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Jennifer Tuffour fotografiert für Handball-Drittligist VfL Potsdam. Auf der Werbebande bei einem Spiel steht ein Motto, das zu ihr passt.

© Julius Frick

Nach dem Traum von der großen Sportkarriere: Potsdams Ex-Sprinterin Jennifer Tuffour hat neue Ziele im Fokus

Der Weg vom Talent zum Top-Sportler ist hart. Nur wenige schaffen ihn. Die ehemalige Potsdamer Sprinterin Jennifer Tuffour weiß das und möchte aber den Versuch nicht missen. Von ihren Leistungssporterfahrungen profitiert sie nun im Berufsleben.

Potsdam - Mit weit ausholendem Armschwung biegt sie auf die Zielgerade. Die Schritte sind lang, der Oberkörper pendelt etwas unruhig. Die letzten Meter sind fast ein Stolpern, sie fällt mehr über die Ziellinie als dass sie läuft. Nur um eine Hundertstelsekunde verliert Jennifer Tuffour dieses 400-Meter-Rennen. Es sind die Deutschen Jugendmeisterschaften in Jena, bei denen sie die Stadionrunde in 54,81 Sekunden sprintet. Das ist jetzt acht Jahre her, doch an das Rennen kann sich die heute 24-Jährige noch genau erinnern. „Ich war zuvor krank und hatte nie damit gerechnet, so schnell zu laufen“, erzählt sie. Die ersten 200 Meter liefen gut, nach 300 Metern war sie immer noch dran an den Führenden. „Die letzten 100 Meter werde ich auch noch schaffen“, dachte sie damals. Es schien der Beginn einer vielversprechenden Karriere für das Potsdamer Sprinttalent. Erfüllt hat sich die Hoffnung nicht.

Es ist eine Geschichte, wie sie junge Sportler oft erleben. Sie beginnt mit der Freude am Sport und Talent. „Schon im Kindergarten war ich schneller als die Jungs“, erzählt Jennifer Tuffour. Mit zehn Jahren trainierte sie drei Mal die Woche bei der LG Alster Nord in ihrer Heimatstadt Norderstedt. Als 14-Jährige kam sie nach Potsdam an die Sportschule, „erst hier habe ich angefangen, leistungsorientiert zu trainieren“, erzählt sie. Sie probiert sich zunächst im Mehrkampf und im 100-Meter-Hürdensprint. Als sie sich im Winter 2010/11 verletzt hat und nur ein paar Runden locker joggt, sieht das Frank Möller, seit Jahren erfolgreicher 400-Meter-Trainer beim SC Potsdam und selbst einmal sehr erfolgreich über die Viertelmeile. Das sehe ganz gut aus, habe Möller gesagt und sie für einen Wechsel vom Mehrkampf auf die Stadionrunde überredet, „ohne dass ich wusste, worauf ich mich einlasse“, erinnert sich Jennifer Tuffour.

Im Nachwuchs deutsche Spitze, doch dann streikte ihr Körper

Ihre erste 400-Meter-Saison endete 2011 mit der Nominierung für die U20-Europameisterschaft in Tallin. Als damals 16-Jährige reiste sie als Ersatzläuferin für die 4x400-Meter-Staffel nach Estland. Unter den deutschen 85 Nachwuchsathleten waren damals Gesa Felicitas Krause, die inzwischen zur Weltklasse über 3000 Meter Hindernis gehört und im vergangenen Jahr Europameisterin wurde, ebenso wie Hochsprung-EM-Sieger Mateusz Przybylko. Oder Sprinterin Tatjana Pinto, die 2018 bei der Heim-EM in Berlin zur 4x100-Meter-Bronze-Staffel gehörte. Speerwerfer Johannes Vetter holte 2017 WM-Gold.

Hart. Jennifer Tuffour kämpfte auf der Stadionrunde und gegen Verletzungen.
Hart. Jennifer Tuffour kämpfte auf der Stadionrunde und gegen Verletzungen.

© Gerhard Pohl

Jennifer Tuffours Karriere indes endete früh. Die Olympischen Spiele 2016 waren nicht nur ihr Traum, sondern durchaus realistisches Ziel. Doch immer wieder streikte der Körper. 2012 wurde sie Zweite bei den Deutschen Hallenmeisterschaften, doch beendeten Rückenprobleme vorzeitig die Saison und die Hoffnung, zur U20-Weltmeisterschaft nach Barcelona zu fahren. Im Sommer 2013 verletzte sie sich nach der Europameisterschaft in Rieti, wo sie zur 4x100-Meter-Staffel gehörte, an der Leiste. „Auf einer Skala von eins bis zehn lag der Schmerzgrad bei 8,5“, erklärt sie in der Rückschau. Ein Dreivierteljahr tourte sie von Arzt zu Arzt. „Bis heute ist keine Ursache gefunden und noch immer sind die Probleme leicht zu spüren, wenn ich Sport mache“, sagt sie. Als sie 2014 mit dem Leistungssport aufhörte, war dies das Resultat einer gereiften Entscheidung. „Ich habe damit meinen Frieden.“ Die Liebe zum Sport ist geblieben.

Fotografie ist ihre Leidenschaft und Profession

Seit einiger Zeit hält sie die emotionalen Momente des Sports mit neuer Leidenschaft und Profession fest. Als Fotografin dokumentiert sie den Spielalltag der Handballer des 1. VfL Potsdam auf den Social-Media-Kanälen des Drittligisten. An der Fachhochschule Potsdam hat sie ein Studium für Kommunikationsdesign begonnen und ihre Freude und Begeisterung für die Fotografie entdeckt. „Ich lasse mich vom Alltag inspirieren, bin bereit zum Beobachten und habe immer den Blick für das Jetzt“, sagt sie. Ob Sportfotografie, Mode, Events, Natur – sie sei noch nicht festgelegt auf ein bestimmtes Genre. „Ich bin ja noch am Anfang und möchte viel ausprobieren. Wenn sich etwas gut für mich anfühlt, bin ich dabei“, sagt sie. Immerhin: Eine Marketingagentur aus Fürth – junge, kreative Leute – ist bereits auf sie aufmerksam geworden und hat für erste Aufträge angefragt.

„Der Sport“, sagt Jennifer Tuffour, „hat mein jetziges Leben bereichert. Ich habe gelernt, mit Zeit- und Leistungsdruck umzugehen.“ Sie habe den leistungssportlichen Lebensabschnitt in vollen Zügen genossen, „den ich immer wieder machen würde“, sagt sie. Jetzt stehe sie vor einem „anderen, tollen Werdegang“. Und für den möchte sie ihre ganz persönliche Wegbeschreibung kreieren. Gerade die Fülle, die die Social-Media-Welt auch an Fotografien schafft, könne schnell dazu verleiten, „zu machen, was andere machen“, sagt Jennifer Tuffour. „Aber es ist wichtig sich eigenen Ziele zu setzten um nicht auf Ziele einer anderen angewiesen zu sein.“

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