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Mit Frisbee und Regenschirm. Torsten Baus, Deutscher Vize-Meister von 2012, schützt seine Flugscheiben vor der direkten Nässe.

©  Manfred Thomas

Sport: Frisbee im Schneematsch

Beim Turnier der Discgolfer reduzierten die Temperaturen das Fingerspitzengefühl der Teilnehmer

Der direkte Weg ist nicht immer der einfachste. Vor allem wenn das Spielgerät in seiner Bahn alles andere als gerade fliegt und ohne weiteres Zutun in luftiger Höhe seine Richtung ändert. Am vergangenen Sonntag flogen Frisbees scharf, flach und mit erstaunlicher Präzision in Richtung Zielkörbe beim Potsdamer Eisgolfen im Volkspark.

Das Saisonjahr beginnt für die Potsdamer Discgolfer von Hyzernauts früh. Der Januar ist eigentlich gar nicht die Zeit der Sommersportart, die man sich bei strahlendem Sonnenschein sehr viel besser vorstellen kann. Doch dass sie auch bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt und schlammigem Untergrund mit Leistungsbereitschaft in ein Turnier starten, zeigten die 33 Teilnehmer bei der achten Auflage des jährlich stattfindenden Benefizturniers.

Discgolf ist eine Trendsportart, die seit Ende der 1970er-Jahre auch in Europa immer mehr Anhänger findet. Von einer festgelegten Abwurffläche versuchen die Discgolfer, mit dem Frisbee in spezielle Stahlkörbe zu treffen. Ähnelt der Spielverlauf stark jenem beim klassischen Golfen, wird dem Zuschauer schnell klar, dass hier Sportler am Werk sind, die auch nicht davor zurückschrecken, auf dem Weg zur nächsten Bahn durch knöchelhohen Schneematsch zu waten.

Von eins bis 14 mussten am vergangenen Sonntag alle Bahnen in den ersten beiden Qualifikationsrunden von sämtlichen Spielern durchlaufen werden. Bei diesen Wetterbedingungen keine leichte Aufgabe. „Bei Regen sind die Scheiben nass und man hat Probleme mit dem Stand auf dem Boden“, erzählt Carl Rose, mit 16 Jahren der jüngste Starter des Teilnehmerfeldes. Aber erst wenn die Finger zu kalt werden, ginge gar nichts mehr. Da fehle dann einfach das Fingerspitzengefühl, das besonders für die Putts, die Würfe aus kürzerer Distanz, nötig seien.

Aber nicht nur das spezielle Gefühl für den Frisbee, sondern auch einige Kraft ist erforderlich, um die längeren Strecken zu überwinden. In einer gekonnten Verbindung aus Anlauf, Drehung und Abwurf erinnert dieser Kraftakt stark an den Diskuswurf. Flach und scharf werden die Frisbees jedoch durch die Luft befördert und jeder Sportler hat da auch seine ganz eigene Technik. „Die Scheiben unterscheiden sich in ihren Flugeigenschaften, und für jeden Wurf braucht man eine andere“, erklärt der Deutsche Vize-Meister von 2012, Thorsten Baus, das Sammelsurium an Frisbees, das er und seine Mitstreiter mit sich herumtragen.

Den Parcours im Volkspark kennen Rose und Baus auswendig, hier trainieren sie mit den anderen rund 90 Vereinsmitgliedern von Hyzernauts, bei gutem Wetter sogar fünf- bis siebenmal in der Woche. „Die Möglichkeiten zum Discgolfen sind hier optimal“, meint Organisator Philipp Stadler. Er selbst habe die Bahnen schon rund 1 200-mal durchgespielt, langweilig werde es allerdings nie. „Dieser Parcours hat genau das richtige Maß an Abwechslung und Kniffligkeit, die den Spieler immer wieder vor neue Herausforderungen stellen“, so Stadler.

Der Aufgabe, ihn auch bei eisigen Temperaturen zu bezwingen, stellen sich beim jährlichen Eisgolfen viele Spieler. „Das Benefizturnier haben wir nach der Eröffnung des Parcours ins Leben gerufen, um auch wieder etwas zurückzugeben“, erzählt Stadler, der 2006 die Anlage selbst mitentworfen hat. Durch eine Sonderregel des Eisgolf-Turniers wird mit Freiwürfen, sogenannten „Mulligans“, die der Spieler für 1 Euro in den beiden Vorrunden und 5 Euro im Finale erkaufen kann, Geld gesammelt, um jedes Jahr ein Projekt finanziell zu unterstützen. Die 700 Euro an zusammengekommenen Spenden gehen 2014 an das Projekt „Neue Nachbarschaft“ des Stadtteilnetzwerks Potsdam-West.

Nicht nur Gewinner Jens Erdmann, der seinen Titel verteidigte, freute sich nach dem Finale, sondern auch Ronny Müller und Markus Koch, die sich als größte Spender im kommenden Jahr mit dem Titel „Lord Mulligan“ schmücken dürfen. Ein besonderer Titel, dem in der Discgolfer-Gemeinde stets mit Ehrfurcht begegnet wird. So führt also für einen Discgolfer nicht unbedingt immer der direkte Weg zum Ziel. Chantal Willers

Chantal Willers

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