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Im Einsatz. Die Polizei und ein Fan, der einem Verletzten helfen will.

©  Jan Kuppert

Nach Gewalt beim Pokalfinale SV Babelsberg 03 - FSV Luckenwalde: Einige Fans halten Einsatz der Polizei unzureichend aufgeklärt

Die Aufarbeitung des Chaos beim Landespokalfinale in Luckenwalde läuft noch. Zwei Fans des SV Babelsberg 03 haben den PNN die Geschehnisse aus ihrer Sicht geschildert und berichten von brutaler Polizeigewalt.

Die neue Regionalliga-Saison wird nicht nur eine sportliche Herausforderung für den SV Babelsberg 03. Die Partien gegen Energie Cottbus, Lok Leipzig oder den BFC Dynamo gelten als Risikospiele – Polizei und vereinseigene Sicherheitskräfte werden in erhöhter Bereitschaft sein. Und nach den Vorfällen nach dem Landespokal-Finale in Luckenwalde Ende Mai mit zahlreichen verletzten SVB-Anhängern wird zumindest der Saisonstart eine Belastungsprobe zwischen Fans und Polizei.

Denn noch immer halten Teile der Fans den Einsatz der Polizei mit Tränengas und Schlagstöcken für unzureichend aufgeklärt. Noch immer fordern sie, dass die Darstellung, die Auseinandersetzungen seien von gewaltbereiten SVB-Anhängern provoziert worden, öffentlich zu korrigieren.

Tiefe Wunde am Ringfinger musste mit 27 Stichen genäht werden

Einer, der sich vehement dagegen wehrt, als radikaler Fußballfan abgestempelt zu werden, ist Oliver Lange: Selbständiger Fliesenleger aus Babelsberg, 43 Jahre alt, seit vielen Jahren SVB-Fan und unmittelbar von den Luckenwalder Vorfällen betroffen. „Es sollte für meinen 15-jährigen Sohn und mich ein wirklich schöner Tag werden. Es war seine erste Auswärtsfahrt mit dem Fan-Bus und gleichzeitig seine Jugendweihe“, erzählt er. Später ist Lange auf einem Video zu sehen, in dem er auf dem Rasen über einer verletzten Person kniet. Lange erinnert sich an diese Situation: „Unvergesslich und prägend bleibt für mich der Moment, als ich meinem blutenden und bewusstlosen Freund Erste Hilfe leisten wollte und mir dabei mit einem breiten Grinsen ein Beamter der Bundespolizei ins Gesicht schlägt und mich indirekt dazu auffordert, mich mit ihm zu prügeln, anstatt einer in wahrscheinlicher Lebensgefahr schwebenden Person zu helfen.“

Der Verletzte ist der 27-jährige O. (der vollständige Name ist der Redaktion bekannt). Er war einer der ersten, die nach dem Abpfiff über den Zaun aufs Spielfeld sprangen, „aber nicht, um den Platz zu stürmen, wie es behauptet wird“, sagt er. Er habe die SVB-Spieler noch einmal an den Fan-Zaun bitten wollen, nachdem diese aufgrund der aufgezogenen Polizeikette sichtlich selbst verunsichert und nach Empfinden der Fans für zu kurze Dauer zum Feiern an den Fan-Block gekommen war. Er sei jedoch zunächst von den eigenen Ordnern zurückgeschubst und aufgefordert worden, besser wieder zurück zu klettern. Denn ein Betreten des Platzes nach Spielende war im Vorfeld ausdrücklich untersagt worden. Auf einem Video ist zu sehen, wie O. beim Zurückklettern von mehreren Polizisten vom Zaun gezogen wird. Dabei wurde sein rechter Ringfinger bis zum Knochen aufgerissen, die Wunde wurde später mit 27 Stichen genäht. O. wurde vor Schmerz ohnmächtig. „Um ihm zu helfen, bin dann auch ich über den Zaun gesprungen“, berichtet Oliver Lange.

Polizei und Verein stimmen sich für die neue Saison ab

Nach Aussagen der Polizei soll O., während er auf dem Rasen stand, einem Beamten gedroht oder ihn beleidigt haben. Deshalb sei er im Rahmen der Strafverfolgung daran gehindert worden, zurück in den Fan-Block zu klettern. Für Oliver Lange kaum nachvollziehbar. „Mein Eindruck ist, dass sich die Polizei einfach mal ausprobieren wollte.“ Er habe sich im Moment, in dem er helfen wollte und den Polizisten gegenüberstand, einfach nur ohnmächtig gefühlt. „Ich bitte im Interesse aller Beteiligten um eine vernünftige und angemessene Aufklärung und Aufarbeitung der Ereignisse und hoffe auf daraus entstehende und entsprechende Konsequenzen“, schrieb Lange in einem offenen Brief an den Innenausschuss des Landtages. Wenn es bei der bisherigen Aussage der Polizei bleiben sollte, dass der Einsatz in dieser Härte notwendig und angemessen war, „dann macht es mich sehr traurig und wütend zugleich“, so der Babelsberger Handwerker.

Bei der Polizei läuft die Aufarbeitung noch. Die interne Ermittlungsabteilung beim Landeskriminalamt prüft die Vorwürfe gegen die eingesetzten Beamten. Es gibt nur ein Problem: Es liegen bisher nur globale, keine konkreten Strafanzeigen vor. Insbesondere der massive Einsatz von Pfefferspray, von dem zahlreiche Fans betroffen waren, wird von der Polizeiführung bedauert. „Unbeteiligte sollten nicht verletzt werden“, sagte der Chef der Direktion West, Peter Meyritz, den PNN. Von Kommunikationsproblemen war schon gleich nach dem Spiel die Rede. Aus Sicht der Polizei hätte das alles von keiner Seite derart eskalieren dürfen, zumal aus Sicht der Behördenleitung das Verhältnis der Polizei zu Fans und Verein in der vergangenen Liga-Saison so gut wie nie war. Auch von Fan-Seite wird dies so betont. Daran will die Polizei nun anknüpfen und nach vorne schauen. Es laufen intensive Gespräche mit dem Verein – gerade mit Blick auf die Risikospiele der kommenden Saison. 

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