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Für seine letzte Saison will es sich Bernd Schröder auf dem Trainerstuhl beim 1. FFC Turbine Potsdam einrichten – allerdings alles andere als bequem.

© J. Frick

Bernd Schröders letzte Saison bei Turbine Potsdam: Zum Abschluss alles auf Anfang

Für seine letzte Saison als Trainer von Turbine Potsdam hat Bernd Schröder noch einmal viele Veränderungen vorgenommen: neue Spielerinnen, neue Assistenztrainer, aber alte Ziele.

Potsdam - Die beiden älteren Herren auf der Tribüne des Ludwigsfelder Waldstadions fachsimpeln. „Turbine“, meint der eine, „macht das wie früher die DDR an den Sportschulen. Alle zwei Jahre einen Schnitt.“ So jedenfalls sieht er das stete Kommen und Gehen von Spielerinnen des 1. FFC Turbine Potsdam in der jüngeren Vergangenheit. Es sei ein bisschen zu viel geschnitten worden, befindet der andere Herr und fühlt sich bestätigt, als der Stadionsprecher das Aufgebot verkündet, mit dem Turbine am vergangenen Dienstag sein letztes Vorbereitungsspiel bestritt. 1:1 (0:0) hieß es gegen den Champions-League-Finalisten Paris St. Germain, bevor es am heutigen Freitag zum Saisonauftakt gegen den FC Bayern München (18 Uhr auf Eurosport) geht.

Acht Neuzugänge standen auf dem Spielerbogen am Dienstag, insgesamt neun neue Spielerinnen hat Bernd Schröder für seine letzte Saison als Cheftrainer in der Sommerpause an die Havel geholt. Wobei: Für Bianca Schmidt und Patricia Hanebeck ist Turbine keine völlig neue Adresse – beide kehren nach Potsdam als frühere Wirkungsstätte zurück. Abwehrspielerin Schmidt wurde zwischen 2006 und 2012 mit Turbine viermal Deutsche Meisterin und einmal Champions-League-Siegerin. Hanebeck feierte mit Turbine 2012 die Meisterschaft.

Turbine-Coach Schröder will noch mal streng Regie führen

Die Rückkehr der beiden – Schmidt kommt aus Frankfurt, Hanebeck vom SC Sand – gilt durchaus als Synonym für das Motto der kommenden Saison: Zum Abschluss alles auf Anfang. Noch einmal will Bernd Schröder mit alleiniger Hand streng Regie führen, nachdem er sich in der letzten Saison zu viel reinreden lassen habe, wie der 73-Jährige sagt. Er hat sich von seinem Co-Trainer Achim Feifel getrennt, dem er eigentlich das Feld überlassen wollte. „Aber das hat nicht gepasst“, meint Schröder. Das Gespann harmonierte nicht, Turbine landete auf Platz vier und verpasste zum zweiten Mal in Folge die Champions League. Ein „No go“ für den erfolgsverwöhnten Klub, dessen Frontfigur seinen Ärger über das erfolglose Abschneiden nie verhehlt hat: „Das ist nicht unser Anspruch“, grummelte Schröder.

Er weiß, wie Erfolg geht und Meisterschalen und Pokale gewonnen werden. Aber es ist weniger der erneute Beweis, den Schröder dafür liefern will, als der Wille, Turbine Potsdam als das zu übergeben, was es unter seiner vier Jahrzehnte langen Führung geworden ist: Ein national und international konkurrenzfähiger Klub im immer professioneller werdenden Frauenfußball, ein Verein mit Identifikationsfiguren und jungen Talenten. Voraussetzung dafür ist sportlicher Erfolg, den Schröder für sein Trainer-Finale mit dem Erreichen der Champions League und des DFB-Pokalfinals definiert – woraus letztlich das nötige wirtschaftliche Fundament erwächst. Und dieses ist nach zweimaliger Abstinenz in der europäischen Königsklasse nicht mehr ganz so fest wie zu Zeiten der großen Erfolgsserien. Auch diesen Aspekt hat Schröder im Blick, wenn er davon spricht, ein gut bestelltes Feld überlassen zu wollen.

Bianca Schmidt: Schröder ist eine ehrliche Haut

Dass dies auch in der neuen Saison nicht einfach wird, liegt nicht nur an der Konkurrenz mit dem Dauerrivalen des 1. FFC Frankfurt, dem VfL Wolfsburg oder dem FC Bayern, der mit dem Gewinn der Meisterschaft in der Vorsaison aus dem bisherigen Spitzentrio der Bundesliga ein Quartett gemacht hat. Es hat auch viel mit Ansprache, Persönlichkeit, Werten und Charakter zu tun. Klare Ansprachen seien „schwierig“ in der heutigen Gesellschaft, befindet Schröder. „Wir haben einen hohen Grad an Heuchelei und Scheinheiligkeit entwickelt“, behauptet er, doch sei er überzeugt: „Das wird sich irgendwann mal wieder ändern.“ Er hingegen wird in seinem letzten Jahr bleiben, wie er ist: „Man spart viel Zeit, wenn man eine klare Richtung angibt und das auch klar artikuliert“, findet Schröder. „Vor mir haben schon viele Trainer gesagt: „Die Sprache des Erfolgs ist rau.“ Er hat Spielerinnen wie Bianca Schmidt auch deshalb zurückgeholt, weil sie seine Sprache verstehen: „Er motzt mich mal an, wenn ich einen Fehler mache. Er freut sich, wenn ich gut spiele. Er ist eine ehrliche Haut“, meint die 25-Jährige.

Schröder hat, wie er selbst sagt, in den vergangenen Wochen und Monaten noch einmal Bewegung in den Verein gebracht: Neben neuen Spielerinnen hat er den Athletik- und Torwarttrainer ausgetauscht, es gibt eine neue Pressesprecherin und einen neuen Teammanager. An seiner Seite assistiert Matthias Rudolph, eigentlich ein Urgestein des SV Babelsberg 03, mit dem Turbine gern mal auf Kriegsfuß steht. Doch bringt Rudolph Kriterien mit, die sich Schröder für seinen Nachfolger wünscht: Er ist einer aus der Region, der die hiesigen Verhältnisse kennt und nun seine ersten Erfahrungen im Frauenfußball macht. Wie sehr der 32-Jährige in den Verein hineinwächst, wie es sich Schröder als Bedingung für den künftigen Turbine-Coach wünscht, wird auch davon abhängen, wie sehr und gut die graue Eminenz den Co-Trainer neben sich wachsen lässt.

Champions-League-Niveau gegen Paris St. Germain

Am Ende liegt die Wahrheit – auch beim Frauenfußball – auf dem Platz. Turbine-Kapitänin Lia Wälti meint, dass sich der Kader im Vergleich zum Vorjahr nicht nur qualitativ verbessert hat, sondern nun vor allem in der Breite besser aufgestellt ist. „Außerdem haben wir andere Spielertypen in der Mannschaft, die einen anderen Stil ermöglichen.“ Gegen Paris wurde das bereits deutlich: Eine mit Schmidt und der Polin Jolanta Siwinska gut organisierte Abwehr und eine mit Hanebeck, Svenja Huth und Ilaria Mauro spielfreudige Offensive ließen den Trainer von St. Germain staunen: „Ich dachte, es ist ein Freundschaftsspiel, aber das hatte Champions-League-Niveau“, sagte Farid Benstiti.

Schröder ist indes zulange im Geschäft, um die Schmeichelei nicht zu erkennen und schaut dem Ligastart lieber nüchtern und sachlich entgegen: „Wir sind gut gerüstet.“ (mit Tobias Gutsche/dpa)

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