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Bald nicht mehr gemeinsam auf der Bühne? Eine Ligareform könnte die Wege von Potsdam und Schwedt trennen.

© Matthias Schütt

Gewichtheben beim AC Potsdam: Zwischen Rückkehr und Abschied

Nach dreijähriger Verletzungspause trat Gewichtheber Sebastian Schiweck wieder für den AC Potsdam auf die Bühne. In der ersten Liga halten sein Club und Schwedt die Fahnen von Brandenburg, einem Land mit Heber-Tradition, hoch – noch.

Potsdam - Die lange Wartezeit war vorbei. Nach fast drei Jahren verletzungsbedingter Zwangspause konnte Gewichtheber Sebastian Schiweck endlich einen Erstliga-Wettkampf für den AC Potsdam vor eigener Kulisse bestreiten. Am Samstag gab er im Brandenburger Derby gegen den TSV Blau-Weiß 65 Schwedt sein Heimdebüt im deutschen Gewichtheber-Oberhaus. Ein kurzer Gang die Stufen hoch auf die Bühne, tosender Applaus, ein Wink Richtung Publikum, Konzentration, die Last in die Höhe stemmen, kurz halten, fallen lassen und die Hand freudig zu einer Faust geballt. Er genoss den Auftritt oben im Lichtkegel der Scheinwerfer. „Es war ein Mix aus Demut, Freude, aber auch Respekt dabei“, sagte Sebastian Schiweck nach dem Kräftemessen.

Potsdam hat kaum Chance auf Qualifikation für reformierte erste Liga

Der 33-Jährige bewies: Die explosiven Bewegungen in den beiden Teildisziplinen Reißen und Stoßen hat er immer noch drauf. Ein Riss der linken Achillessehne war schuld an seiner Pause von rund 36 Monaten. Nach dem langersehnten Aufstieg seines Vereins in Liga eins 2016 war Sebastian Schiweck zum Zuschauen gezwungen. Jetzt hat sich der 61-Kilogramm-Athlet zurückgekämpft. Seine Erstligapremiere gab er bereits vor zwei Wochen beim Gastspiel in Chemnitz. „Es war schon etwas Besonderes, zu Hause zu starten. Aufgeregt war ich aber nicht“, erklärte der Potsdamer, der 81 Punkte für das Endresultat dazu steuerte. Insgesamt holten die sechs ACP-Aktiven 515,4 Zähler am vierten von sieben Wettkampftagen. Die Gäste aus Schwedt kamen auf 654,2 Punkte und siegten damit deutlich. „Wir haben uns als Team trotz einiger Ausfälle stabilisiert, in den Einzelleistungen gute Werte geholt und den Zuschauern einen spannenden Wettkampf geboten“, bilanzierte ACP-Trainer Andreas Anker. „Die Schwedter sind ihrer Favoritenrolle einfach gerecht geworden. Mehr als etwas den Gegner zu ärgern, war nicht möglich.“

Wieder fit. Sebastian Schiweck hat seinen Achillessehnenriss überstanden.
Wieder fit. Sebastian Schiweck hat seinen Achillessehnenriss überstanden.

© Matthias Schütt

Womöglich war es das vorerst letzte Brandenburger Duell zwischen beiden Vereinen in der Erstklassigkeit. Die höchste deutsche Heberklasse wird zur nächsten Saison reformiert. Aus den aktuell zwei Staffeln, die in Ost und West mit 17 Mannschaften eingeteilt sind, soll eine eingleisige Liga geschaffen werden. „Das soll sportlich einen höheren Stellenwert haben und für mehr Öffentlichkeit sorgen“, erklärte der ACP-Coach. Dafür qualifizieren sich neun Teams, die diese Saison die besten Punktdurchschnittswerte aus ihren fünf stärksten Wettkämpfen vorweisen können. In diesem Tableau, das alle derzeitigen 30 Erst- und Zweitligisten beinhaltet, rangiert der ACP aktuell mit 541,2 Zählern nur auf Platz 19. Spitzenreiter AC Mutterstadt aus Rheinland-Pfalz hat fast 870 Punkte auf dem Konto und Schwedt nimmt die neuralgische neunte Position ein (698). „Sollte nichts Außergewöhnliches passieren, ist das für uns jetzt nach drei Jahren eine vorläufige Abschiedstour aus Liga eins“, meinte Andreas Anker, der für 2019/20 mit der Teilnahme an einer der fünf Zweitligastaffeln plant. „Wir werden weiter unserer Vereinsphilosophie treu bleiben und keine finanziellen Zukäufe wie bei anderen Clubs tätigen.“ Beim ACP will man vielmehr über solide Jugendarbeit zum Erfolg kommen.

Talentelieferant für den Bundesstützpunkt in Frankfurt (Oder)

Das weiß Roland Taubert zu schätzen. Er ist Vizepräsident des Brandenburgischen Gewichtheber- und Fitnessverbands und schaute sich am Samstag das Derby in Potsdam-West an. 2017 war der AC Potsdam aus dem altehrwürdigen Keller des Brauhausberg-Bades in ein Gebäude an der Haeckelstraße gezogen. „Eine schöne Einrichtung wurde hier geschaffen“, sagte Roland Taubert, dessen Sportart eine lange und erfolgreiche Tradition in Brandenburg hat. Das märkische Leistungssportherz des Gewichthebens schlägt in Frankfurt (Oder). Der dortige Bundesstützpunkt besteht seit vielen Jahren und erhielt unlängst seine weitere Anerkennung bis 2020. An der deutsch-polnischen Grenze reifte etwa Ronny Weller zu einem Weltklasse-Heber – er holte bei Olympia einmal Gold, zweimal Silber und einmal Bronze. Im hochklassigen Ligabetrieb halten derweil die Clubs aus Schwedt und Potsdam Brandenburgs Fahnen hoch. Sie sind federführend für Landesstützpunkte, liefern Talente nach Frankfurt und treten bei den Mannschaftskämpfen oft mit Athleten aus der Oderstadt an.

Reizvoll sind daher die Derbys, betonte Roland Taubert. „Ob oder in welcher Liga sie ab kommender Saison stattfinden, muss man abwarten“, sagte der Funktionär. Für Sebastian Schiweck ist die Ligazugehörigkeit letztlich egal. „Es war schon ein geiles Gefühl vor den Leuten“, sagte der Routinier des AC Potsdam über sein Comeback. „Ich bin froh, jetzt einfach dabei sein zu können.“ Zurück auf der Heberbühne. (mit tog)

Matthias Schütt

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