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Aufeinandertreffen. Julia Simic und Björn Laars spielen am morgigen Sonnabend im Rahmen des Hallenmasters gegeneinander. Was ihnen am Fußball des anderen Geschlechts gefällt, haben sie sich in der Geschäftsstelle des SV Babelsberg erzählt.

©  Manfred Thomas

Sport: „Frauen halten sich in Zweikämpfen nicht zurück“

Julia Simic, Mittelfeldspielerin von Turbine Potsdam, und Björn Laars, ehemaliger Babelsberger Abwehrspieler, über die Unterschiede im Frauen- und Männerfußball, Elfmeterschinden und die Wahl von Nadine Angerer zur Weltfußballerin

Am Samstag gibt es beim Hallenmasters eine „Schlacht der Geschlechter“: ehemalige Babelsberger spielen gegen Turbines Bundesliga-Spielerinnen...

Björn Laars: Das Spannende für mich ist ja, dass ich gar nicht weiß, wer bei uns mitspielt. Ich wurde nur angerufen und für mich war klar, dass ich mitmache, weil ich es einfach wichtig finde, dass wir Präsenz zeigen in der Stadt. Alme Civa, unser Nachwuchsleiter Enrico Große, zwei, drei Namen hab ich gehört.

Also... Matthias Rudolph, Turbine-Co-Trainer Dirk Heinrichs, Herman Andreev

Björn Laars: Kommt der? Dann gewinnen wir ja wirklich? Ich dachte, wir verlieren das, weil hier nur 80-Jährige spielen oder 60-Jährige.

Was habt ihr denn gedacht, als ihr von der Idee gehört habt, dass es dieses Spiel geben soll?

Björn Laars: Für mich ist es weniger eine Schlacht der Geschlechter, ich finde einfach schön, wenn man gegeneinander spielt. Es geht ja um den Sport, um den Fußball, nicht darum, wer der Bessere ist. Das ist ja eh nicht vergleichbar. Technisch, muss ich sagen, ich kenn von euch ein paar Mädels, die haben mehr drauf als ich. Das ist technisch richtig super, absolut top.

Julia Simic: Ich habe es erst dieser Tage davon erfahren, bei uns stehen ja einige Testspiele in der Vorbereitung auf dem Programm. Von daher freut es mich natürlich, gegen die sogenannten „Babelsberger Legenden“ zu spielen, weil dadurch etwas Abwechslung reinkommt. Grundsätzlich spiele ich gern mit und gegen Männer, weil dabei immer ein gewisser Reiz vorhanden ist. Und in der Halle machen die körperlichen Unterschiede gar nicht mehr so viel her.

Björn Laars: Es ist eher für uns etwas Besonderes, denn wir spielen ja eher selten gegen Frauen.

Julia, Sie haben bis ins Jugendalter in Jungenmannschaften gespielt. Was gefällt Ihnen, wo ist der Reiz, wenn Sie gegen Männer spielen oder früher mit und gegen Jungs.

Julia Simic: Ich hab damals bewusst sehr lange bei den Jungs gespielt, bis ich 16 war und sogar mit einer Sondergenehmigung. Durch die Masse an Jungs, die Fußball spielen, ist automatisch die Qualität viel besser. Wenn man die Nachwuchsmannschsften der Bundesligavereine mal außen vor lässt, gibt es flächendeckend nicht ausreichend Mädchenmannschaften, die auf hohem Niveau Fußball spielen. Gerade deshalb erachte ich es als sehr sinnvoll, wenn die Mädels gerade in jungen Jahren mit den Jungs zusammenspielen, weil das Niveau viel höher, das Spiel viel schneller und der Fußball einfach besser ist.

Björn, haben Sie mal gegen Mädchen gespielt?

Björn Laars: Das gab es damals nicht, ich hab da kaum Mädchen spielen sehen. Ich war in jungen Jahren mal mit der DDR-Auswahl in Schweden, da war das Wahnsinn ...

Julia Simic: Da war es früher schon viel verbreiteter

Björn Laars: Ich habe mich regelrecht erschreckt im positiven Sinn, was da die Mädchen Fußball gespielt haben.

Julia Simic: Ich kenne das aus München, wo ich während meiner Trainertätigkeit im Bayerischen Fußball-Verband den Mädels, bis sie 15, 16 Jahre alt sind, geraten habe, bei Jungs mitzuspielen. Und der Trend zeigt: Es ist immer mehr so, dass in Jungenmannschaften Mädchen mitspielen, was bei uns früher noch total selten war. Ich war meist das einzige Mädchen in der Region.

Björn, würden Sie sagen, dass man auf dem Platz sieht, dass eine Fußballerin früher mal mit Jungen gespielt hat.

Björn Laars: (überlegt) Nein, das glaube ich nicht. Es hilft schon, wenn man gegeneinander spielt, es ist eine andere Art Fußball zu spielen, das kann dann schon helfen, aber es ist keine Garantie, eine gute Fußballerin zu werden. Da gehören andere Sachen dazu: Ehrgeiz, Talent. Ich glaube, der Frauen-Fußball wirkt ein bisschen ehrlicher als Männer-Fußball. Das beruht auf der Tatsache, dass im Männerfußball aufgrund der hohen Leistungsdichte und der höheren Gehälter mehr ausgereizt wird, um zu gewinnen. Bei den Frauen frage ich mich manchmal: Warum lässt sie sich nicht fallen, dann pfeift der Schiedsrichter.

