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Unikat. Als bisher einziger Deutscher hat es Patrick Esume in den Trainerstab der US-Profiliga NFL geschafft.

© Eddy Kary/Promo

Patrick Esume zu Gast in Potsdam: „Football ist genial und manchmal unmenschlich“

Der deutsche Football-Experte Patrick Esume macht mit seiner Show Station im Lindenpark. Vorab spricht der TV-Star im Interview über die Potsdam Royals, seine Kodderschnauze, Unterschiede zum Fußball und die Gefahren des knallharten US-Sports.

Von Tobias Gutsche

Er ist das deutsche Gesicht des American Football: Der Trainer Patrick Esume – besser bekannt als „Coach Esume“ – begeistert als Fernsehexperte ein großes Publikum für den US-Sport mit Leder-Ei. 2017 veröffentlichte er das Buch „Believe the Hype! American Football: Mehr als nur ein Spiel“ und macht dazu dieses Jahr eine Show-Tour über 20 Stationen. Am Freitag ist der Fachmann im Potsdamer Lindenpark zu Gast. Tickets sind noch erhältlich.

Herr Esume, Sie wissen, dass Sie am Freitag „königliches“ Football-Revier betreten?

Natürlich sind mir die Potsdam Royals ein Begriff.

Wie schätzen Sie denn die Entwicklung der Royals ein?

Nach dem Aufstieg in die erste Liga sich fast für die Playoffs zu qualifizieren und gleich den EFL-Bowl (Titel der European Football League, dem zweithöchsten Wettbewerb des Kontinents, Anm. d. Red.) zu gewinnen, ist beeindruckend. Ich hoffe, dass in Potsdam nicht nur kurzfristig, sondern vor allem langfristig gut gearbeitet wird. Dem deutschen Football würde es guttun.

Im Schnitt kamen vorige Saison 1450 Zuschauer zu den Royals-Heimspielen – zuletzt nahmen 130 Kinder und Erwachsene am Probetraining teil. Ist Potsdam ein Paradebeispiel für Deutschlands Football- Hype, über den Sie in Ihrem Buch schreiben und im Bühnenprogramm sprechen?

Ich glaube schon. Football ist in der breiten Masse angekommen und wird als Sportart langsam verstanden. Die jungen Kids und Männer laufen in die Vereine und wollen das, was sie am Sonntagabend aus der NFL sehen, auch mal versuchen. Das ist genau das, was man sich als Football-Fan wünscht.

Royals-Trainer Michael Vogt hat den großen Zulauf im Verein unter anderem auch auf die „ran“-Fernsehübertragungen zur US-Profiliga NFL zurückgeführt. Welchen Auftrag erkennen Sie als Kommentator in den Sendungen?

Ohne die „ran“-Übertragungen könnte man mit unserem genialen Sport niemals so viele Menschen erreichen. Mein Auftrag als Experte liegt darin, sowohl den Neuzuschauern, als auch den Spezialisten das Spiel taktisch näher zu bringen. Ganz wichtig dabei ist natürlich auch, dass es unterhaltsam ist. Die Komponente Entertainment darf man bei unseren Übertragungen nicht vergessen. Es ist TV und keine Coaching-Klinik.

Sie sind für einen – sagen wir mal – unkonventionellen Moderationsstil bekannt. Wurden Sie schon mal wegen Ihrer Kodderschnauze von den Senderbossen ermahnt?

Kodderschnauze...was soll ich sagen? Ich bin nun mal kein klassischer Moderator oder Kommentator, sondern in erster Linie Football-Coach. Dementsprechend kann meine Ansprache manchmal ein wenig direkter sein. Aber es hat sich bisher noch kein Senderchef bei mir gemeldet.

Eines merkt man aber immer: Sie lieben Football. Mit 18 Jahren haben Sie angefangen, selbst zu spielen. Zuvor waren Sie lange Zeit Fußballer. Warum der Wechsel?

Weil Football mich einfach fasziniert hat. Die Geschwindigkeit, Physis, Taktik und der Mannschaftszusammenhalt ist nicht mit Fußball zu vergleichen.

