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Ihn hatte es im Saisonverlauf auch erwischt. RSV-Flügelspieler David Herwig musste wegen eines Bänderanrisses vier Wochen pausieren.

© Benjamin Feller

Sport: Gebeutelte Korbjäger

Verletzungsmisere und Tabellenletzter: Die RSV-Basketballer starten mit reichlich Sorgen ins neue Jahr

Von Tobias Gutsche

Beim Blick auf die Tabelle der 2. Basketball-Bundesliga Pro B Nord musste man sich Anfang des Jahres 2014 verwundert die Augen reiben. Der RSV Eintracht Stahnsdorf, dieser mit bescheidenen Mitteln arbeitende Verein aus Brandenburg, thronte damals vollkommen überraschend an der Spitze. Zwölf Monate später stehen die RSV-Basketballer am Ende des Klassements. „Die tabellarische Situation macht mir aber weniger Sorgen, sondern vielmehr unser großes Lazarett“, sagt Trainer Peter Günschel und liefert damit zugleich den entscheidenden Erklärungsansatz für die sportliche Misere.

„Eine derartige Verletzungsserie habe ich in meinen 15 Jahren als Coach noch nicht erlebt“, resümiert Günschel, der beim Auswärtsspiel gegen die Rostock Seawolves am heutigen Samstag (19.30 Uhr) auf vier angeschlagene Leistungsträger verzichten muss: Travis Smith, Colin Craven, Thomas Schoeps und Lukas Weibel. Günschel klingt frustriert, wenn er über das gesundheitliche Pech, das seinem Team in der aktuellen Saison wie eine Klette anhaftet, spricht. Die Geschichte jeder einzelnen Blessur kann er erzählen: mit Namen des Spielers, Art der Verletzung, Datum des Unglückstages. „Die Mannschaft ist extrem gebeutelt. Zu keinem Zeitpunkt konnten wir bislang einen Rhythmus aufbauen.“

Fünf Siege hat die Eintracht nach 14 Spieltagen auf der Habenseite. Zuletzt setzte es vier Niederlagen in Serie, wobei ein Dominoeffekt zu erkennen war, wie der 34-Jährige meint. Je dünner der Kader bei einer Partie besetzt ist, desto länger muss jeder Spieler auf dem Parkett stehen. Regenerationspausen sind rar gesät, eine Überlastung und damit die nächste Verletzung drohen. Ein Teufelskreis. „Wir sind ein Amateur-Team und treten meistens gegen professionelle Truppen an. Um die ganz große Qualität zu kaufen, fehlt uns das Geld“, sagt Günschel. „Wir müssen stattdessen auf junge und dynamische Spieler setzen, die viel Intensität auf das Feld bringen.“

Diese aufwendige Spielweise lässt sich aber eben nur mit einem Kader erfolgreich praktizieren, der ausreichend groß ist. Wie sich die schwindende Kraft und Konzentration auf die Leistung des RSV auswirken, lässt sich an den Teamstatistiken ablesen. Sowohl in der Offensive als auch in der Defensive zollt das Günschel-Team der angespannten Personallage und dem physisch anspruchsvollen Spiel Tribut. Mit nur 40,2 Prozent verwandelter Versuche ist die Eintracht der schwächste Klub der Liga in Sachen Wurfquote, lediglich 35,1 Rebounds werden durchschnittlich pro Partie gewonnen – einzig die BSW Sixers aus Sachsen-Anhalt (34,9) offenbaren bei Abprallern vom Brett oder Ring noch weniger Durchsetzungsvermögen. Zudem begeht der RSV 24,5 Fouls im Schnitt – mit Abstand die meisten.Jammern möchte Günschel ob der Misere nicht. Seinem Team Vorwürfe machen auch nicht. Im Gegenteil: „Wir haben mehr Siege auf dem Konto, als ich unter diesen Umständen erwartet habe“, bemerkt der Coach. „Wir spielen teilweise besser als letztes Jahr, als wir den Einzug ins Play-off-Viertelfinale erreicht haben. Unser Kader ist stärker geworden, wir haben uns weiterentwickelt, doch durch die vielen Verletzungen werden wir immer wieder zurückgeworfen.“

Auch wenn das Tabellenbild auf den ersten Blick düster wirkt, hoffnungslos ist die Lage keinesfalls. Nur zwei Punkte trennen den RSV Eintracht von Platz acht, der die Qualifikation für die Playoff-Runde bedeutet. Abstiegsängste gibt es daher noch lange nicht. Um das ramponierte Selbstvertrauen aufzupolieren, bedarf es aber auch wieder einiger Erfolgserlebnisse. Allerdings wird es schwer, diese in den kommenden beiden Partien einzufahren. Heute tritt der RSV beim Tabellenführer in Rostock an, am Sonntag in einer Woche gastiert der Zweitplatzierte VfL AstroStars Bochum auf dem Kleinmachnower Seeberg. „Am ersten Spieltag der Saison haben wir Rostock sensationell bezwungen, aber inzwischen ist der Aufsteiger gereift und spielt am konstantesten. Wir werden daher einen sehr guten Tag brauchen, um sie erneut zu schlagen“, weiß Günschel um die eindeutige Konstellation. Er selbst tritt den Weg an die Ostseeküste nicht an und wird von Co-Trainer Jaime Meißner vertreten. „Ich habe 39 Grad Fieber. Wenn ich in diesem Zustand coache, falle ich vermutlich nach dem ersten Viertel um.“ Es reicht ja auch bereits, dass seine Mannschaft dem Ende der Kräfte sehr nahe ist.

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