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Nach überstandenen Achillessehnenproblemen ist Johanna Elsig wieder fit.

© Jan Kuppert

Bundesliga-Wiederbeginn: Turbine möchte Positivtrend verstetigen

Nach Anfangsschwierigkeiten in der aktuellen Saison bekamen die Potsdamer Fußballerinnen erfolgreich die Kurve. Mit Rückkehrerinnen soll nun die Entwicklung fortgeführt werden.

Von Tobias Gutsche

Potsdam - Die Aufgabe war ohnehin schon keine leichte. Nach einem großen personellen Umbruch im Sommer durch Abgänge mehrerer gestandener Leistungsträgerinnen ging Frauenfußball-Bundesligist Turbine Potsdam mit dem jüngsten Kader der Liga in die aktuelle Saison. Das Durchschnittsalter des Teams liegt bei nur etwa 22 Jahren. Noch beschwerlicher wurde die Mission „Turbine-Jugend forscht“ dann, weil etliche von den verbliebenen erfahrenen Spielerinnen längere Zeit verletzungsbedingt ausfielen.

Das junge Turbine-Team um Anna Gerhardt (r.) verkaufte sich bislang gut. 
Das junge Turbine-Team um Anna Gerhardt (r.) verkaufte sich bislang gut. 

© Jan Kuppert

Umso erstaunlicher war es, wie sich die Mannschaft von Trainer Matthias Rudolph bisher trotzdem präsentierte. „Wir haben eine gute Entwicklung im Saisonverlauf genommen“, sagt er. Nach 13 von 22 Partien steht der Brandenburger Traditionsverein auf Tabellenplatz fünf. Beim ersten Ligaspiel dieses Jahres soll nun der siebte Sieg aus den vergangenen acht Pflichtspielen eingefahren werden. Zum Auftakt 2020 ist am Sonntag der abstiegsgefährdete 1. FC Köln im Karl-Liebknecht-Stadion zu Gast (14 Uhr).

Aus der Krise rausgekämpft und -gespielt

Dabei wird voraussichtlich Johanna Elsig ihre Bundesliga-Rückkehr erleben. Die Innenverteidigerin gehörte zu jenen Verletzungsausfällen, die für einen zusätzlichen Erfahrungsverlust im Potsdamer Team sorgten. Bei der Weltmeisterschaft 2019 hatte sie keine Einsatzminute erhalten. Anschließend kämpfte sich die Abwehrspielerin in die Startformation der deutschen Elf, war dann aber schnell wieder gänzlich außen vor. Bei einem Länderspiel im Oktober erlitt sie eine Achillessehnenverletzung. Ein kleiner Einriss entzündete sich stark. Zudem bildeten sich Muskelfaserrisse. Zwar versuchte Elsig schon drei Wochen später ein Comeback als Einwechslerin, doch scheiterte dieses. „Es ging nicht. Die Probleme waren zu gravierend. Hätte ich dann nicht gleich die Reißleine gezogen, wäre es wohl schlimm nach hinten losgegangen“, sagt die 1,77 Meter große Defensivakteurin, die sich in ihrer Karriere bereits zwei Kreuzbandrisse zugezogen hat.

Bei einem Länderspiel im Oktober verletzte sich Johanna Elsig (l.) und musste später zehn Wochen pausieren. 
Bei einem Länderspiel im Oktober verletzte sich Johanna Elsig (l.) und musste später zehn Wochen pausieren. 

© Bernd Thissen/dpa

Zehn Wochen Pause legte Elsig ein, um die Achillessehne wieder ausheilen zu lassen. Als Zuschauerin musste sie die Turbine-Partien in dieser Zeit verfolgen – und urteilt: „Unsere Tendenz zeigt deutlich nach oben“ – nachdem sie anfangs in die negative Richtung ging. Fünf der ersten sieben Spiele verlor Turbine, was dem sechsfachen Deutschen Meister noch nie in der Bundesliga widerfahren war. „Wir haben aber alle die Ruhe bewahrt“, sagt Rudolph. „Das Team hat sich mental rausgekämpft und sich auch aus der Lage rausgespielt.“ Die neuformierte Truppe habe sich mit Erfolg gefunden.

Kampf gegen Defensivschwäche - frische Impulse für Angriff

Allerdings gebe es ein „auffälliges Problem“, ist Johanna Elsig nicht entgangen: „Wir haben zu viele Tore kassiert.“ Bereits 29 Gegentreffer mussten die Turbinen hinnehmen – mehr als meist in einer ganzen Bundesligasaison. Verwunderlich sei das jedoch nicht, meint der Coach. „Wir hatten ja oft eine Abwehrreihe mit Spielerinnen, die vorher erst eine Handvoll oder gar keine Bundesligaerfahrung vorweisen konnten“, sagt Rudolph. Daher verspreche er sich mit Elsigs Rückkehr jetzt mehr Stabilität in der Defensive.

Und auch offensiv sind frische Impulse zu erhoffen. Viktoria Schwalm ist nach ihrem Schlüsselbeinbruch aus dem Hinspiel gegen Köln wieder fit. Zudem glaubt Rudolph, dass die Dänin Karoline Smidt Nielsen demnächst zum Zuge kommen könnte. Seit ihrem Wechsel nach Potsdam im Sommer 2018 hat sie wegen eines Knieknorpelschadens noch kein Pflichtspiel bestreiten können. Rahel Kiwic, Dina Orschmann und Adrijana Mori (alle Kreuzbandriss) verbleiben jedoch weiterhin im Turbine-Lazarett.

Platz vier im Visier und ein Traum vom Finale

Ziel für den weiteren Saisonverlauf sei es, den positiven Trend von vor der Winterpause zu verstetigen, sagt Rudolph. „Unser junges Team ist wie ein Projekt. Wir wollen uns gemeinsam weiterentwickeln, hier etwas entstehen lassen.“ Dieser Prozess, bei dem auch Rückschläge eingeplant seien, stehe im Fokus. Als tabellarische Ambition formuliert der Trainer die Verteidigung von Rang fünf. Möglichst soll sogar der vierte Platz erobert werden. Diesen belegt derzeit mit einem Punkt Vorsprung die SGS Essen.

Das ist zugleich Turbines Gegner im Viertelfinale des DFB-Pokals. „Wir haben da ein Heimspiel und wollen diesen Vorteil nutzen“, sagt Elsig. Wie ihre Teamkolleginnen und Coach Rudolph träumt sie von der Endspielteilnahme. Zuletzt schaffte es Potsdam 2015 bis ins Finale nach Köln – Elsig stand damals bei der 0:3-Niederlage gegen den VfL Wolfsburg auf dem Platz. „Wir haben das Potenzial, mal wieder so weit zu kommen“, betont sie selbstbewusst. Es wäre der Höhepunkt im ersten Jahr des Projekts „Turbine-Jugend forscht“.

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