zum Hauptinhalt

Brandenburg läuft: Interview über Teambuilding: Alle in einem Boot: Teamgeist schafft Erfolg

Der ehemalige Taekwondo-Weltmeister Lukas Szybowski aus Potsdam coacht den Zusammenhalt in Firmen und gibt Tipps für mehr Wohlbefinden im Alltag. Ein Gespräch über Teambuilding und Persönlichkeitsstärkung durch Sport.

Von Tobias Gutsche

Herr Szybowski, der Ex-Fußballprofi und jetzige Fernsehexperte Mehmet Scholl sagte einmal: „Ein Team entsteht durch den Erfolg, nicht durch Klettern im Wald oder Kanu fahren.“ Wie denken Sie als Fachmann in Sachen Teambuilding und Entwicklung von Führungskompetenzen über eine solche Aussage?

Sie ist zu einseitig gedacht. Sicherlich werden Teams vor allem an ihren Ergebnissen gemessen, dennoch ist es auch genauso relevant, dass eine Mannschaft durch gewisse Trainingsformate außerhalb ihres eigentlichen Sportalltags zusammenfindet. Und da kann Klettern im Wald und Kanu fahren hilfreich sein. Voraussetzung ist aber, dass diese Maßnahmen nicht nur einen Just-for-fun-Charakter haben, sondern auch reflektierend begleitet werden. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sind Beiträge zum Erfolg.

Trifft das im gleichen Maße auch auf die Arbeitswelt zu?

Absolut. Firmenkollektive begegnen sich bei solchen Aktivitäten meist auf einer unbekannten Ebene, auf der alle bei null anfangen und sich durch das Miteinander noch mal anders kennenlernen als im gewohnten, streng getakteten Arbeitsumfeld. Der große Gewinn von teambildenden Maßnahmen ist, dass alle Teilnehmer auf einen Nenner gebracht werden und dann gemeinsame Strategien entwickeln, um Lösungen zu kreieren.

Teambuilding findet meist über sportliche Aktivitäten statt. Warum ist das so?

Weil die Menschen durch Bewegung sehr schnell Erfahrungen machen. Es fällt vielen leichter, in den Kopf, also das Bewusstsein, zu kommen, wenn sie den Weg über den Körper gehen.

In diesem Zusammenhang arbeiten Sie viel mit dem Bogenschießen? Welche Kraft schlummert denn darin?

Für mich ist das Bogenschießen ein ideales Werkzeug, denn es hat mit dem Loslassen zu tun. Man kann den Bogen spannen, sich ausrichten und zielen, aber wenn ich am Ende nicht loslasse, erreiche ich auch kein Ziel. Das ist ein Problem, das bei vielen Menschen zu beobachten ist, weil sie zum Beispiel Versagensängste haben.

Hat diese Aktivität noch weitere Reize?

Ja, wenn ich nämlich mit dem Bogen schieße, ist zudem die Körpersprache interessant: Man ist aufrecht, macht sich nicht krumm, um ein Ziel zu erreichen – das sieht häufig in der Arbeitswelt leider ganz anders aus. Mit der praktischen Erfahrung lerne ich also viel über mich selbst. Aber auch für das Teambuilding ist Bogenschießen relevant, weil man dabei nicht alleine unterwegs ist, sondern gemeinsam. Wenn einer schießt, schauen die anderen zu und geben dann Tipps. Das ist unterstützendes Coaching, das eine Gruppendynamik und Führungsqualitäten fördert. „Alleine stark, gemeinsam erfolgreich“ ist das Motto.

Sie waren selbst erfolgreicher Sportler, waren Taekwondo-Weltmeister. Inwiefern spiegeln sich Ihre dabei gemachten Erfahrungen in Ihrer jetzigen Tätigkeit wider?

Mit meinem vom Sport geprägten Verständnis docke ich recht gut an die Denkweise der Wirtschaft an. Weil diese immer an Erfolg interessiert ist. „Höher, schneller, weiter“ zählt auch da. Es gibt also Parallelen zwischen Sport und Wirtschaft, aber auch Unterschiede, die häufig übersehen werden.

Und zwar?

Ich habe früher 25 Stunden in der Woche trainiert, war dabei in der Aktion. Die anderen 25 Stunden habe ich regeneriert, mich erholt. Das war eine gute Balance. In der Arbeitswelt ist hingegen meist nur Aktion angesagt, was natürlich keiner auf Dauer durchhalten kann. Deshalb ist es aus meiner Sicht ganz wichtig, dass in der Wirtschaft umgedacht wird. Es muss allen klar sein, dass hohe Leistungsfähigkeit nur bei einem guten Verhältnis von Aktion und Regeneration erreicht werden kann. Das Bogenschießen ist hierbei übrigens auch eine gute Übungsvariante: Es verdeutlicht, dass man die Spannung abfallen lässt und in die Entspannung übergeht, die für viele eine Unbekannte ist.