Warum lasst ihr Euch nicht fallen?

Julia Simic: Vielleicht liegt es im Naturell der Frau, ich weiß es nicht.

Björn Laars: Im Männerfußball ist es so, dass man bestimmte Sachen machen muss, sonst bist du halt der Blöde, du passt dich den Gegebenheiten an.

Julia Simic: Es gibt ja bei den Frauen nicht das Theatralische, dieses Schreien und Liegenbleiben. Vereinzelt schon mal, aber es ist ganz selten. Von der Kreisklasse bis in die Bundesliga gibt es das bei Männern überall.

Björn Laars: Wenn da weniger gepfiffen würde beim Männerfußball würde das auch nicht so oft passieren.

Julia, merken Sie Mitspielerinnen an, ob sie früh aufgehört haben, „nur" gegen Jungs zu spielen?

Julia Simic: Ich würde die Frage etwas anders beantworten wollen als Björn. Beim Bayrischen Fußballverband haben wir gerade den ganz jungen Mädels im Alter von 11 bis 13 Jahren aufzeigen wollen, warum es sinnvoll ist, mit den Jungs zu spielen. Gerade weil sie viel öfter gefordert werden, viel regelmäßiger gefordert werden, auch am Wochenende in den Spielen. Wenn die Mädels bei der U 17 von Bayern München spielen, gewinnen sie jedes Spiel hoch und kommen selten an ihre Leistungsgrenzen. Es ist für Mädchen meiner Meinung nach herausfordernder und teilweise auch heimatnäher, wenn sie sich bei den Jungs ausbilden lassen. Mir hat es damals extrem gut getan, ich kann es vielen Mädchen empfehlen.

Was lernt man mehr?

Julia Simic: Jungs spielen anders Fußball, ein wenig frecher, manchmal etwas abgezockter, zudem musst du dich halt immer durchsetzen und aufs Neue beweisen, weil du als Mädchen immer unter besonderer Beobachtung stehst und durchaus den einen oder anderen Spruch abbekommst. Das ist nicht nur im Verein so, sondern auch, wenn du nach der Schule Fußballspielen warst, und dann waren da zwölf Jungs, dann musst du ein bisschen besser sein. Technische Sachen, Schnelligkeit, Spielverständnis lernt man vor allem auch bei den Jungs.

Was würden Sie gern können, was ein Fußballer - also ein Mann - kann?

Julia Simic: Schneller rennen, also dieses Tempo, Meter schneller überbrücken, damit das Spiel schneller wird. Wenn man Frauen-Spiele sieht, ist das immer noch eines der größten Mankos, die man einfach aufgrund der Gegebenheiten niemals verändern kann. Das macht es auch so schwer, Frauen- mit Männerfussball zu vergleichen. Es macht einfach auch wenig Sinn, auf Wettkampfniveau eine Männermannschaft gegen Frauen spielen zu lassen. Wenn ein 16-, 17-Jähriger, der ein Riesenschrank ist, sich den Ball vorlegt, hat eine Frau keine Chance hinterherzukommen, egal, ob sie vielleicht die besseren technischen Fähigkeiten hat. Das ist einfach aufgrund der Natur vorgegeben, da können wir wenig ändern. Vor allem hier in Potsdam trainieren wir sehr intensiv im athletischen Bereich. Aber auch grundsätzlich wird der Frauenfussball immer athletischer und dadurch auch ansehnlicher. Man kommt vielleicht langsam an eine Grenze, wo es nicht mehr viel besser werden kann, weil man schon viel herausholt aus den Körpern.

Björn Laars: Ich glaube, das Gefälle in der Bundesliga wird geringer

Julia Simic: Das, was nachkommt an jungen Spielerinnen, ist auf einem besseren Niveau, als das, was aufhört. Das liegt ganz einfach an der in den letzten Jahren enorm gestiegenen Zahl an fussballspielenden Mädchen und natürlich an der besseren Ausbildung.

Björn Laars: Vor drei Jahren habe ich das Spiel Turbine gegen Freiburg gesehen. Das war richtig Athletikfußball gegen Hausfrauenfußball, überspitzt gesagt nicht böse gemeint. Das wird inzwischen anders, die Vereine investieren mehr.

Wer bestreitet lieber Zweikämpfe, Männer oder Frauen?

Julia Simic: Ich glaube nicht, dass es da so große Unterschiede gibt. Ich habe damals mit 16 Jahren Bundesliga gespielt, bin von der B-Jugend der Jungs zu den Bundesliga-Frauen gewechselt und hatte dann relativ schnell meine ersten schlimmeren Verletzungen. Es war Jugendfußball im Vergleich zum Erwachsenenfußball, da geht es dann schon deutlich härter zur Sache, und ich wurde bei den Jungs nicht geschont. Da schrecken Frauen auch in nichts zurück. Klar, gibt es nicht diese ganz bösartigen Sachen, aber ich kann versichern, dass sich Frauen in Zweikämpfen nicht zurückhalten.

