen Spielen 2016 wurden live übertragen. Mit einer Stoppuhr in der Hand verfolgte Warnatzsch den Auftritt seines Schützlings Johannes Hintze über 400 Meter Lagen, nahm die Zwischenzeiten, ermittelte die Armzugfrequenzen. Und am Ende musste er konstatieren: „Die Leistung war unzureichend.“

Johannes Hintze war als Erster aus dem deutschen Becken-Team in Rio an den Start gegangen. Eine hohe Bürde. Erst recht für jemanden, der im Alter von gerade einmal 17 Jahren und einem Monat der jüngste männliche Schwimm-Olympionike seit 1976 ist. „Ich stand mit ihm vorher in Kontakt“, erzählte Warnatzsch: „Er war hochmotiviert, wollte zeigen, was er kann.“ Gelungen ist es ihm nicht. Nach 4:18,25 Minuten hatte der Athlet des Potsdamer SV als Letzter seines Vorlaufs und Gesamt-18. angeschlagen. Rund dreieinhalb Sekunden blieb er über seiner Mitte Mai bei der Deutschen Meisterschaft in Berlin aufgestellten Bestzeit. Dabei lag der Sportschüler im Kampf gegen seine persönliche Top-Marke, die nur knapp sieben Zehntel langsamer als der Junioren-Weltrekord ist, zunächst eigentlich gut im Rennen. Bis 300 Meter waren alle Durchgangszeiten besser, doch auf der abschließenden Kraullage brach er ein.

Chef-Bundestrainer: Hintze war fahrig und hektisch

Völlig enttäuscht kletterte der aus Brandenburg an der Havel stammende Youngster nach seinem einzigen Rennen von Rio aus dem Wasser und verschwand kommentarlos. Auch Norbert Warnatzsch, der Johannes Hintze gemeinsam mit Thomas Luckau am Luftschiffhafen trainiert, rang später um Worte. Eine Erklärung zu finden, fiel ihm schwer. „Im Training war alles gut. Die Werte waren super“, erklärte der Coach. So blieb ihm aus Tausenden Kilometern Entfernung und auf Grundlage kurzer Telefonkonversationen nur eine Vermutung: „Ich habe den Eindruck, dass Johannes von dem ganzen Drum und Dran dann doch ein bisschen erschlagen war und nicht wirklich seinen Faden gefunden hat.“ Aussagen von Chef-Bundestrainer Henning Lambertz bestätigen dies. Hintze sei sehr fahrig und hektisch gewesen, sagte Lambertz. Er berichtete davon, dass der 43-fache deutsche Altersklassenrekordhalter, der als Minderjähriger vorab von seinen Eltern etliche Sondererklärungen – quasi „Mutti-Zettel“, wie man sie aus der Schule kennt – für die Rio-Reise einholen musste, mitunter nicht pünktlich zu Besprechungen gekommen war sowie an einem Trainingstag den falschen Pool aufgesucht hatte. Nachsicht für das Küken? Eher nicht. Stattdessen mahnte Lambertz fehlende Selbstständigkeit an.

Diesen Mangel möchte Norbert Warnatzsch seinem Sportler, den er für intelligent, bedacht und organisiert hält, nicht attestieren. Er verbuchte das Ganze vielmehr als olympisches Lehrgeld. „Wir werden mit ihm die richtigen Schlüsse ziehen, damit es künftig besser läuft“, sagte Warnatzsch in väterlich-unterstützender Manier und hofft, dass Johannes Hintze nun, wo der Wettkampf für ihn beendet ist, weiterhin viele Erfahrungen sammelt. Schließlich heiße es doch: „Beim ersten Mal Olympia lernt man, beim zweiten Mal ist man dann erfolgreich.“

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