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Andreas Becker, Chefarzt am Klinikum (Frankfurt (Oder).

© privat

Brandenburg läuft: AOK-Heldenstaffel: „30 geschenkte Lebensjahre durch 30 Minuten Vorsorge“

Chefarzt Andreas Becker vom Klinikum Frankfurt (Oder) ist beim Potsdamer Schlösserlauf ein Mitglied der AOK-Heldenstaffeln. Im Interview spricht der Darmkrebs-Experte über diese Krankheit, ihre Ursachen sowie die präventive und therapeutische Bedeutung von Sport.

Herr Becker, wie häufig ist Darmkrebs in Deutschland verbreitet?

Der Dickdarmkrebs ist in Deutschland bei Männern und Frauen sowohl bei Neuerkrankungen als auch bei den krebsbedingten Todesfällen die zweithäufigste Krebsart. Das Durchschnittsalter, in dem die Diagnose gestellt wird, liegt bei 65 Jahren – Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen. Deutschlandweit sprechen wir von jährlich rund 62.000 Erkrankten, in Brandenburg sind es 1700 pro Jahr.

Welche Personengruppen sind besonders von Darmkrebs betroffen?

Bei jeden dritten Patienten ist der Darmkrebs vererbt. Andere Ursachen können in einer ungesunden Lebensweise liegen: Rauchen, falsche Ernährung oder zu wenig Bewegung. Schließlich haben auch Typ-2-Diabetiker ein erhöhtes Darmkrebs-Risiko.

Forschungen zufolge ist starkes Übergewicht ein Risikofaktor für Darmkrebs. Wie lässt sich demnach umgekehrt durch eine gesunde Lebensweise das Risiko minimieren?

Das Darmkrebsrisiko kann durch eine gesündere Lebensführung deutlich gesenkt werden. Wegen des verbleibenden statistischen Risikos ist eine Vorsorgeuntersuchung dennoch unverzichtbar, auch bei gesunder Lebensführung.

Was passiert bei der Vorsorge?

Der Goldstandard der Darmkrebsvorsorgeuntersuchung ist die Darmspiegelung, Koloskopie. Dickdarmkrebs geht ganz überwiegend aus Polypen hervor, sodass die Krebsvorläufer bei Untersuchung des Darms gut erkennbar sind. Während der Darmspiegelung wird nach vorheriger Reinigung der gesamte Dickdarm mit einer Kamera auf Polypen untersucht und diese Polypen in derselben Sitzung schmerzfrei und sicher entfernt. Zum besseren Komfort erhält der Patient vor Prozedur außerdem eine Schlummer- oder Schlafspritze.

Wie sind die Heilungschancen bei einer Darmkrebs-Diagnose?

Die Heilungschancen hängen entscheidend von dem Stadium ab, in dem der Krebs diagnostiziert wird. Entgegen landläufiger Meinung haben die meisten Betroffenen bei Diagnosestellung überhaupt keine Symptome. Symptomfreiheit ist also kein Indiz für einen gesunden Darm. Mittels Chirurgie, gegebenenfalls Chemotherapie und in manchen Fällen von Enddarmkrebs auch der Bestrahlungstherapie liegt die sogenannte Fünf-Jahres-Überlebensrate für alle Krebsstadien im Mittel bei etwa 50 Prozent. Wird der Darmkrebs im Frühstadium diagnostiziert, sind die Heilungschancen sehr gut.

Welchen Beitrag kann Sport vor und nach einer Therapie leisten, um die Heilung und Genesung zu fördern?

Sport hat seinen Stellenwert nicht nur als körperliche Ertüchtigung, dem Erhalt und dem Wiedererlangen von körperlichen Fähigkeiten und damit der individuellen Freiheit. Sport ist ganz entscheidend auch für das seelische Wohlbefinden und damit auch ein sehr guter Weg der Verarbeitung von Krankheiten und der körperlichen wie seelischen Erholung nach einer Krebsbehandlung.

Sie laufen beim Potsdamer Schlösserlauf in der AOK-Heldenstaffel mit, um so auf das Thema Darmkrebs und Vorsorge aufmerksam zu machen. Warum haben Sie sich entschieden, ein so schwieriges Thema wie Krebs zu Ihrem Beruf zu machen?

Es reizt mich, weil dabei medizinisch viel erreicht werden kann. Der Darmkrebs ist eine Krankheit, die aufgrund des eher langsamen Wachstums und der guten Früherkennungsmöglichkeiten prinzipiell in den allermeisten Fällen vermeidbar wäre. Die ersten Langzeitauswertungen der Darmspiegelung, die als Krebsvorsorgemaßnahme flächendeckend seit 2002 in Deutschland angeboten wird, liegen mittlerweile vor und sind sehr ermutigend, denn die Zahl der Neuerkrankungen sinkt signifikant. Auch die chemotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten haben im selben Zeitraum bedeutende Verbesserungen für Patienten gebracht. Allerdings müssen wir weiter Aufklärungsarbeit leisten, damit noch mehr Menschen die Darmkrebsvorsorge ab dem 55. Lebensjahr wahrnehmen. 30 Minuten Untersuchungszeit können eben 30 geschenkte Lebensjahre bedeuten. Das sollten wir uns immer wieder vor Augen halten.

Welche Rolle spielt Sport in Ihrem Leben?

Ich habe mein ganzes Leben lang Sport getrieben. Neben Volleyball, Schwimmen, Judo und Tischtennis bin ich seit Beginn der Berufstätigkeit wegen der nötigen Flexibilität vor allem gelaufen. Marathon laufe ich gegenwärtig vor allem berufs- und familienbedingt nicht mehr, plane aber wieder die Halbmarathon-Strecke. „mens sana in corporis sano“ – ein gesunder Geist in einem gesunden Körper – Sport ist für mich unverzichtbar!

ZUR PERSON:
Andreas Becker ist Chefarzt am Klinikum Frankfurt (Oder) und Sprecher der Initiative „Brandenburg gegen Darmkrebs“. Beim Potsdamer Schlösserlauf macht er in der AOK-Heldenstaffel mit.

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