Björn Laars: Ich denke, in der Offensive versuchst du Zweikämpfe eher zu vermeiden als in der Defensive, das Spiel wird immer schneller, und dadurch bist du automatisch weniger in Zweikämpfen, aber das macht bei Frauen und Männern keinen Unterschied.

Björn, denken wir mal ein paar Jahre zurück: Hätten Sie sich einen Zweikampf mit der damaligen Weltfußballerin und Stürmerin Birgit Prinz getraut?

Björn Laars: Damals sicherlich schon, (lächelt) Klar, warum nicht. Es ist egal, Mann oder Frau.

Meinen Sie, Birgit Prinz hätte Ihnen Probleme bereitet?

Björn Laars: Nein. Glaub ich nicht. Glaub ich wirklich nicht. Jetzt vielleicht schon, aber damals nicht. Ich glaube, unsere Dynamik ist einfach anders.

Wir hatten am Montag die Wahl der Weltfußballerinnen, zwei Frauen aus Deutschland. Wurde die richtige Wahl getroffen?

Julia Simic: Bei den Frauen speziell? Klar, ich denke, dass es Silvia Neid mit dem Europameisterschaftstitel, der mit dieser jungen Nationalmannschaft alles andere als ein Selbstläufer war, rechtfertigt. Nadine Angerer, die als Torhüterin zur besten Spielerin gewählt wurde, hat sich den Titel dank herausragender Paraden bei der EM genauso verdient. Wir haben allerdings in der Kabine schon darüber gesprochen, warum es keine Feldspielerin wurde, Marta und Abby Wambach waren noch nominiert. Das Problem im Frauenfußball ist, dass du medial wenig mitbekommst. Eine Feldspielerin hat sich im vergangenen Jahr scheinbar nicht wirklich herauskristallisiert.

Ist es nicht komisch: Man weiß, dass Ronaldo, Ribery, Messi im Gespräch sind, doch bei den Frauen weiß man es nicht?

Julia Simic: Es ist halt einfach so. Wir dürfen uns nicht beschweren, denn medial haben wir in den letzten Jahren eine große Entwicklung genommen. Ich glaube aber auch, dass es ein so großes Potenzial nach oben nicht mehr gibt. Frauenfußball gibt es nun offiziell seit 40 Jahren in Deutschland, und sicher wird er es sich von der Attraktivität und vom Ansehen noch weiterentwickeln, aber so richtig große Sprünge wird er, denke ich, nicht mehr nehmen.

Björn, so eine richtig gute Torhüterin, hätte sie eine Chance in einer Männermannschaft?

Björn Laars: Glaube ich nicht.

Julia Simic: Es gab irgendwann mal einen Artikel, in dem der Vergleich zwischen Nadine Angerer und Manuel Neuer im Tor gezogen wurde, was die Reichweite betraf, die beide durch ihre körperlichen Konstitution ausfüllen konnten. Ich glaube, da hat Manuel Neuer allein durch seine Größe 20 oder 25 Prozent mehr abgedeckt.

Björn Laars: Die Torhüter im Männerfußball, die 1,80 Meter, 1,83 Meter groß sind, haben es ja schon schwer.

Warum sind die Frauen Europameister und die Männer nicht?

Julia Simic: Weil es bei den Männern im letzten Jahr keine Europameisterschaft gab (lacht). Ich denke, dass es auch für die Frauen nicht mehr so selbstverständlich ist, dass sie alles gewinnen, gerade weil die anderen Nationen stärker werden. Ich denke, dass bei den Männern einfach fünf, sechs oder sieben Nationen da sind, die theoretisch alle gewinnen können.

Björn Laars: Das sehe ich genauso. Die anderen Mannschaften holen einfach auf, wenn man dann nicht aufpasst, ist man auch mal richtig schlecht. Die deutsche Nationalmannschaft hatten ja diese Phase, wo gar nichts mehr ging, bevor Klinsmann kam.

Wir haben von Julia gelesen, dass sie gern „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ guckt, was nicht schlimm ist. Stellen Sie sich mal vor, es gibt nur zwei Fernsehkanäle: Auf dem einen läuft GZSZ, auf dem anderen läuft Fußball. Was würden Sie sehen?

Björn Laars: Bei mir wär's Fußball, klar, aber nur mit halbem Auge, weil ich meist am Rechner sitze abends.

Julia Simic: Bei mir wär's tatsächlich auch Fußball, weil ich einfach gern Fußball schaue.

Warum wird die „Schlacht der Geschlechter“ eine reizvolle Angelegenheit?

Björn Laars: Das Spiel gegeneinander ist doch schön.

Weil ihr beide gut ausseht... (allgemeines Lachen)

Björn Laars: Das können wir ja nicht von uns behaupten.

Julia Simic: Doch, doch.

Das Gespräch führten Peter Könnicke

und Ingmar Höfgen

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