zum Hauptinhalt
Das ist lang her. Vor 20 Jahren spielten noch Fußballprofis wie Carsten Jancker (l.) vom FC Bayern München oder Karim Bagheri von Arminia Bielefeld im Rahmen des DFB-Hallenpokal-Finales in der Dortmunder Westfalenhalle. Heute spielt kaum ein Profiteam mehr unter dem Dach.

© Franz-Peter Tschauner/dpa

Fußball-Hallenturniere: Mangelware im Überflussangebot

Fußball gibt es gefühlt rund um die Uhr. Hallenturniere mit nationalen oder gar internationalen Spitzenteams sterben indes aus. Daher ist es bemerkenswert, wie Turbine Potsdam mit seinem Cup durchhält. Aber dem Verein fällt es auch zunehmend schwerer.

Von

Potsdam - Der internationale Turbine-Hallencup ist in der Geschichte der Hallenturniere zwar noch jung, aber eines der letzten seiner Art. Die Zahl der großen Turniere unterm Hallendach im deutschen Frauenfußball wird kleiner. Wo sich früher die Veranstalter um die besten Termine drängelten, ist es übersichtlich geworden. Bielefeld mit Veranstalter TuS Jöllenbeck hat aufgegeben. Die 38. Turnierauflage im vergangenen Januar war die letzte dieses 1977 ins Leben gerufenen internationalen Events, das unter dem Namen „Weltklasse“ firmierte, es aber immer schwerer hatte, tatsächlich internationales Spitzenformat zu verpflichten. 

Ende des DFB-Hallenpokals wegen Futsal-Pflicht

Bereits ein paar Jahre zuvor hatte der TSV Crailsheim 2007 aus Kostengründen aufgegeben. Dessen internationales Turnier wetteiferte seit 1975 stets mit der Konkurrenz aus Bielefeld um die Nummer Eins in Deutschland in Sachen sportlicher Qualität und Zuschauerzuspruch, der stets über der 1000er-Marke pro Spieltag lag. Letzter Sieger vor zwölf Jahren war Sparta Prag, inzwischen Stammgast bei Turbine in der MBS-Arena.

Und das prestigeträchtigste Turnier – der Hallenpokal des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) – wurde 2015 eingestellt. 20 Jahre zuvor war es ins Leben gerufen worden, zunächst mit den acht deutschen Frauen-Topteams auf dem Platz, später dann mit der kompletten Erstligagarde. Es war ein attraktives Spektakel, das zum Ende vor über 4000 Zuschauern in der ausverkauften Magdeburger Bördelandhalle stattfand. Der DFB besiegelte aber das Aus, weil er vorschrieb, offizielle Hallenmeisterschaften fortan nur noch nach der Spielvariante Futsal austragen zu lassen: also ohne Rundum-Bande, ohne Kunstrasen, mit kleinerem, spunggedämpften Ball, mit geringeren Spielfeldmaßen, Handball- statt Fußballkleinfeldtoren sowie komplexeren Regeln. Für die Frauen-Bundesligisten war das nicht attraktiv, sie wurden eines Winterhighlights beraubt. Deswegen hagelte es Kritik unter anderem von Turbine Potsdam und dem 1. FFC Frankfurt, die mit je sieben Titeln Rekordsieger des allseits geschätzten Budenzaubers sind.

Zeit wird für Fußballmannschaften ein rares Gut

Die Gründe für das Turniersterben auf internationalem Niveau gehen jedoch über die Fokussierung auf Futsal hinaus. Schließlich können vereinseigene Events auch weiterhin im klassischen Hallenfußball durchgeführt werden – wie in Potsdam. Auch die veränderten Zeitpläne vieler Bundesligisten, die lieber Wintertrainingslager im Süden bestreiten, machen Probleme. Dazu kommt die vom Weltverband Fifa festgelegte Abstellungsperiode im Januar, die viele Nationalspielerinnen von den Klubs abzieht und deren Terminrahmen deutlich enger schnürt, weil die Nationalteams ihre Optionen wahrnehmen. Da wird Zeit ein rares Gut. Stetig steigende Ansprüche der Teams an die Organisatoren haben zudem für Kosten gesorgt, die regional nicht mehr zu stemmen waren. Außerdem gibt es in einigen Verbänden mit potenziell lukrativen Teams keine Winterpause. In Italien, Spanien oder England etwa wird durchgespielt. Das internationale Topangebot ist somit beschränkt.

Umso lobenswerter das große Engagement von Turbine Potsdam, mit Hilfe der AOK Nordost nun schon zum siebten Mal ein internationales Feld zu präsentieren. Wenngleich die Gäste aus Tschechien, Polen, Schottland oder Ungarn eben nicht so klangvoll daherkommen wie Olympique Lyon, Paris St. Germain, FC Barcelona, Manchester City, FC Chelsea oder Juventus Turin. Nichtsdestotrotz bietet Turbine ein tolles zweitägiges Programm. „Es wird immer schwieriger, ein attraktives Feld zusammenzustellen. Bisher gelingt uns das“, sagt Turbines Ehrenpräsident Bernd Schröder. Der sieht ein entscheidendes Plus in den Möglichkeiten der MBS-Arena, um „hautnah zum Publikum ein Spektakel auf Kunstrasen“ zu bieten. „Weil alle Gäste aus dem Ausland kommen, gibt es keine lokalen Rivalitäten. Jedes Team wird angefeuert“, sieht Schröder als weiteren Vorteil.

Hochklassige Männerteams kicken fast gar nicht mehr unter dem Dach

Das Potsdamer Turnier hat sich einen guten Ruf erkämpft. Wie die Events der Metropolregion Rhein-Neckar, wo vor wenigen Tagen zum elften Mal der SAP-Cup in Rauenberg ausgetragen wurde und Turbine im vergangenen Jahr erstmals vertreten war. Der dortige Veranstalter setzt weitgehend auf deutsche Teams, möglichst aus der Region. Eine andere Strategie also. Beide Events gelten mittlerweile als Marktführer in Deutschland und halten am Leben, was es im Männerfußball in Deutschland längst nicht mehr gibt: Hallenturniere mit nationalen oder gar internationalen Erst-, Zweit- oder Drittligateams. Wenn unter dem Dach gekickt wird, sind meist nur Ehemaligenturniere populär, beispielsweise des AOK-Traditionsmasters in Berlin.

Der letzte DFB-Hallenpokal der Männer fand 2001 statt, 1988 hatte das Format Premiere gefeiert. Mit vier Titeln ist Borussia Dortmund Rekordsieger. Nach zahlreichen Qualifikationsturnieren wurde die zweitägige Endrunde in großen Arenen in Dortmund, München, Berlin oder Frankfurt am Main ausgetragen, das Fernsehen generierte mit den Übertragungen hohe Einschaltquoten. Doch immer kürzere Winterpausen und die volle Konzentration auf den Ligabetrieb machten dem Männer-Hallenfußball den Garaus. Wie lange diese Ära schon her ist, verdeutlicht ein Blick auf die Resultate des letzten nationalen Hallencups. Vor 18 Jahren gewann die Spielvereinigung Unterhaching, Dritter wurde Energie Cottbus. 

Zur Startseite