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Silvio Krause findet den richtigen Ton. Der Trainer des Handball-Oberligisten HV Grün-Weiß Werder hat gemeinsam mit seinem Assistenz-Coach Max Ziegler eine schlagfertige Truppe geformt. Im Deutschen Amateurpokal träumen die Werderaner sogar von der Finalteilnahme in der Hamburger „O2 World“.

©  Julius Frick

Sport: Gegenseitige Entwicklungshilfe

Werders Handballverein kooperiert mit dem Drittligisten VfL Potsdam und eilt von Erfolg zu Erfolg. Am Sonntag treten die Blütenstädter im Viertelfinalturnier des Deutschen Amateurpokals an

Von Tobias Gutsche

Alt gegen Jung, der Klassiker für Trainingsspiele gehört auch bei den Handballern des HV Grün-Weiß Werder zum Inventar. Trainer Silvio Krause sitzt entspannt Kaugummi kauend auf einer Turnbank am Seitenrand und schaut amüsiert zu, wie seine Männer zur Erwärmung den Fußball durch die Havelauenhalle treiben. „Wenn man die Teams nach Alter teilt, ist das immer eine Frage der Ehre, da will sich keiner die Blöße geben“, erzählt Krause und lehnt sich mit dem Rücken an die Wand.

Während auf dem Feld der Kampf der Generationen tobt, berichtet der Coach in ruhigem Tonfall und großer Zufriedenheit über seine Mannschaft. „Das macht einen stolz, wenn man sieht, was hier in den vergangenen Jahren erschaffen wurde.“ Der Handball-Standort Werder hat sich gemacht, inzwischen spielt der Verein in der Oberliga Ostsee-Spree – der vierthöchsten Spielklasse in Deutschland. Der aktuelle Tabellenrang vier ist im zweiten Jahr der Ligazugehörigkeit nur ein Beleg für die erfolgreiche Arbeit. „Zudem haben wir in dieser Saison bereits Geschichte geschrieben“, fügt Silvio Krause hinzu und spielt damit auf den erstmaligen Triumph im brandenburgischen Landespokal an.

Wie viel Tinte noch im Tank steckt, um die Geschichtsschreibung weiter fortzuführen, wird sich am kommenden Sonntag zeigen. Dann reisen die Werderaner ins hessische Langgöns-Oberkleen zu einem der vier Viertelfinalturniere im Deutschen Amateurpokal. Als amtierender Pokal-Champion Brandenburgs haben sich die Blütenstädter für diesen neuen Wettbewerb qualifiziert. Nachdem in der Zwischenrunde der Berliner Titelträger SG OSC Schöneberg-Friedenau ausgeschaltet wurde, folgt nun die nächste Phase mit dem Turnier gegen Hessens und Sachsens Pokalsieger.

„Wir fahren mit der Einstellung dorthin, gewinnen zu wollen. Aber wir wissen auch, dass dies verdammt schwer wird. Zwei Spiele an einem Tag sind wir nicht gewohnt, da wird es auf den unbedingten Willen und die Tagesform ankommen“, vermutet Rückraumspieler Sascha Klimczak. Der Fußball-Kick zur Erwärmung hat seine Wirkung bei ihm nicht verfehlt. Klimczak ist auf Betriebstemperatur, wischt sich den Schweiß aus dem geröteten Gesicht und nimmt einen Schluck aus der Wasserflasche. Der 31-Jährige ist der Älteste im Team, ein Antreiber und Leitwolf, der Spielmacher und Strippenzieher. Damit nimmt er eine besondere Rolle innerhalb der Truppe ein – denn diese ist vor allem eines: jung.

„Das ist auch eine unserer großen Stärken. Die Jungs sind laufstark, zerreißen sich auf dem Feld und sind hungrig auf Erfolg“, meint Silvio Krause, der keinen Hehl daraus macht, dass der gegenwärtige Aufwärtstrend des Klubs vor allem auf die enge Kooperation mit dem Drittligisten VfL Potsdam zurückzuführen ist. Neun VfL-Talente wurden zu Beginn der neuen Saison in die Nachbarstadt entsandt und dort integriert. Hauptsächlich sind es Akteure, die zuletzt noch in der A-Jugend-Bundesliga spielten und nun die ersten Gehversuche im Erwachsenenbereich machen. „Die Leistungskluft zwischen Jugend und dritter Liga ist riesig, diesen Sprung schaffen nicht alle. Daher geben wir den Talenten Spielpraxis, hier können sie sich in Ruhe weiterentwickeln – mit dem Ziel, ihnen dann wieder den Schritt zu höheren Aufgaben beim VfL zu ermöglichen“, erläutert der Coach.  

Auch Werders Vereinspräsident Norbert Jäger zeigt sich begeistert von der Partnerschaft: „Von diesem Modell profitieren mehrere Parteien: Die Sportschule, die einige unserer Spieler noch besuchen, der VfL und wir als Klub.“ Eine Win-win-win-Situation also. Dass die Grün-Weißen in den kommenden Jahren sogar noch eine Liga weiter nach oben klettern, möchte Jäger nicht kategorisch ausschließen. Allerdings würde dies von mehreren Faktoren neben der sportlichen Leistung abhängig sein. „Wirtschaftlich müssten wir dann ganz andere Rahmenbedingungen schaffen. Und vor allem müsste der VfL wieder in die 2. Bundesliga aufsteigen.“ Denn die Kooperation zwischen zwei Ligakonkurrenten ließe sich wohl kaum sinnvoll realisieren.

Aber all das lässt sich derzeit noch im Ordner für Zukunftsvisionen abheften. In der Gegenwart beschäftigt man sich vielmehr mit dem Pokalturnier am Sonntag. Gegner sind Sachsenliga-Tabellenführer SV 04 Plauen-Oberlosa (fünfte Liga) und Hessen-Oberligist SG Kleenheim. Der Sieger dieses Dreiervergleichs gastiert Mitte März zum Halbfinalspiel beim Vertreter Bayerns oder Baden-Württembergs. Als lukrativer Höhepunkt des Deutschen Amateurpokals winkt schließlich das Finale am 10. Mai vor bis zu 13 000 Zuschauern in der Hamburger O2 World, wo die Partie in das Finalturnier des DHB-Pokals eingebettet wird. Davon zu träumen, sei in Werder nicht verboten, versichert Silvio Krause: „Wenn man das als Sportler nicht macht, läuft irgendetwas falsch.“

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