zum Hauptinhalt
Das Ziel im Visier. Bereits 2016 startete Christian Zillekens (r.) bei Olympia - nächstes Jahr möchte er wieder dabei sein.

© Tamas Kovacs/dpa

Moderner Fünfkampf in Potsdam: Reif für die absolute Weltspitze

Potsdams Fünfkämpfer haben eine beachtliche Entwicklung genommen. Sie etablieren sich international unter den Besten – auch dank viel Teamgeist in ihrer Einzelsportart. Vor allem glänzt derzeit Christian Zillekens, der sich aus einem tiefen Loch gekämpft hat.

Von Tobias Gutsche

Potsdam - Zwölf Jahre sind im Sport eine lang Zeit. Es entspricht momentan dem halben Leben von Christian Zillekens. Nach dieser ausgedehnten Spanne hat der Fünfkämpfer des OSC Potsdam nun eine Durststrecke deutscher Pentathlon-Männer beendet. Am Wochenende gewann er in Ungarn einen Weltcup-Einzelwettbewerb, was aus nationaler Sicht zuletzt dem Ex-Weltmeister Eric Walther 2007 gelungen war. Und für Fünfkampf-Potsdam bedeutet es sogar ein Novum. „Einen Weltcup-Sieg hatten wir noch nicht“, sagt Claudia Adermann. „Aber wir haben uns schrittweise dem genähert“, erklärt die Potsdamer Cheftrainerin, deren Stützpunkt in jüngerer Vergangenheit die wohl stärkste Entwicklung aller in Brandenburgs Hauptstadt beheimateten Leistungszentren genommen hat.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Derzeit läuft es so gut wie in noch keiner anderen Saison. Nach drei Weltcups können Christian Zillekens sowie seine OSC-Kollegen Fabian Liebig, Marvin Dogue und Patrick Dogue in der internationalen Wettkampfserie bereits zwei Podestplätze und drei weitere Resultate unter den Top 10 vorweisen. Gerade im Laser-Run, der abschließenden Kombination aus Schießen und Laufen, bestimmen sie das Weltklasse-Niveau maßgeblich mit. Dass Patrick Dogue in Ungarn Zehnter wurde, quittierte er mit einer Entschuldigungsnachricht an Coach Adermann. „Er meinte augenzwinkernd, ihm tue es wirklich leid, dass er unseren Schnitt runter ziehe. Er hat auch gleich versprochen, dass er nächstes Mal weiter vorne landet“, erzählt Adermann und lacht.

Olympiamedaille ist das Ziel für Potsdams Pentathlon-Stützpunkt

Als Scherz verpackt ist dies der Ausdruck eines beachtlichen Selbstverständnisses, Zeichen der gestiegenen Ansprüche. Daher sagt auch die Trainerin mit Blick auf die diesjährigen Europa- und Weltmeisterschaften sowie Olympia 2020 in Tokio: „Wir erreichen langsam die Reife, um bei den großen Einzelentscheidungen Medaillen zu holen. Das ist vor allem für die Sommerspiele nächstes Jahr unser klares Ziel.“ Die bisher besten Potsdamer Pentathlon-Erfolge bei den Erwachsenen sind EM-Bronze 2012 durch Stefan Köllner, Rang sechs bei Olympia 2016 von Patrick Dogue und der vierte Platz seines Bruders Marvin ein Jahr später bei der WM – hinzu kommt mehrfach internationales Edelmetall (darunter Gold) in Staffeln und Teamwertungen.

Christian Zillekens: Ein Olympionike meldet sich zurück

Um die aktuell glänzende Generation, zu der auch die Frauen Janine Kohlmann und Anna Matthes gehören, an die Weltspitze zu führen, nahm Claudia Adermann zwischenzeitliche Probleme in Kauf. 2018 wurde hauptsächlich das Trainingsaugenmerk auf die Athletik gelegt. Fitness-Grundlagen schaffen. Dadurch kamen aber technische Belange zu kurz. Die Folge: „Vorige Saison lief es nicht optimal. Gerade bei der WM hat es nicht mit den Top-Platzierungen im Einzel geklappt“, sagt Adermann und erinnert sich: „Da ist der eine oder andere bei uns und in unserem Umfeld ein wenig nervös geworden.“ Doch zeige sich im vorolympischen Jahr, in dem der Trainingsprozess wieder ausgewogener ist, „dass wir genau den richtigen Weg gegangen sind. Unsere Athleten sind herausragend fit“.

Insbesondere Christian Zillekens. Der Olympionike legt ein beachtliches Comeback hin. Nachdem er sich 2016 trotz eines Mittelfußbruches im Saisonverlauf für die Sommerspiele in Rio qualifiziert hatte und dort 21. wurde, folgten zwei schwierige Jahre. Er begann seine Ausbildung zum Sportassistenten, die ihn aus den bis dato gewohnten Abläufen an der Sportschule riss, viel Zeit und Energie abverlangte. „Zille ist ein Typ, für den Regeneration ganz entscheidend ist. Die fehlte ihm dann – das war deutlich zu merken“, erklärt seine Trainerin. 2017 konnte der frühere Jugend-Weltmeister durch WM-Staffel-Silber noch halbwegs versöhnlich gestalten, ehe das Jahr darauf völlig missriet. „Eigentlich war die Form okay, aber der Kopf wurde ein Problem. Auch weil er Pech hatte.“ Allein bei drei Wettkämpfen kassierte der aus Nordrhein-Westfalen stammende Sportler null Punkte beim Reiten, weil das zugeloste Pferd schwer zu beherrschen war. „Solche Dämpfer verunsichern natürlich.“

"Die Jungs pushen sich und stehen zusammen"

Bis auf Platz 181 der Weltrangliste fiel Christian Zillekens zurück. Das einstige Spitzentalent fand sich unter ferner liefen wieder. Claudia Adermann musste mentale Aufbauarbeit leisten, den Glauben an die eigene Stärke fördern. Und dann: „Ich konnte endlich zeigen, dass ich noch da bin“, sagte Zillekens Anfang April erleichtert, als er sich mit dem vierten Rang beim Weltcup in Sofia eindrucksvoll zurückmeldete. Nun gar der historische Triumph. „Plötzlich klappt es ideal“, meint Claudia Adermann. Wichtiger Faktor dabei sei, dass ihr Schützling inzwischen die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hat. Der OSC-Pentathlet gehört jetzt der Brandenburger Feuerwehr-Sportfördergruppe an, ist nach den anfänglichen Grundlehrgängen weitestgehend für das Training freigestellt. „Er kann wieder genau so regenerieren, wie er es braucht.“

Erholung ist bei Potsdams Fünfkampf-Gilde auch dringend notwendig. Jede Trainingseinheit, bekräftigt Adermann, werde von ihren Sportlern diszipliniert und energisch durchgezogen. Alle wissen: Bei Olympia stehen einer Nation maximal nur zwei Startplätze zur Verfügung – entsprechend groß ist die Konkurrenzsituation am Luftschiffhafen, wo vier der sechs deutschen Top-Team-Herren ansässig sind. Was die Trainerin dabei bewundert: „Die Jungs pushen sich und stehen zusammen. Ärger gibt es nicht, sondern sie unterstützen sich, so gut es geht.“ Eine wahre Mannschaft innerhalb einer Einzelsportart – das verschafft Potenzial für weitere Entwicklungsschritte.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false