zum Hauptinhalt
Ein letztes Mal als Dirigent vor heimischer Kulisse. Auch in seinem letzten Heimspiel als Trainer des 1. FFC Turbine Potsdam agierte Bernd Schröder in der Coachingzone leidenschaftlich wie in den 45 Jahren zuvor.

©  Matthias Koch

Letztes Heimspiel für Bernd Schröder: Turbine beschenkt seinen Trainer

Einen besseren Abschluss im Karl-Liebknecht-Stadion hätten die Spielerinnen des Frauenfußball-Bundesligisten Turbine Potsdam ihrem Coach Bernd Schröder nicht bereiten können. Im letzten Heimspiel Schröders gewinnt Turbine 4:0 gegen den VfL Wolfsburg.

Potsdam - Er wollte keine Blumen, keine Geschenke oder Abschiedsworte vor dem Spiel. Danach sei immer noch ausreichend Zeit für irgendwelche Zeremonien. Auch wenn es sein letztes Heimspiel war. Nach 45 Jahren. Bernd Schröder, Cheftrainer des 1. FFC Turbine Potsdam, blieb sich auch bei seinem finalen Auftritt vor seinen Fans und Weggefährten treu. Alle Aufmerksamkeit sollte dem Spiel seiner Mannschaft gelten, erst recht bei dem hochklassigen Gegner: Champions League- und DFB-Pokalfinalist VfL Wolfsburg war am gestrigen Sonntagnachmittag im Karl-Liebknecht-Stadion zu Gast. Dass seine Spielerinnen sich nicht an die Vorgabe hielten, wird der sonst so strenge Trainer ihnen nicht übelgenommen haben. Mit einem beeindruckenden 4:0 (1:0)-Sieg bereitete die Mannschaft ihrem Coach auf ihre Art ein Abschiedsgeschenk – von der ersten Spielsekunde an über 90 Minuten attraktiv verpackt und zurechtgeschnürt.

Spiel und Ergebnis waren ein Spiegelbild der erfolgreichen Turbine-Zeiten, in denen mit Leidenschaft und Herz nationale und internationale Titel und Pokale gewonnen wurden. Trotz sommerlicher Temperaturen ackerte die Turbine-Elf bis zum Umfallen. Genauso hatte es TV-Kommentator Dirk Thiele vor dem Anpfiff gefordert, als er das Mikrofon in die Hand genommen und Schröders Botschaft überbracht hatte, mit jedweder Ehrung doch bis nach dem Spiel zu warten. „Gebt alles“, appellierte Thiele an die Spielerinnen, „kriecht auf allen Vieren. Das seid ihr eurem scheidenden Trainer schuldig.“

"Ich habe vollstes Vertrauen in das Trainerteam und den Vorstand"

Eine, die das besonders beherzigte, war Svenja Huth. Die Angreiferin avancierte zur Turbine im eigentlichen Wortsinn: Sie lief auf Hochtouren. Sie kämpfte, dribbelte und schoss und belohnte sich in der 27. Minute mit dem 1:0. „Wir waren heute von der ersten Sekunde an mit Leidenschaft auf dem Platz“, sagte Huth nach der Partie. „Wir wollten Herrn Schröder unbedingt einen tollen Abschied bereiten. Irgendwie war das wie ein Kick, der uns nach vorne getrieben hat.“ Ihr Blick ging aber auch voraus: „Wir müssen solche Spiele und Erlebnisse mit in die nächste Saison nehmen, denn sie zeigen uns, dass wir nicht schlechter sind als die Top-Teams der Liga.“ Tatsächlich zeigte die Turbine-Mannschaft – wie schon beim 5:2-Hinrundensieg in Wolfsburg –, welches Format sie hat und dass ihr der achte Tabellenplatz einen Spieltag vor Saisonschluss alles andere als gerecht wird.

Schröder hat das gestrige Spiel mit der missratenen Spielzeit versöhnt. „Was wir in dieser Saison erlebt haben, hat uns schwer getroffen, aber bei so einem Ergebnis und Erlebnis wie heute kann man nur zufrieden sein“, sagte er im Jubel des Erfolges, der nach weiteren Toren von Laura Lindner und Felicitas Rauch perfekt war und den Turbine-Torhüterin Lisa Schmitz mit sensationellen Paraden auch in dieser Höhe sicherte. Insofern nahm Schröder den furiosen Auftritt seiner Truppe nicht nur als Abschiedsgeschenk und als Déjà-vu glanzvoller Auftritte, sondern auch als Versprechen für die Zukunft. „Unser Verein wird eine sehr gute neue Mannschaft haben. Viele junge Spielerinnen werden kommen. Ich habe vollstes Vertrauen in das Trainerteam und den Vorstand.“

Noch ein letztes Spiel in Bremen - und dann ist Schluss

Er habe so geräuschlos gehen wollen, wie er vor 45 Jahren begonnen habe, hatte Schröder immer wieder betont. „Das geht natürlich nicht“, wurde ihm am gestrigen Nachmittag klar. Auf der Tribüne hielten die Fans nachgebastelte Pokale in die Höhe, ein übergroßes Banner mit Schröder-Porträt umspannte einen Teil der Gegengerade. Die aktuellen Spielerinnen trugen nach dem Spiel ein Spruchband vor sich her: „Danke Schrödi!“ Und Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hielt ihm einen Stift entgegen, sodass sich der Trainer im Goldenen Buch der Stadt verewigen konnte. „Du hast dich in die Geschichte des Frauenfußballs, des Fußballs überhaupt, eingetragen“, würdigte Jakobs in seiner direkten Ansprache die Verdienste des 73-jährigen Trainers. Jakobs nannte Schröder einen unersetzlichen Botschafter des Sports der Landeshauptstadt Potsdam.

Am kommenden Wochenende betreut Schröder zum Saisonfinale in Bremen das Team ein letztes Mal. Dann ist Schluss. „Ich werde erstmal nicht da sein“, verkündete er gestern den 3820 Zuschauern im Karl-Liebknecht-Stadion. Nach 45 Jahren intensiven Trainer-Jahren brauche er etwas Erholung. VfL-Trainer Ralf Kellermann habe ihm ein nettes Angebot gemacht, verriet Schröder. Er solle doch mal vorbeikommen. „Vielleicht mache ich das“, sagte er, „und fahre mal nach Wolfsburg.“

Turbine: Schmitz - Siwinska, Elsig, Draws, Meister - Rauch, Kellond-Knight, Wälti, Kemme - Huth, Mauro (46. Lindner)

Zur Startseite