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Er kann nicht nur schnell. Tobias Grundler (r.) beißt sich beim SV Babelsberg 03 in seine neue Aufgabe. Am zweiten Spieltag gegen den Berliner AK (r.: Akatan Yigitoglu) wurde er erstmals eingewechselt und bereitete den 2:0-Siegtreffer vor.

©  Jan Kuppert

Sport: Der späte Schritt nach vorn

Tobias Grundler spielt mit 26 Jahren erstmals in der vierten Fußball-Liga. Der schnelle Linksfuß sieht für die Mannschaft von Babelsberg 03, die heute den FSV Zwickau empfängt, noch Luft nach oben

Dass es so schnell gehen würde beim SV Babelsberg 03, das hätte Tobias Grundler nicht gedacht. Zweiter Spieltag in der Fußball-Regionalliga, es ist August. Grundler, gerade aus Hessen zum Babelsberger Park gewechselt, wird nach reichlich einer Stunde für Stürmer Jakub Petrik eingewechselt. In der Schlussminute entscheidet er das Spiel mit: Seine Flanke von links verwertet Rafael Makangu zum 2:0 gegen den Berliner AK.

„Das Trainerteam gibt mir extrem viele Chancen, das hätte ich nicht gedacht“, wirkt Grundler auch noch einige Monate später überrascht. Gegen Hertha II und Union II traf er jeweils, drei Torvorlagen stehen zu Buche. Seine Einsätze haben sich ausgezahlt, „es läuft hier sehr gut für mich“, schätzt er ein. Siebenmal wurde er eingewechselt, viermal stand er in den 14 Punktspielen in der Startelf – zuletzt auch beim 3:1 in Meuselwitz. Immer wieder bekamen die Fans einen Eindruck, wie schnell Tobias Grundler unterwegs ist.

Was bemerkenswert ist: Mit 26 Jahren spielt der schnelle Linksfuß, der einst bei Sparta Bürgel begann und als Jugendlicher bei den Offenbacher Kickers ausgebildet wurde, zum ersten Mal in der vierten Liga. Öfter sei ihm gesagt worden, dass er es höherklassig versuchen sollte. Aber mit einem Spielerberater hatte er Pech, er wechselte häufiger in Hessen, meist in der fünftklassigen Oberliga: Jügesheim, Eschborn, Rot-Weiß Frankfurt, Bruchköbel und zuletzt Buchonia Flieden hießen seine Stationen. „Ich bereue es nicht, es war eine schöne Zeit in jedem Verein“, sagt Grundler, der auch einen Abstecher zu Alemannia Haibach (Bayern) unternahm. Es weiter entfernt von der Heimat zu versuchen, dafür fehlten ihm die Kontakte, sagt er.

Jenen zum SVB stellte schließlich ein anderer Spielerberater uneigennützig her. Denn in Potsdam wurde ein Spieler wie er gesucht, einer, der schnell in den Rücken der gegnerischen Abwehrkette startet. Grundler trainierte im Sommer mit der Mannschaft, lief beim 3:0-Testspielsieg in Schöneiche auf, traf mit einem trockenen Schuss zum 2:0. „Noch nicht fit“, sagte SVB-Trainer Cem Efe damals – und hielt an ihm fest.

Inzwischen ist Tobias Grundler weiter – und er ist schnell. „Schnelligkeit, das ist mein Ding“, sagt Grundler, der seine Spielweise viele Jahre perfektionieren konnte. In Hessen, erzählt er, wird in der Oberliga viel mit langen Bällen gespielt. Viele davon waren für ihn bestimmt. Auch wenn dies in Babelsberg eher verpönt ist – ein Spieler mit dieser Ausbildung war dennoch willkommen.

„Tobi ist unser schnellster Spieler“, sagt SVB-Trainer Cem Efe, aber nicht nur das. „Er antizipiert sehr gut, geht nach, ist torgefährlich“, sagt Efe, „und menschlich ist er ein Super-Typ.“ An seinen Defiziten arbeite er. „Er will lernen, das merkt man beim Training“, lobt Efe.

Neues passiert nicht nur auf dem Platz, auch daneben – das Leben von Tobias Grundler, der sich auch beruflich verändern wollte, entwickelt sich für den gebürtigen Offenbacher erstmals fern der Heimat. „Natürlich vermisse ich meine Familie und meine Freunde“, sagt er. Familie und Freunde kündigen sich aber öfter an, um ihn spielen zu sehen. Sein Vater Bernd war zum Beispiel beim 3:1-Pokalsieg in Schöneiche, sah seinen Sohn zweimal treffen; seine Mutter Brigitte möchte auch mal vorbeikommen, wenn es wieder wärmer ist, erzählt Tobias Grundler. „Meine Eltern haben mich immer unterstützt“, sagt er, „dass ich so weit gekommen bin, habe ich ihnen zu verdanken.“ Den nächsten Urlaub in der Heimat hat Tobias Grundler in der Winterpause fest eingeplant.

Den Traum, vom Fußballspielen auch leben zu können, hat Grundler, der als gelernter Lagerlogistiker auch in Potsdam in einem Lager arbeitet, noch nicht aufgegeben. „Ich will so hoch wie möglich spielen“, sagt der 26-Jährige, der sich beim SVB bis  Saisonende gebunden hat.

Ein wenig höher sollte es nach Meinung von Tobias Grundler auch mit dem SVB noch gehen. „Wir haben nach oben Luft. Ein, zwei Plätze höher geht noch“, schätzt er. Bis zur Winterpause stehen aber noch zwei harte Brocken für den Tabellenfünften SVB auf dem Programm – der Zweite FSV Zwickau gastiert heute ab 13.30 Uhr im Karl-Liebknecht-Stadion, und den derzeitigen Spitzenreiter Wacker Nordhausen wird am Freitag nächster Woche ab 19 Uhr seine Visitenkarte abgeben.

Ingmar Höfgen

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