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Vierter oder Dritter. Hannes Schulz (l.) und seine Kollegen vom OSC warten auf die endgültige Entscheidung.

©  Verein/S. Seifert

OSC Potsdam: Bronze am grünen Tisch?

Die Wasserfreunde Spandau sollen wegen eines Regelverstoßes im Endrundenturnier des deutschen Wasserball-Pokals 2016 disqualifiziert werden. Spandau würde damit der Titel aberkannt werden - und der OSC Potsdam würde wiederum Profit daraus schlagen.

In weniger als vier Wochen sind die Bundesliga-Wasserballer des OSC Potsdam wieder in den nationalen Wettbewerben gefordert. Zuvor steht mit dem Euro-Cup (14. bis 16. Oktober in Neapel) sogar noch eine internationale Aufgabe an. Obwohl also die kommenden Spiele im Fokus stehen, kann die vergangene Saison noch nicht vollständig zu den Akten gelegt werden. Schuld daran ist ein Regelverstoß, den der deutsche Rekordmeister Wasserfreunde Spandau 04 im Mai beim Endrundenturnier des deutschen Pokals in Krefeld begangen haben soll. Dieser könnte für alle am „Final Four“ beteiligten Teams – und damit auch für den damals viertplatzierten OSC – Folgen haben.

Die Wasserball-Fachsparte des Deutschen Schwimmverbandes (DSV) unter Vorsitz von Hans-Jörg Barth hat Ende August einer Klage des im Halbfinale gegen Spandau unterlegenen ASC Duisburg gegen die Wertung dieses Spiels stattgegeben. Beanstandet wurde vonseiten der Duisburger, dass Spandau seinen Nationalspieler Moritz Oeler einsetzte, obwohl dieser nach einem Spiel-Ausschluss im Pokal-Viertelfinale auch im Halbfinale gesperrt gewesen wäre. „Eine automatische Sperre für das nächste Pokalspiel wäre nach unseren Statuten rechtens gewesen“, sagt Barth. Dass eine Anfrage Spandaus beim Rundenleiter, ob es Sperren gebe, am Spieltag verneint wurde, sei „unglücklich“, dürfe aber trotzdem nicht zulasten des ASC Duisburg gehen. „Es war definitiv ein Regelverstoß, dass Moritz Oeler gespielt hat“, erklärt Barth und betont, dass die Verantwortung, mögliche Sperren zu überprüfen, immer beim Verein selbst liege.

OSC würde bei Spandau-Disqualifikation auf Platz drei vorrücken

Das Halbfinale, das Spandau nur knapp mit 8:7 gewonnen hatte, wertete der DSV nun daher als Niederlage für die Berliner. Die weiteren Endrundenstarter rücken einen Rang auf. Neuer Pokalsieger wäre demnach der unterlegene Finalist Bayer Uerdingen, die Silbermedaille ginge an den Kläger ASC Duisburg, der OSC Potsdam würde als Verlierer im Spiel um Platz drei nun doch noch Bronze gewinnen und somit seine ersten nationalen Podestplatz bei den Herren überhaupt feiern können – auf dem Papier wäre das der größte Erfolg der Vereinsgeschichte.

Spandau klagte aber bereits kurz nach der Bekanntgabe des Urteils beim dafür zuständigen Gruppenschiedsgericht Nord des DSV. Dass die Klage läuft und man sich weiterhin im Recht sehe, bestätigt Spandau-Teammanager Peter Röhle, der sich ansonsten nicht weiter inhaltlich äußern möchte. In der Zwischenzeit wurde auch der OSC Potsdam als „Beigeladener mit Anhörung“ zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert. Der Verein verzichte aber darauf, wie André Laube als sportlicher Leiter des Clubs berichtet, da es „keine direkte Benachteiligung für Potsdam“ gegeben habe.

Potsdamer würden sich über Bronze "schon freuen"

Beim OSC wird das laufende Verfahren mit gemischten Gefühlen aus der Ferne beobachtet. Rechtsaußen Hannes Schulz bekennt, dass man sich über den dritten Platz „schon freuen“ würde, wenngleich eine solche Entscheidung am grünen Tisch nicht mit den Emotionen einer Siegerehrung vergleichbar sei. Der selbst von 2011 bis 2014 bei Spandau aktive Schulz ist wie seine Teamkameraden weit davon entfernt, vor der anstehenden Verhandlung auf eine Verurteilung Spandaus zu drängen. Er stellt aber klar: „Wir wissen selbst, dass eine Medaille für uns nicht zu 100 Prozent sportlich verdient wäre, aber aus unserer Sicht ist es ein Fehler von Spandau und dieser müsste den Statuten zufolge bestraft werden.“ Eine andere Lösung als die Neuvergabe der Medaillen oder aber die Beibehaltung des sportlichen Ergebnisses ist nicht mehr realisierbar. „Die vier Mannschaften sind jetzt ganz anders besetzt und man kann ein solches Turnier nicht einfach wiederholen“, weiß Schulz um die Problematik, ein für alle Seiten befriedigendes Ende zu finden. Eine solche Wiederholung hatte Spandau zunächst im Sinne einer außergerichtlichen Einigung vorgeschlagen. Für Peter Röhle von Spandau 04 besteht auch mittlerweile bei der Entscheidungsfindung des Schiedsgerichts „keine Eile mehr“, schließlich geht es nur noch um das „Ja“ oder „Nein“ zum Pokalsieg der Wasserfreunde und keine anderen Optionen.

Für Hannes Schulz und seine Mitspieler ist derweil klar: „Wir sehen uns weiter ganz normal als Vierter. Und wenn wir doch noch Dritter werden, freuen wir uns einfach darüber.“ Eine einfache, pragmatische Sichtweise in einem mittlerweile doch ziemlich festgefahrenen sportrechtlichen Komplex. 

Yannick Lebherz

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