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Historisch. Lucas Schönebeck erzielte Werders erstes Drittligator.

©  Julius Frick

HV Grün-Weiß Werder: Zwei blauäugige Phasen der Grün-Weißen

Werders Handballer legen eine ordentliche Drittligapremiere hin, verlieren letztlich aber mit 22:28 gegen die SG Flensburg-Handewitt II. Bei der ersten Saisonpartie wird auch gleich das wohl größte Defizit des Teams aus der Blütenstadt deutlich.

Von Tobias Gutsche

Lucas Schönebeck und Christoph Drescher sicherten sich die Einträge ins Geschichtsbuch des Handballvereins Grün-Weiß Werder. Sie sorgten am Samstagabend beim Heimspiel gegen die SG Flensburg-Handewitt II für den ersten Treffer der Werderaner in der 3. Liga (1:1/5. Minute) beziehungsweise deren erstes Führungstor in dieser für den Club gänzlich neuen Spielklasse (4:3/12. Minute). Zwei Ereignisse, die der Hallensprecher explizit betonte – die rund 200 Zuschauer waren außer sich vor Freude. „Das ist eine nette Randnotiz, wenn man einen historischen Treffer erzielt. Schon cool. Aber letztlich zählt nur das Endresultat – und da hat es für uns leider nicht gereicht“, sagte Drescher nach der Premierenpartie der Grün-Weißen, die mit 22:28 (10:13) verloren ging.

Dennoch hielt sich die Enttäuschung in Grenzen. Schließlich zeigte die Mannschaft von Trainer Silvio Krause eine ordentliche Leistung, aus der auch Mut geschöpft werden kann. „Ich bin wirklich stolz auf mein Team und habe Respekt. Für den Anfang war das ansprechend“, urteilte Krause. Dessen Truppe agierte über weite Strecken des Matches durchaus ebenbürtig mit dem Fünftplatzierten des Vorjahres, sodass auch Gästecoach Till Wiechers befand: „Das war hier kein lockerer Sieg, sondern ein richtiger Fight. Wir waren gefordert.“

Nur drei Trainingseinheiten pro Woche - es fehlt die Ausdauer

Die Flensburger Bundesliga-Reserve meisterte die Aufgabe unter dem Strich dann jedoch souverän, was insbesondere zwei Schwächephasen der Gastgeber geschuldet war. Sowohl Mitte der ersten als auch zweiten Halbzeit traten die Grün-Weißen zu blauäugig auf, leisteten sich viele technische Fehler in der Offensive und gewährten zu große Lücken im Defensivverbund, was jeweils mit einem Lauf von 0:5 Gegentoren eiskalt bestraft wurde. Den ersten Ausreißversuch der Nordlichter (von 7:7 auf 7:12) konterte Werder noch in beeindruckender Manier, schob sich zunächst bis zum Ertönen der Halbzeitsirene auf drei Treffer heran und schaffte nach dem Seitenwechsel sogar den Ausgleich zum 16:16 sowie 17:17. „Und dann war es extrem bitter, dass wir nach so einer heißen Phase wieder den Faden verlieren“, haderte Sechsfachtorschütze Christoph Drescher. Diesmal zog die Nachwuchsriege des Champions-League-Siegers von 2014 auf 17:22 davon. Sich abermals zurückzukämpfen, gelang nicht. „Dafür“, meinte Silvio Krause, „hat uns ganz einfach die Kraft gefehlt.“

Womit das wohl größte Defizit der Blütenstädter benannt wäre: die Ausdauer. „In der Oberliga waren wir den anderen in dieser Hinsicht noch überlegen. Aber in Liga drei sieht das anders aus“, sagte der Trainer und Drescher erklärte: „Der größte Unterschied zwischen den beiden Spielklassen ist das Tempo: In der Oberliga waren es zehn oder zwanzig Minuten auf höchstem Niveau, in der 3. Liga erwarten uns wie heute vierzig oder fünfzig.“ Das gehe gewaltig auf die Pumpe. Und die sei bei seinen Spielern schlichtweg nicht so leistungsstark wie bei der Konkurrenz, gestand Krause: „Wir haben nur drei Mannschaftstrainingseinheiten in der Woche – kein anderer Drittligist wird so wenig machen. Aber wir können zeitlich nicht mehr als das stemmen und müssen nun versuchen, dabei das Optimum rauszuholen.“

Kreisläufer Yannick Schindel verletzt sich gleich beim ersten Angriff

Dass den Grün-Weißen am Samstag zum Ende hin die Luft ausging, wurde obendrein auch noch durch Verletzungsausfälle forciert. Neben einigen Akteuren, die sich in der Vorbereitung Blessuren zuzogen und gegenwärtig pausieren müssen, erwischte es gegen Flensburg noch zwei weitere. Einen der beiden womöglich schwer. Yannick Schindel, Neuzugang vom VfL Potsdam, fiel gleich beim ersten richtigen Werder-Angriff auf seine rechte Schulter. Jene rechte Schulter, in der ihm bereits 2014 mehrere Sehnen abrissen, wodurch der Kreisläufer knapp zehn Monate außer Gefecht gesetzt war. „Wir hoffen, dass es diesmal nicht so schlimm ist“, sagte Krause, der den drittligaerfahrenen Schindel als einen „wichtigen Eckpfeiler“ für das Team eingeplant hat. Der brach in der Auftaktpartie somit frühzeitig weg. Im zweiten Durchgang musste dann auch Kapitän Florian Schugardt passen, nachdem er von einem Knie getroffen wurde und daraufhin starke Schmerzen im Hüftbereich hatte. „Durch das Fehlen der beiden haben uns in der Konsequenz Wechseloptionen gefehlt, um Spieler auch mal zu entlasten.“

Diejenigen, die auf der Platte standen, wussten den Trainer aber zu begeistern. „Die Jungs“, lobte Krause, „haben nie aufgesteckt und immer weiter Vollgas gegeben.“ Das wurde auch von den Fans honoriert – hervorragend war die Stimmung, von Anfang bis Ende. „Das ist doch das beste Zeugnis für eine Mannschaft“, meinte der Coach und forderte von seinem Team, die gezeigte Leidenschaft so auch weiterhin an den Tag zu legen. Dann wird der Eintrag ins Vereinsgeschichtsbuch für den ersten Drittligasieg auch nur eine Frage der Zeit sein. 

Werder: Lessig, Göres, Petsch – Lemaitre, Frank (1), Schugardt (1), Drescher (6), Huntz (8), Bruck (2), Nehls, Boede, Schönebeck (4), Schütz, Schindel

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