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Mehr war letztlich nicht drin. Das Leistungsvermögen für einen Podestplatz hatte Laura Lindemann allemal, doch ein Sturz gleich zu Beginn der Radstrecke warf die Potsdamerin zu weit zurück. Am Ende kämpfte sie sich auf Rang vier.

© DTU/Petko Meier

Potsdam und die European Championships 2018: Tragische Heldin

Auch ohne Gewinn einer Medaille sorgte Potsdams Triathletin Laura Lindemann bei der Europameisterschaft für Furore. Nach einem Radsturz zeigte sie beeindruckende Moral. Mit dem Auftritt demonstrierte sie wieder, welchen Status die 22-Jährige inzwischen in Triathlon-Deutschland einnimmt.

Von Tobias Gutsche

Der Medaillentraum von Laura Lindemann wurde unsanft ausgebremst. Auf dem Asphalt von Glasgow. Beim Rennen der Europameisterschaft über die olympische Kurzdistanz (1500 Meter Schwimmen, 40 Kilometer Radfahren, zehn Kilometer Laufen) war die Potsdamer Triathletin am gestrigen Donnerstag gleich zu Beginn der Radstrecke in einen Sturz mit insgesamt fünf Fahrerinnen verwickelt. Vier davon konnten den Wettkampf nicht fortsetzen. Nur Lindemann rappelte sich nach dem Bauchklatscher zurück auf ihr Vehikel. Sie fuhr weiter, kämpfte, rannte, kämpfte noch mehr. Letztlich war der entstandene Rückstand zu den drei Führenden aber zu groß, um den erhofften Lauf aufs Podest zu schaffen.

Laura Lindemann wurde Vierte in einer Zeit von 2:01:42 Stunden und bewies damit eine beeindruckende Moral. „Chapeau“, Hut ab, sagte Ex-Weltmeister Daniel Unger als ZDF-Fernsehexperte. Die 22-Jährige habe unter diesen bitteren Umständen das Bestmögliche rausgeholt. „Es war ein extrem hartes Rennen“, urteilte die tragische Heldin schwer atmend nach dem Zieleinlauf. „Extrem schade“ sei es, dass ihr nur Blech statt Edelmetall blieb. Es gewann Rekordsiegerin Nicola Spirig aus der Schweiz (1:59:13), die zum sechsten Mal Gold holte. Ihr folgten die Britin Jessica Learmonth (1:59:46) und Cassandre Beaugrand (Frankreich/2:00:57).

Aus dem Talent ist das Aushängeschild geworden

Auch ohne Podiumsplatz untermauerte Laura Lindemann ihren Status. Aus dem Talent wurde inzwischen das Aushängeschild. Sie, die 2012 vom Schwimmen in den Dreikampf gewechselt war, ist das prägende Gesicht der Deutschen Triathlon Union. Auf ihr Ruhen die Hoffnungen des in den vergangenen Jahren nicht mit Erfolgen verwöhnten Verbandes. Je zweimal war Lindemann Europa- und Weltmeisterin der Junioren, schaffte es 2016 zu den Olympischen Spielen nach Rio, gewann anschließend Gold bei der U23-WM. Vorige Saison dann ihr erster internationaler Titel bei den Erwachsenen: Europameisterin im Sprint.

Für 2018 hat sich ihr Fokus nun verschoben, wie sie selbst erklärt. Verstärkt ist Lindemann über die olympische Distanz am Start. Doppelt so viele Meter wie im Sprint – „das hat vor allem einen erhöhten Umfang und Intensität im Radfahren und Laufen vorausgesetzt“, berichtete die gebürtige Berlinerin aus ihrem Trainingsalltag. Darunter habe die Schwimmleistung etwas gelitten. Bei der EM kam sie aber gut durch das Wasser, ging als Sechste mit akzeptablen 49 Sekunden Rückstand zur Spitze an Land. Dann warf sie jäh der Sturz, der durch den Fahrfehler einer anderen Sportlerin verursacht worden war, zurück. Mit der besten Laufzeit aller ins Ziel gekommener Frauen schloss sie das Einzel bei der EM ab. Es war das erste von zwei Kurzdistanzrennen, „die für mich zählen dieses Jahr“, hatte Lindemann vorab betont. Der andere gemeinte Wettkampf findet Mitte September an der australischen Gold Coast statt: das große Finale der Weltmeisterschaftsserie. Nach sechs von acht Station ist Lindemann Gesamtneunte und steuert damit auf das beste deutsche WM-Resultat seit 2013 zu.

Neben Laura Lindemann, die voraussichtlich noch die EM-Mixedstaffel am morgigen Samstag bestreiten wird, war in Glasgow eine weitere Potsdamerin am Start. Nina Eim belegte bei ihrem Meisterschaftsdebüt im Elite-Nationalteam Rang 28 (2:08:13).

Debüt von Neu-Potsdamern Nina EIm und Johannes Vogel

Wie Nina Eim trainiert auch Johannes Vogel erst seit knapp einem Jahr am Luftschiffhafen. Für ihn als dritten Potsdamer Triathleten bei der EM wird es am heutigen Freitag ernst. Es ist ebenfalls seine erste Teilnahme an einer großen internationalen Meisterschaft. Die Nominierung dafür kam kurzfristig und unverhofft. „Damit habe ich selbst überhaupt nicht mehr gerechnet, aber dafür war es umso schöner, als ich erfahren habe, dass es doch noch klappt“, sagt der aus Rostock stammende 21-Jährige, der für den verletzten Justus Nieschlag ins deutsche Team beordert worden war. Mit Platz fünf bei der diesjährigen Deutschen Sprint-Meisterschaft hatte sich Johannes Vogel in den erweiterten Kreis der Nationalmannschaft gearbeitet. Die EM von Glasgow wird nun eine besondere Erfahrung. „In so einem starken Feld bin ich noch nie gestartet“, betont er. „Daher möchte ich mich einfach so teuer wie möglich verkaufen und alles geben, sodass ich mir am Ende des Tages nichts vorwerfen kann.“

Wie Laura Lindemann. Sie hat zwar keine Einzelmedaille gewonnen, aber viel Respekt und Sympathien.

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