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Duo. Ophelia Preller (l.) und die Berlinerin Lisa Jahn.

© Ute Freise

Potsdam und die Kanu-WM 2019: Ophelia Preller: „Wir fühlen uns dazugehörig“

Die Potsdamer Kanutin Ophelia Preller spricht über die olympische Premiere für Canadierfahrerinnen, ihr Comeback und die Ambitionen für die WM.

Von Tobias Gutsche

Frau Preller, seit 2010 sind Canadier-Frauen im internationalen Wettkampfbetrieb zugelassen, ein Jahr später begannen Sie mit dieser Disziplin. 2020 folgt nunmehr auch die olympische Premiere für die Canadierinnen.
 

Das ist natürlich eine große Sache und sehr reizvoll. Es hört sich schon cool an, wenn man dann sagen könnte, bei den ersten Olympischen Spielen für die eigene Disziplin dabei gewesen zu sein. Ich werde riesig um die Teilnahme kämpfen.

Das Canadierfahren war lange Zeit für Frauen verboten, weil es hieß, die kniende Haltung könne zur Unfruchtbarkeit führen. Eine medizinische Untersuchung widerlegte diesen Mythos, sodass Sie und Ihre Mitstreiterinnen sich fortan wortwörtlich für den olympischen Traum reinknien konnten. Fühlen sich die Canadier-Frauen inzwischen auch voll in der Kanu-Szene akzeptiert?

Von Jahr zu Jahr bekommen wir immer mehr Anerkennung. Natürlich noch nicht so sehr wie in den anderen Disziplinen. Aber wir fühlen uns dazugehörig. Wir sind drin im System und haben eben unsere olympischen Strecken bekommen, wofür die Männer einstecken mussten (lacht). Sie mussten zwei Strecken abgeben, sodass 2020 dann die Anzahl an Kanu-Rennsport-Wettkämpfe bei Olympia gleich zwischen Männern und Frauen verteilt ist. Und das beste Rezept, um Anerkennung zu bekommen, ist Erfolg. Den wollen wir liefern.

Dieses Jahr sind Ihnen schon einige respektable Ergebnisse gelungen. Zusammen mit der Berlinerin Lisa Jahn wurden Sie im Zweier über 500 Meter bei Weltcups und Europaspielen zweimal Vierte und einmal Fünfte. Welche Erkenntnisse ziehen Sie?

Dass Lisa und ich von Rennen zu Rennen sicherer und besser werden. Natürlich müssen wir noch mehr an der Abstimmung arbeiten. Aber die Harmonie stimmt im Boot – das ist schon mal eine gute Voraussetzung. Eine tolle Erkenntnis ist, dass wir im Vergleich zu den Vorjahren den Abstand zur Weltspitze verringert haben. Den Trend müssen wir jetzt unbedingt bei der WM bestätigen, wenn es um die Olympia-Quotenplätze geht. Wir müssen unter die ersten Acht kommen, dann wäre ein wichtiger Schritt geschafft.

Hätten Sie vor einem Jahr daran geglaubt, dass Sie jetzt so eine gute Rolle spielen?

Ehrlicherweise: Meine Hoffnungen waren da schon etwas geschwunden. Wegen einer Bizepssehnenentzündung durfte ich fünf Monate lang nicht paddeln, konnte mich nur mit Laufen und Stabilisationsübungen etwas fit halten. Das war keine angenehme Situation. Umso mehr freue ich mich, dass ich so schnell wieder den Anschluss geschafft habe.

Aber die Zeit hat Defizite hinterlassen. Ihr Potsdamer Trainer Jirka Letzin bemängelt, bei Ihnen müsse wieder mehr Power aufs Paddel kommen.

Durch die Verletzungspause haben meine Kraftwerte gelitten, das stimmt. Mir fehlen die Krafteinheiten und ich muss zusehen, das wieder aufzuholen.

