zum Hauptinhalt
Mit Weitblick gebaut. Bei der Errichtung der Rollsportanlage im Schlaatz wurde darauf geachtet, dass die Bande und der Bodenbelag dort auch Eissport ermöglichen.

©  T. Gutsche

Eissport in Potsdam: Heiß auf Eis

Organisierten Eishockeysport gibt es in Potsdam nicht mehr. Die Stadt hat zwar bereits mehrfach Prüfungen für eine entsprechende Sportstätte vorgenommen, die Ideen aber stets verworfen. Der Verein Polarstern Potsdam treibt nun die Vorbereitungen für einen Neustart voran.

Von Tobias Gutsche

Die Olympischen Winterspiele 2018 haben begeistert. Potsdam freute sich besonders mit den Bobathleten Lisa Buckwitz und Kevin Kuske, die Gold und Silber holten. Aus gesamtdeutscher Sicht sorgten vor allem die Eishockeymänner für großes Erstaunen, als sie Weltmeister Schweden sowie Rekordolympiasieger Kanada bezwangen und das dramatische Finale gegen die russische Auswahl lediglich knapp nach Verlängerung verloren.

Eine Turnierleistung, die auch in Brandenburgs Landeshauptstadt bewundert wurde. Zum Beispiel von Tobias Borstel. „Das war grandios“, sagt er. Der deutsche Erfolg hat ihn noch einmal in einem Bestreben bestärkt: Potsdam soll eine Eissportfläche für das Training und den Wettkampf bekommen. „Das fehlt einfach in unserer Stadt“, hadert der Vorsitzende von Polarstern Potsdam.

Drei Kunsteisflächen - aber nur für Freizeitläufer

Dies ist eine rund 150 Mitglieder starke Abteilung des SV Motor Babelsberg, die Inline-Skaterhockey anbietet, eine verwandte Form des Eishockeys. Torejagd mit Schläger, aber auf Rollen und nicht Kufen sowie mit Ball statt Puck. In Brandenburg ist es die gängigere der beiden Spielarten, was der infrastrukturellen Lage geschuldet ist. „Wir sind das einzige Bundesland, das über keine kommunale Eisfläche verfügt“, berichtet Tobias Borstel. Die letzte verbliebene in Bad Belzig war vor wenigen Jahren havariert und soll auch nicht mehr instandgesetzt werden. Potsdam lockte diesen Winter zwar mit drei Kunsteisflächen (Luisenplatz, Hafen an der Langen Brücke und Caligari-Halle im Filmpark Babelsberg), doch wurden sie allesamt privat betrieben und waren nicht für den organisierten Sport bestimmt, sondern für Freizeitläufer.

Schon lange ist es her, dass in Potsdam Eishockey strukturiert gespielt wurde. Am Aradosee existierte bis 1968 eine hergerichtete Fläche, auf der unter anderem Schülermeisterschaften stattfanden. Als die DDR-Sportführung beschloss, dass die Disziplin wegen des Unverhältnisses zwischen Aufwand und möglichem Erfolg nicht weiter staatlich gefördert wird, begann auch in Potsdam die Schmelze. Immerhin wurde später doch noch die Rollsportanlage an der Heinrich-Mann-Allee für den Eishockeybetrieb fit gemacht, aber mit der Installation einen inkompatiblen Bande zur Wendezeit war dieses Kapitel auch jäh beendet.

Eishalle ist so kostenintensiv wie Schwimmhalle

Seitdem gab es immer mal wieder Versuche, die Eiszeit in Potsdam erneut aufleben zu lassen. Treibende Kraft war zunächst Manfred Kruczek, früherer Mitarbeiter des märkischen Sportministeriums und Stadtverordneter, dann forcierte Tobias Borstel das Thema. „Es ist ein sehr wichtiges. Es geht auch um den Sicherheitsaspekt“, betont Borstel und verweist auf das vorige Wochenende. Der zugefrorene Heilige See war von Hunderten Menschen bevölkert worden, doch Zweifel an der Tragfähigkeit sorgten für eine Räumung des Gewässers. „Mit einer Kunsteisfläche bietet man eine Alternative, bei der nicht die Gefahr besteht, einzubrechen.“

