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Einseitig. Canadierfahrer Sebastian Brendel paddelt nur links. Die meisten seiner Gegner wiederum rechts, was ihnen bei der WM zum Vorteil werden könnte. 

© Vondrouš Roman/dpa

Potsdam und die Kanu-WM 2018: Die Furcht des Linkspaddlers vor dem Rechtswind

Als dreifacher Titelverteidiger startet Canadier-Ass Sebastian Brendel bei der Weltmeisterschaft der Kanu-Rennsportler in Portugal. Er stellt sich auf für ihn schwierige Bedingungen ein. Insgesamt gehen acht Potsdamer in die WM-Rennen.

Von Tobias Gutsche

An die Regattastrecke im portugiesischen Montemor-o-Velho hat Sebastian Brendel nicht die besten Erinnerungen. Als dort 2013 die Europameisterschaft stattfand, erreichte der Kanu-Rennsportler des KC Potsdam in seiner Paradedisziplin – Canadier-Einer über 1000 Meter – nur Platz sechs. „Das ist mein international schlechtestes Ergebnis, das ich bisher im C1 abgeliefert habe“, sagt Brendel. „Ich hatte da extreme Mühe.“ Der Wind bereitete ihm die Probleme. Nun steigt ab Donnerstag die diesjährige Weltmeisterschaft in Montemor. Und der Dreifach-Olympiasieger stellt sich wieder auf schwierige Bedingungen ein. 

Bei Rechtswind muss Brendel stärker steuern

Denn die Kanustätte, der größte künstliche „Pool“ Portugals, ist per se windanfällig. Unweit der Atlantikküste liegt sie in einer flachen Landschaft. Freie Bahn für den Luftstrom. „Es drückt da ganz schön rein“, weiß Sebastian Brendel aus Erfahrung. Doch statt von vorne oder hinten zu drücken, was gleiche Bedingungen für die Aktiven bedeuten würde, kommt der Wind meist von einer Seite. „In 80 Prozent der Fälle von rechts“, erklärt Brendels Coach Ralph Welke. Genau das macht es für seinen Schützling so schwierig. In der Weltklasse der Canadier-Solisten ist Sebastian Brendel einer der wenigen Linkspaddler. Schiebt der Wind von rechts, bedeutet das für ihn, dass er besonders oft und stark einen sogenannten Steuerschlag durchführen muss, um auf Geradeaus-Kurs zu bleiben. Das hemmt den Vortrieb und kostet Kraft. Die Mehrheit seiner Gegner wuchtet das Paddel auf der anderen Seite durchs Wasser und würde mit Rechtswind bevorteilt sein. Bei der EM 2013, als es so unfair über die Regattastrecke blies, sei er letztlich „chancenlos“ gewesen, sagt Brendel. „Aber so ist das dann eben. Kanu ist eine Draußen-Sportart. Das Wetter gehört dazu.“

Der 30-Jährige ist eine Kämpfernatur. Von der Konkurrenz wegen seines enormen Willens gefürchtet. Keiner sonst kann sich so quälen und auf den letzten Metern eigentlich nicht mehr vorhandene Energie freisetzen wie er. Auch bei der WM in Portugal wird Sebastian Brendel kämpfen. Erst recht, wenn es widrig ist. Er bestreitet die Einer-Rennen über 1000, 500 und 5000 Meter. 

Potsdamer erhält extra ein neues Boot für die WM

Wie vergangenes Jahr. Es war eine Machtdemonstration. Der Potsdamer holte erstmalig alle drei Titel. Trotz stark verminderten Trainings. Nach Olympia hatte er vier Monate regeneriert und dann erst ganz sachte wieder angefangen. „Für diese Saison haben wir das Pensum deutlich erhöht“, berichtet Brendel. Ralph Welke, Bundestrainer für die Canadierfahrer, wähnt seinen Ausnahmeathleten auf einem „guten Weg“ Richtung Sommerspiele 2020 in Tokio. „Sebastian ist voll im Soll“, meint er. „Mit den Trainingsleistungen ist er gerade da, wo er hin soll.“ Starke Rennen, zweimal Silber und einmal Gold bei der EM vor zwei Monaten waren eine erste Bestätigung dafür. Der Eindruck soll in Montemor fortgesetzt werden. „Ich möchte gerne wieder Medaillen“, sagt der achtfache Weltmeister. „Das wäre gut, um auch nächste Saison die bestmögliche Förderung zu bekommen und so sorgenfrei in ein ganz wichtiges Jahr zu gehen.“ 2019 werden bereits Quotenstartplätze für Olympia vergeben. „Da gilt es dann. Aber ich will natürlich auch jetzt vorne mit dabei sein.“

Um dies selbst bei möglicherweise tückischem Rechtswind zu schaffen, hat Sebastian Brendel von seinem polnischen Bootshersteller Plastex extra ein neues Vehikel erhalten. „Es hat eine leicht veränderte Form, ist flacher, damit der Wind nicht so viel Angriffsfläche hat.“ Und es wird inklusive kleiner Zusatzgewichte zum Wettkampf mindestens 14 Kilo auf die Waage bringen, versichert Brendel. Voriges Jahr fehlten seinem Boot beim Weltcup-Auftakt 20 Gramm zum Erfüllen der Regularien. Disqualifikation. Es geschah in Montemor. „Irgendwie nicht so meine Lieblingsstrecke.“ Bisher. 

Potsdam für Deutschland. Acht Sportler und zwei Coaches aus Brandenburgs Hauptstadt sind bei der Kanu-WM dabei:<TH>Arndt Hanisch (leitender Bundestrainer), Tamas Gecsö, Ronald Rauhe, Stefan Kiraj, Conny Waßmuth, Franziska Weber, Sebastian Brendel, Annika Loske, Jan Vandrey und Canadier-Bundestrainer Ralph Welke (v.l.). 
Potsdam für Deutschland. Acht Sportler und zwei Coaches aus Brandenburgs Hauptstadt sind bei der Kanu-WM dabei:<TH>Arndt Hanisch (leitender Bundestrainer), Tamas Gecsö, Ronald Rauhe, Stefan Kiraj, Conny Waßmuth, Franziska Weber, Sebastian Brendel, Annika Loske, Jan Vandrey und Canadier-Bundestrainer Ralph Welke (v.l.). 

© Ute Freise

+++ Potsdamer Starts bei der Kanu-WM 2018 +++

KAJAK
Franziska Weber: Vierer 500 Meter, Zweier 200 Meter.
Conny Waßmuth: Vierer 500 Meter.
Ronald Rauhe: Vierer 500 Meter.
Tamas Gecsö: Vierer 1000 Meter.

CANADIER
Annika Loske: Einer 500 und 5000 Meter.
Sebastian Brendel: Einer 500, 1000 und 5000 Meter.
Jan Vandrey: Vierer 500 Meter.
Stefan Kiraj: Einer 200 Meter. 

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