Wie stellen Sie sich die praktische Umsetzung dessen für die Arbeitnehmer vor?

Man muss sich die Fähigkeit aneignen, auf den Punkt runterfahren zu können, sich zu entspannen, zur Ruhe zu kommen. Wenn man das nicht schafft, holt einen der Stress irgendwann ein und man fällt auf die Nase. Ein guter Ansatz ist hierbei die Strategie 90/90. Das heißt: Alle 90 Minuten sollte man 90 Sekunden Pause machen, indem man eine Sportübung macht oder die Augen schließt und sich vollkommen zurückzieht.

Eineinhalb Stunden arbeiten und dann nur eineinhalb Minuten Unterbrechung: Ist das nicht ein großes Ungleichgewicht?

Nicht unbedingt. Diese kleinen Pausen zwischendurch sind – wie Studien ergeben haben – effektiver als eine große Pause am Ende der Woche. Es geht darum, das Tempo rauszunehmen und zu sich zu kommen. Wenn man 90/90 beispielsweise zehnmal am Tag praktiziert, dann habe ich am Ende des Tages 15 Minuten nur Zeit für mich gehabt. Wenn man jetzt mal überlegt, wann man das in seinem Geschäftsalltag zuletzt erlebt hat, werden viele ganz weit zurückdenken müssen. Der Hektik muss man sich jedoch auch zu Hause entziehen, das fängt schon am Morgen an. Da sollte man nicht nach dem Aufstehen gleich voll hochfahren, sondern geruhsam in den Tag starten.

Das sind also einfache Mittel zur Selbstbesinnung im stressigen Arbeitsalltag. Wie kann denn Teambuilding mit geringem Aufwand angewandt werden?

Wie bei den Entspannungsübungen für sich selbst ist es auch dabei wichtig, eine Regelmäßigkeit zu schaffen. Nur dadurch kann das Ganze erfolgreich sein. Gewisse Rituale können das Kollektiv einer Firma oder einer Unternehmensabteilung festigen. Zum Beispiel gemeinsames Mittagessen sowie Vereinbarungen, dass Geburtstage oder an Land gezogene und gelungene Projekte in gemeinsamer Runde gefeiert werden.

In Ihren Seminaren und Gruppentrainings werden Aspekte zum Teambuilding, zur Entwicklung von Führungskompetenzen sowie zur Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz professionell vermittelt. Wie sieht das aus?

Das sind verschiedene Formate, die aber alle sehr praxisorientiert sind. Für mich lautet der elementare Leitsatz: Wissen ist nur Wissen, wenn wir es tun. Ich bin ein Fan davon, mit den Teilnehmern ins Tun zu gehen, denn das ist es doch, worauf es im Alltag ankommt. Daher absolvieren wir sehr viele Übungen.

Müssen Sie dabei auch oft gegen Widerstände ankämpfen, weil Teilnehmer die Übungen oder Spiele als albern empfinden?

Das musste ich noch nie. Die aktiven Übungen kommen immer sehr gut an, weil sie einerseits Spaß verbreiten, zugleich aber auch wertvolle Erkenntnisse liefern, wie man sich in Alltagssituationen künftig besser verhalten kann. Das wird dankbar angenommen.

Solche Angebote erfreuen sich in der heutigen Zeit immer größerer Beliebtheit. Woran liegt es?

Weil alles immer schneller und intensiver wird sowie der Druck steigt. Vor diesem Hintergrund ist es einfach erforderlich geworden, über die vorhandenen Strukturen nachzudenken und nach Maßnahmen zu suchen, mit denen man Prozesse optimiert und den Arbeitsalltag angenehmer macht. Professionelle Coachings sind dabei gute Hilfestellungen.

Wie Sie sie deutschlandweit geben. Was genau machen Sie im Bereich Potsdam?

Neben den offenen Gruppenprogrammen sowie Seminaren und Vorträgen bei Firmen und Unternehmen gibt es jetzt ein neues Gemeinschaftsprojekt in der Potsdamer Innenstadt. Meine Firma „bewegungsprofi“ und die Laufschule „gotorun“ bieten in der „gotorun-Lounge“ aktive Pausen für Betriebe an. Soll heißen, dass die Mitarbeiter zu uns kommen können und dort in ihrer herkömmlichen Arbeitskleidung 20- bis 30-minütige Entspannungs- und Bewegungseinheiten unter Anleitung durchführen. Anschließend gibt es einen gesunden Snack.

Die PNN beleuchten in diesem Jahr das Thema Firmenfitness und Betriebliches Gesundheitsmanagement im Rahmen der Reihe "Brandenburg läuft". 

Mehr zum Thema Laufen in Brandenburg gibt es hier >>

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false