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Für jeden Läufer, der wie hier beim Potsdamer Schlösserlauf ins Ziel kommt, muss der Veranstalter künftig 50 Cent zahlen.

© PNN-Archiv

Laufen in Brandenburg: Straßenlauf-Maut: Im Ziel gibt’s die Quittung

Laufveranstalter sollen für jeden Finisher 50 Cent an den Leichtathletikverband zahlen. Immerhin, zunächst sollte es sogar ein Euro sein. Doch wofür dient die Gebühr?

Potsdam - Manche Läufer erwarten sie sehnsüchtig wie Kinder den Weihnachtskalender: Die jährliche Terminübersicht mit den angemeldeten Volksläufen für das kommende Jahr, nach der Training, Wettkämpfe und sogar Urlaube geplant werden. 134 Veranstaltungen waren es im laufenden Jahr für das Land Brandenburg, für 2016 müssen die geplanten Events in den kommenden Wochen angemeldet werden. Bis vor Kurzem war ein deutlicher Rückgang an Volksläufen propagiert worden, der „Tod der kleinen Läufe“ wurde prophezeit, weil für jeden Teilnehmer im Ziel vom Veranstalter ein Euro an den Deutschen Leichtathletikverband (DLV) abgeführt werden sollte. Nach Proteststürmen in ganz Deutschland wurde nun ein vermeintlicher Kompromiss gefunden: 50 Cent soll die Straßenlauf-Maut kosten.

Höhere Kosten für Laufveranstalter in Brandenburg

Für jeden Läufer, der älter ist als 18 und bei einem angemeldeten Volkslauf ins Ziel kommt, wird ein halber Euro fällig – egal ob auf der Straße oder als Cross. So richtig begründen können die Funktionäre und Kassenwarte des DLV die Maut allerdings nicht. Thomas Lenk, Vize-Präsident Laufen beim Leichtathletik-Verband Brandenburg, bewertet die Abgabe durchaus kritisch, weil er eben genau die Gefahr sieht, dass kleine Läufe buchstäblich auf der Strecke bleiben. „Für 90 Prozent der Laufveranstalter in Brandenburg entstehen höhere Kosten“, sagt er. Bislang mussten für Events in Brandenburg pauschal 25 Euro an den Verband abgeführt werden. Doch sieht Lenk auch die Chance, mit den Mehreinnahmen den Laufsport in der Mark zu fördern. 40 Cent der Gebühr bleiben beim Landesverband, zehn Cent fließen an den DLV. „Bislang gingen die 25 Euro je Lauf direkt in den Verbandshaushalt“, sagt Lenk. Künftig könnten mit den Gebühren Veranstaltungen wie der Brandenburg-Cup unterstützt oder auch Schulungen für Lautreffleiter finanziert werden. „Ich bin für Ideen und Vorschläge offen“, sagt Lenk.

Nach wie vor skeptisch wird die Maut von Veranstaltern – egal ob kleinerer oder größerer Läufe – betrachtet. „Ich finde es zwiespältig“, meint Hans-Dieter Gotter, der den Potsdamer Herbstlauf organisiert. Der Crosslauf am Forsthaus Templin zählte im vergangenen Jahr 400 Teilnehmer, darunter 100 Kinder. 150 Euro müsste Gotter künftig an Gebühren zahlen. „Ich habe gar keine andere Chance, als die Startgelder zu erhöhen oder an anderer Stelle zu sparen“, sagt Gotter. Und Letzteres bedeute immer einen Qualitätsverlust. Dabei versucht gerade er, den Herbstlauf als Familienevent attraktiv zu machen – mit kostenlosen Starts für Kinder, guter Moderation und Livemusik. „Wir versuchen mit unserem Programm, vor allem Kinder fürs Laufen zu begeistern“, sagt Gotter. Daher würde er es begrüßen, wenn der Verband mit der eingenommenen Volkslauf-Maut künftig mehr den Kinder- und Jugendsport, Übungsleiter, Trainings- und Wettkampffahrten unterstützen würde.

Gegenleistung für die Gebühr?

Davon allerdings hat Anne Pichler bislang wenig gehört. „Mir konnte noch keiner erklären, was die wirkliche Gegenleistung für die Gebühr ist“, sagt die Geschäftsführerin des Potsdamer Stadtsportbundes. Der organisiert den Potsdamer rbb-Drittelmarathon und den Schlösserlauf als die größten Straßenläufe in Brandenburg – mit jeweils mehreren tausend Teilnehmern. Tatsächlich gibt es noch keine offiziellen Erklärungen des DLV, wofür die Mauteinnahmen verwendet werden sollen. Allenfalls von einer deutschlandweiten Bestenliste ist die Rede.

rbb- Drittelmarathon und Schlösserlauf sind die beiden einzigen Läufe, für die bisher keine Pauschale, sondern 25 Cent je Finisher an den Verband gezahlt wurden. Ab 2016 schlägt das Doppelte zu Buche. „Wir werden sehen, wie wir das finanzieren können“, sagt Anne Pichler, die höhere Startgebühren ausschließt. Angemeldet sind die beiden Events jedenfalls. Ob das für alle Veranstaltungen gilt, bleibt abzuwarten. Pichler jedenfalls fürchtet, dass Veranstalter kleinerer Läufe diese künftig gar nicht mehr melden, um die Gebühr zu sparen. Streit ist vorprogrammiert: „Stoppt die Lauf-Maut“ heißt eine bundesweite Initiative gegen die Gebühr, während der Verband notfalls diese auch einklagen möchte.

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