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Redebedarf schon vor Anpfiff. Marco Vorbeck ruft sehr oft gestikulierend Kommandos zu seinen Spielern –  hier sogar, als sie gerade erst das Feld betreten. 

© Manfred Thomas

Update

Nach dem Debakel gegen die VSG Altglienicke: SV Babelsberg 03 steht vor gemeinschaftlichem Kraftakt

Fußball-Regionalligist SV Babelsberg 03 erreicht mit dem Debakel gegen die VSG Altglienicke einen Tiefpunkt in seiner für ihn historisch schlechten Saison. Es passt bisher wenig zusammen. Team, Trainer und Clubführung sind gefordert. 

Von Tobias Gutsche

Potsdam - Das drohende Unheil konnte schon frühzeitig erahnt werden. Bei der Fußball-Regionalligapartie des SV Babelsberg 03 gegen die VSG Altglienicke war noch nicht einmal der Anpfiff ertönt, da brüllte SVB-Trainer Marco Vorbeck bereits echauffiert über den Platz, um Korrekturen im Stellungsspiel seiner Mannschaft vorzunehmen. Ein erstes Indiz dafür, dass an diesem Freitagabend wenig bei den Nulldreiern passen sollte. Und die Szene bestätigte, dass generell einiges im Argen bei ihnen liegt. Mit 0:4 (0:4) verlor der SVB letztlich und erlebte damit den Tiefpunkt einer für ihn bisher ohnehin schon historisch schwachen Saison.

Längste Sieglosserie zu Saisonbeginn und magerste Punktausbeute

Vereinspräsident Archibald Horlitz sprach anschließend vom „sportlich schwärzesten Tag“ seiner Amtszeit, Stürmer Tom Nattermann von einer „absoluten Nullleistung“ und Trainer Marco Vorbeck betonte: „Wir sind im Abstiegskampf!“ Die Kiezkicker belegen Tabellenrang 16 von 18. Nach den ersten neun Saisonpartien, also rund einem Viertel der Spielserie, sind sie weiterhin sieglos – das gab es seit der Gründung als SVB 03 im Jahr 1991 noch nicht. Auch lediglich sechs Punkte auf der Habenseite sind zu diesem Zeitpunkt Minusrekord – 1998/99 und 2002/03 war die Ausbeute ebenfalls so mager.

Zwei Welten. Hinter dem ernüchterten SVB-Spieler Moritz Kretzer feiern die starken Altglienicker.
Zwei Welten. Hinter dem ernüchterten SVB-Spieler Moritz Kretzer feiern die starken Altglienicker.

© Jan Kuppert

Aus dem erhofften Befreiungsschlag gegen Altglienicke war nichts geworden. Stattdessen kassierte die Vorbeck-Elf selbst eine fußballerische Tracht Prügel. Nachdem in den Matches zuvor schon oftmals Ordnung bei den Babelsbergern gefehlt hatte, setzten sich Mannschaft und Trainer vorige Woche noch zusammen, um eine Problemlösung zu diskutieren. Ein Taktikwechsel sollte helfen. Vom 4-3-3 hin zum 4-4-2, um gerade im Duell mit der spielstarken VSG mehr defensive Kompaktheit zu erreichen. Doch das Gegenteil geschah. „Eigentlich war alles besprochen, aber wir haben das System nicht verinnerlicht“, meinte Nattermann. Sein Team sei „komplett durch den Wind“ gewesen, urteilte auch Vorbeck.

Die VSG bekam viel Platz zur Entfaltung und nahm diesen beeindruckend an. Tugay Uzan (8. Minute) und Benjamin Förster (17.) erzielten die ersten beiden Tore, nach denen der SVB-Coach wieder zurück auf die vorherige 4-3-3-Formation wechseln ließ. Besserung trat dennoch nicht ein. Vor 2068 Zuschauern im Karl-Liebknecht-Stadion legten Uzan (20.) und Förster (31.) nochmal nach. 

Team unfähig oder funktionieren Vorbecks Vorstellungen nicht?

An der Seitenlinie hatte Vorbeck diese Demütigung seiner Mannschaft in Halbzeit eins intensiv begleitet. Er gestikulierte wild, rief immer wieder Hinweise aufs Feld. Doch schienen sie wirkungslos zu verhallen. Was die Frage aufwarf: Ist das Team nicht fähig genug, um seine Ideen umzusetzen, oder funktionieren Vorbecks Vorstellungen mit ihr nicht? Schließlich attestierte doch selbst VSG-Trainer Karsten Heine und zuvor auch Nordhausens Coach Heiko Scholz der SVB-Equipe gute Qualität. Warum aber wird diese zu selten sichtbar? Während die Verletzungsmisere einen Ansatz darstellt, kam Führungsspieler Nattermann nicht umhin zu relativieren. „Im Vergleich zur Vorsaison fehlt uns durch die Abgänge mehrerer Leistungsträger ein Stück weit Klasse“, sagte er. Allerdings sei es möglich, das durch mannschaftliche Geschlossenheit zu kompensieren. „Das gelingt uns einfach noch nicht ausreichend.“

Am Freitag war es nach dem Seitenwechsel durchaus gelungen. Dem Debakel der ersten Halbzeit, wie es den Nulldreiern in ihrer Clubgeschichte bislang kaum widerfahren war, folgte ein kämpferischer Auftritt in Durchgang zwei. Dass es am Ende nur die höchste Liga-Heimniederlage seit knapp viereinhalb Jahren wurde, hing aber auch mit dem auf Platz drei rangierenden Gegner zusammen, der „mindestens zwei, drei Gänge rausgenommen hat“, räumte Nattermann ein.

"Der Trainer bekommt die Zeit, etwas zu entwickeln"

Beim SVB muss nun hinterfragt werden. Nicht zuletzt wird Marco Vorbeck grübeln müssen, mit welchen Anpassungen er seine Truppe raus aus der Negativspur bekommt. Es braucht neue Impulse, meinte auch Archibald Horlitz. Allerdings nicht durch einen Wechsel auf der Chefcoachstelle, wie er bekräftigte. „Es gehört zu unserem Wesen als Verein, dass hier nicht hektisch reagiert wird“, so der Vorstandsvorsitzende. Vorbeck sei von Anfang an klar gewesen, was ihn hier erwarte. „Kleines Budget, kleiner Kader. Da braucht es Zeit, etwas zu entwickeln. Und diese Zeit bekommt er auch.“ Dafür wolle die Clubführung dem 38-Jährigen bei seiner ersten Trainerstation im Männerbereich möglichst viel Unterstützung geben. „Das kann hier nur als Gemeinschaftsarbeit funktionieren“, sagte Horlitz.

Es wird ein Kraftakt. Vor allem in den nächsten Spielen. Die Babelsberger treffen binnen vier Wochen auf Spitzenreiter Hertha BSC II, dessen Verfolger Lok Leipzig sowie Drittliga-Absteiger und Brandenburg-Rivale Energie Cottbus. Bei einer Leistung wie am Freitag droht dann weiteres Unheil.

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