Innerhalb Deutschlands sind Sie die drittstärkste Canadier-Frau. Lisa Jahn steht klar an der Spitze, auf Position zwei liegt Ihre Potsdamer Kollegin Annika Loske – beide sind Linksschlägerinnen, Sie Rechtsschlägerin. Während andere Nationen, wie Kanada, einfach die zwei Top-Athletinnen in ein Boot stecken, obwohl sie beide auf derselben Seite paddeln, wird hierzulande konsequent auf das Recht-Links-Prinzip gesetzt.

Das ist einfach das effektivere System, wird bei den Männern eigentlich immer angewendet, weil man bei dieser Konstellation weniger windanfällig ist und weniger Steueraufwand hat. Wenn andere Länder nur ein einseitiges Duo ins Rennen schicken, dann vermutlich nur, weil die individuelle Qualität der beiden Sportlerinnen so viel höher ist gegenüber der Besten, die auf der anderen Seite paddelt. Perspektivisch, denke ich, wird sich mit zunehmender Leistungsdichte das Rechts-Links-Prinzip auch bei den Frauen generell durchsetzen.

ZUR PERSON: Ophelia Preller (20) stammt aus Brieselang. Die Canadierfahrerin des KC Potsdam im OSC gewann zweimal Bronze bei JuniorenWeltmeisterschaften und schaffte es 2017 ins Finale der Elite-WM. Dieses Jahr legte sie ihr Abitur an der Sportschule Potsdam ab und schließt sich demnächst der Bundeswehr-Sportfördergruppe an.

+++ Kampf um Olympia-Plätze - 13 Potsdamer im WM-Einsatz +++

Bei der am heutigen Mittwoch beginnenden Kanu-Weltmeisterschaft in Szeged wird ein Großteil der sogenannten Quotenplätze für Olympia 2020 vergeben. Dies sind Startberechtigungen für die jeweiligen Nationen. Gekämpft wird darum in den jeweils sechs olympischen Disziplinen der Männer und Frauen, die sich in vier Kajak- und zwei Canadierwettbewerbe unterteilen. Im Kajak kann ein Land pro Geschlecht maximal sechs, im Canadier drei Quotenplätze bekommen. Die Anzahl an ergatterten Plätzen bestimmt dann, mit wie vielen Aktiven nächstes Jahr in Tokio angetreten werden darf. Je mehr Sportler, umso breiter lassen sich die Renneinsätze verteilen. Über den Vierer können vier Quotenplätze eingestrichen werden, über den Zweier zwei und den Einer eben auch nur einer. Aber: Ein Athlet kann unter dem Strich nur einen Platz holen, Doppelstarts in den olympischen Bootsklassen machen daher wenig Sinn, weil so die potenzielle Quotenplatz-Ausbeute automatisch verringert wird. Der Gewinn dieser Plätze bei der WM ist unterschiedlich geregelt – auf der absolut sicheren Seite ist man mit einem Top-5-Resultat. 2020 gibt es noch zwei Möglichkeiten der Nachqualifikation – allerdings nur für die Einer und Zweier. Für die deutschen Sportler, die jetzt Quotenplätze sichern, ist dies nicht gleichbedeutend mit dem direkten Ticket zu den Sommerspielen. Dieses muss 2020 im nationalen Vergleich erkämpft werden.

In Szeged sind 13 Paddler des KC Potsdam im OSC dabei. Auf den wichtigen olympischen Distanzen starten: Franziska John (K4 500 Meter), Conny Waßmuth (K1 500), Ophelia Preller (C2 500), Annika Loske (C1 200), Ronald Rauhe, Max Lemke (beide K4 500), Tamas Gecsö (K1 1000), Timo Haseleu (K1 200) und Sebastian Brendel (C1 1000). Tabea Medert, Jan Vandrey, Felix Frank und Martin Hiller werden auf nichtolympischen Strecken eingesetzt.

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