Was könnte der Fußball vom American Football lernen?

Ich glaube, dass es da schon einige Dinge gibt. Noch detailliertere Videoanalyse, spezifizierteres Training und auch innovativere körperliche Vorbereitung.

Football sei „mehr als nur ein Spiel“, steht in Ihrem Buchtitel. Was ist es denn alles?

Eine Lebenseinstellung. Man muss sich einfach mal unsere Community bei einem Fan-Event oder bei meiner Buchtour anschauen. Von Familien mit Kindern bis zu Rentnern trifft man alles an. Und das Beeindruckendste bei den Spielen ist, dass es trotz der verschiedenen Trikots, die die Leute tragen, immer friedlich zugeht.

Gerade in den USA erscheint Football wie eine Religion. Sie haben als Assistenztrainer in der NFL gearbeitet. Welche sind Ihre prägendsten Erinnerungen an diese Zeit?

Der Schlafmangel und der Druck – manchmal unmenschlich!

Sie sprechen stets mit Begeisterung von diesem Sport. Aber er birgt aufgrund der vielen harten Kollisionen auch Gefahren. Der Berliner Ex-NFL-Profi Björn Werner meinte: Footballspielen sei wie jede Woche in einen Autounfall zu geraten. Ist der menschliche Körper überhaupt dafür geschaffen?

Natürlich nur bedingt. Eine Kollision kann er eventuell vertragen, aber für so viele in kurzer Zeit wurde er nicht gemacht.

Studien zeigen einen engen Zusammenhang zwischen Football und Hirnschäden auf. Da fragen sich Eltern, warum sollte ich mein Kind so einen Sport machen lassen? Was entgegnen Sie?

Dass die richtige Technik einen großen Unterschied macht und, dass Football für Kids auch eine Bereicherung sein kann. Es lehrt dich Teamfähigkeit, und auch den Schwächsten in deinem Team mitzunehmen, sowie Disziplin und Durchhaltevermögen.

Eine durchschnittliche NFL-Karriere dauert nur etwa drei Jahre. Die körperliche Belastung ist ein Faktor. Andererseits können Spieler jederzeit entlassen werden, wenn die Leistung nicht stimmt. Wie geht man mit einem solchen Druck um?

Das sollte man zum Beispiel unsere deutschen Ex-Spieler Björn Werner und Markus Kuhn fragen. Ich war nie als Spieler in der NFL, insofern kann ich mir nur vorstellen, wie unangenehm diese Art von Unsicherheit sein muss.

Football ist der Mix aus Action und Taktik. Das lockt in Deutschland mittlerweile ein Millionenpublikum vor die Fernseher. Was glauben Sie, wo führt der Football-Hype hierzulande hin?

Ich hoffe dahin, dass sich Football als Sportart hier in Deutschland fest etabliert und nicht nur ein Trend ist.

Es soll also mehr sein als ein Hype?

Genau.

Am Freitag sind Sie nun für Ihre Show in Potsdam. Ihr „ran“-Kollege Roman Motzkus hatte dieses Jahr ein Royals-Heimspiel besucht. Wann wird „Coach Esume“ mal bei den „Königlichen“ zu Gast sein?

Wenn ich eingeladen werde und es zeitlich passt, bin ich am Start!

ZUR PERSON

Patrick Esume (44) ist deutscher Football-Experte. Er kommentiert die „ran“-Fernsehübertragungen von der US-Profiliga NFL auf den Sendern „ProSieben MAXX“ und „ProSieben“. Der gebürtige Hamburger gewann als Spieler beziehungsweise Trainer den German, European und World Bowl. Als bisher einziger Deutscher hat es Esume in den Trainerstab der NFL geschafft. Er war bei den Oakland Raiders und Cleveland Browns tätig. Aktuell coacht der frühere Defensivspieler die französische Nationalmannschaft, mit der er World-Games-Sieger 2017 und dieses Jahr Europameister wurde. Außerdem machte Patrick Esume als Athletiktrainer unter anderem Russlands einstigen Schwergewichts-Boxweltmeister Ruslan Chagaev fit.

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