Die Stadtverwaltung hat in der Vergangenheit auch Prüfungen für entsprechende Anlagen vorgenommen. Das Ergebnis war stets das gleiche: Eine Vertiefung oder gar die Umsetzung wird nicht empfohlen – zumeist aufgrund der hohen Kosten. Vergangenes Jahr wurde beispielsweise geprüft, ob sich ein Eishockeyareal in der Tropenhalle der Biosphäre realisieren ließe. Nutzungsspezifische Investitionen von rund zwölf Millionen Euro für das Gesamtprojekt und die zu erwartenden Betriebskosten würden voraussichtlich einen weiteren Anstieg des städtischen Zuschusses für die schon jetzt enorm defizitäre Stätte nach sich ziehen, hieß es. „Die Errichtung und die Betreibung einer Eissporthalle kann, was die Kosten betrifft, grundsätzlich mit einer Schwimmhalle verglichen werden“, verdeutlicht die Stadtverwaltung auf PNN-Anfrage. Das wird sich Potsdam nicht leisten können.

Überdachung der Polarstern-Anlage für 2018 geplant

Insofern käme also allenfalls eine Freiluft-Spritzeisbahn infrage. Hierfür hat Polarstern Potsdam bereits Vorschläge gemacht und Vorarbeiten geleistet. Die Rollsportanlage des Vereins am Schlaatz wurde perspektivisch gleich mit einer Bande und einem Bodenbelag ausgestattet, die die temporäre Nutzung von Oktober bis März als Eisfläche erlauben. Dieses Jahr soll ein weiterer zielführender Schritt folgen. Polarstern hat laut Präsident Tobias Borstel einen Förderantrag beim Land gestellt und aus dem Kommunalen Investitionsprogramm Mittel in Höhe von 140.000 Euro bewilligt bekommen. Sie werden in die Überdachung der Anlage gesteckt. Bis Ende 2018 sollen die Arbeiten durchgeführt sein. „Mit dem Dach werden wir von Niederschlägen unabhängig. Das ist für die durchgehende Nutzung des Eises ganz entscheidend“, so Borstel. Bleibt dann aber noch die Frage nach der Finanzierung des Betriebs als Eisfläche. „Wir würden uns freuen, wenn die Stadt das in ihrem Haushalt berücksichtigen würde.“

Die Zeichen für Investitionen in ein Eissportstättenprojekt stehen allerdings momentan nicht gut, wie den PNN aus dem Rathaus mitgeteilt wurde. „Vor dem Hintergrund der begrenzten finanziellen Möglichkeiten“ sei das derzeit nicht vorgesehen. Zumal eine Bürgerbefragung im Rahmen des integrierten Sportentwicklungsplans 2013 keine prioritären Wünsche nach Eissportmöglichkeiten ergeben hätte. Aber immerhin räumt die Stadtverwaltung ein, dass eine solche Eisfläche „eine Bereicherung für die Sportlandschaft in Potsdam bedeuten würde“.

Potsdams schillernde Eiskunstlauf-Vergangenheit

Davon ist Tobias Borstel felsenfest überzeugt. Deshalb wird er auch weiter darum kämpfen. „Wir könnten der wachsenden Stadt etwas Neues bieten“, sagt er. Bei Polarstern Potsdam sind sie heiß auf Eis – und auch Lok Potsdam ist nicht abgeneigt. Der Eisenbahnersportverein hat eine sehr aktive Rollsportabteilung. „Wenn es die Möglichkeit einer Trainingsfläche gebe, wäre es sicherlich die Überlegung wert, uns um eine Eiskunstlaufsektion zu erweitern“, sagt Lok-Sportwart Grit Onnen.

Im Eiskunstlauf hat Potsdam übrigens sogar eine ganz schillernde Vergangenheit. Die hier aufgewachsene Ludowika Jakobsson (geborene Eilers) holte mit ihrem finnischen Ehemann 1920 Olympiagold im Paarwettbewerb. Drei Einzel-Olympiasiege schaffte der Schwede Gillis Grafström. Er war 1925 nach Potsdam gezogen, machte auf dem Bornstedter See Training, wenn der denn zugefroren war. Wenn nicht, musste Grafström auf eine Kunsteisbahn im Volkspark Berlin-Friedrichshain ausweichen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false