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Zwei in einem Boot. Ronald Rauhe (v.) und sein Partner Tom Liebscher auf Kurs Richtung Zuckerhut. In Rio will Rauhe seine olympische Karriere mit einer weiteren Medaille veredeln.

© dpa

Auf dem Weg zu Olympia: Schon vieles erlebt, noch einmal Großes vor

Der Potsdamer Kanu-Sprinter Ronald Rauhe will zum fünften Mal olympisches Flair spüren – und mehr.

Von Tobias Gutsche

Damals noch ein junger Wilder, heute ein Routinier: Kanu-Rennsportler Ronald Rauhe, der im Jahr 2000 als Teenager bei seinen ersten Olympischen Spielen paddelte, bereitet sich nun mit 34 Jahren auf seine fünfte Teilnahme vor. Die bisherige Olympia-Geschichte des deutschen Vorzeigeathleten vom KC Potsdam ist sehr bewegt und der anstehende letzte Akt unter den fünf Ringen gleichsam mit großen Hoffnungen verbunden. Ob mit Rio 2016 dann auch seine Leistungssportkarriere endet oder er noch eine Abschiedssaison dranhängt, lässt der gebürtige Berliner derweil noch offen: „Das entscheide ich erst nach Olympia.“

Sydney 2000

Fotos von seinen ersten Sommerspielen entlocken Ronald Rauhe, dem Mann mit der raspelkurzen Frisur, ein Grinsen. „Jaja, ich hatte auch mal Haare auf dem Kopf“, kommentiert er seinen einst mittellangen, leicht gewellten, hellblonden Schopf. Bronzefarben glänzten derweil die Medaillen, die ihm und seinem Bootspartner Tim Wieskötter damals bei der Siegerehrung um den Hals gehängt wurden. Gleich bei ihrem ersten Auftritt im olympischen Gewässer, das an dem Finaltag von einem Sturm mächtig aufgewühlt wurde, fuhren die beiden Potsdamer nämlich im Kajak-Zweier über 500 Meter auf das Podium. „Das war natürlich der Wahnsinn“, erzählt Rauhe und fügt an: „Für einen jungen Sportler wie mich waren die vielen, ausschließlich positiven Eindrücke, die ich dort gesammelt habe, nahezu eine Reizüberflutung.“

Athen 2004

Den bislang „schönsten Moment“ seiner Laufbahn erlebte Ronald Rauhe vier Jahre später, als er mit Tim Wieskötter in Athen den Olymp bestieg. Ein Kajak, zwei starke Männer, ein halber Kilometer: Gold. Rauhe, der stets vorne im Boot sitzt und mit seinen schnellkräftigen Schlägen den Takt vorgibt, erinnert sich: „Die Stimmung an der Strecke war absolut genial. Dann auch noch als Erster die Ziellinie zu überqueren, machte einfach alles für uns perfekt. Ich kriege jedes Mal Gänsehaut, wenn ich daran denke.“ 

Peking 2008

Ein riesiger Erwartungsdruck lastete vor ihrem dritten Olympia-Start auf Rauhe und Wieskötter. Seit 2001 war das KCP-Duo schließlich ungeschlagen im K2 über 500 Meter, holte neben dem Triumph von Athen auch sechs WM-Titel auf dieser Strecke und siebenmal EM-Gold. Ausgerechnet im olympischen Finale 2008 riss die Serie. Mit nur neun Hundertstelsekunden Rückstand landeten sie hinter dem spanischen Team auf Rang zwei und komplettierten damit ihren Olympia-Medaillensatz, was sie zunächst als große Enttäuschung verbuchten. „Als wir auf das Siegerpodest gestiegen sind“, sagt Rauhe, „haben wir uns nicht gefreut. Es hat stattdessen wehgetan und wir haben eine Weile gebraucht, um die Niederlage zu akzeptieren. Heute weiß ich aber die Silbermedaille zu schätzen.“ 

London 2012

Für die Spiele in Großbritannien wurde das Wettkampfprogramm des Kanu-Rennsports reformiert. Die 200-Meter-Sprint- Strecken wurden eingeführt, dafür flog unter anderem der Kajak-Zweier 500 Meter – die Spezialdisziplin von Rauhe/Wieskötter – von der Liste. „Wir haben uns damit aber schnell angefreundet und es als Herausforderung gesehen, uns jeweils neu zu orientieren und auch irgendwie neu zu erfinden“, meint Rauhe. Er, der Explosive, legte nun den Fokus auf die 200 Meter. Wieskötter, der Ausdauernde, auf die 1000. Rauhe: „Mir hat das gut getan, weil ich durch die Trainingsumstellung neue Impulse bekommen habe. Das war ein Reizwechsel, der vor allem für den Kopf wichtig war.“ Während Wieskötter in London Vierter mit dem deutschen Vierer wurde, endeten Rauhes Sommerspiele mit einem „schwachen Abschneiden“, wie er selbst urteilt. Jeweils Platz acht im Einer sowie im Zweier mit Jonas Ems entsprachen nicht den eigenen Ansprüchen. „Daher konnte ich das großartige Flair, das an der Strecke und drumherum herrschte, auch nicht wirklich genießen“, sagt der 1,80 Meter große Sportler, der findet, dass sich der Charme Olympias in den vielen Jahren seiner aktiven Teilnahme nicht verändert hat: „Jedes Mal habe ich den olympischen Geist gleich stark gespürt und immer gemerkt, dass die Idee des Ganzen – Menschen durch Sport zu verbinden – weiterhin im Zentrum steht und nicht etwa der Kommerz.“

Rio 2016

Und jetzt kommt Rio. Im Vorfeld dieser Spiele hat Ronald Rauhe zum zweiten Mal in seinem Sportlerleben einen kongenialen Bootspartner gefunden. Nach Tim ist es nun Tom. Liebscher heißt der Neue mit Nachnamen, kommt aus Dresden und ist zwölf Jahre jünger als Rauhe. Seit 2014 jagen die beiden gemeinsam im Kajak- Zweier über die 200-Meter-Distanz und haben sich dabei rasend schnell in die Phalanx der weltbesten Sprintduos vorgekämpft. Ihre bisherige Bilanz: zweimal Europameister sowie je Silber bei der Weltmeisterschaft 2014 und den European Games in diesem Jahr. „Wir machen keinen Hehl aus unserem Ziel: Wenn wir in Rio starten, dann wollen wir auch gewinnen. Ganz klar“, erklärt Rauhe.

Einen Sieg konnte er mit Liebscher auf Brasiliens olympischer Regattastrecke bereits feiern. Anfang September dieses Jahres triumphierten die beiden dort bei einem top-besetzten Test-Wettkampf. Das sei gut für das Selbstvertrauen gewesen, weil sie wenige Wochen zuvor nur WM-Sechste geworden waren. „Das vorolympische Event hat uns dann gezeigt“, sagt Potsdams Kanu-Ikone, „dass wir im Training nichts falsch gemacht haben, sondern auf einem guten Weg sind.“ In Richtung Rio 2016, wo sich Ronald Rauhe von der Olympia-Bühne verabschieden wird. Möglichst mit dem Gewinn seiner vierten Medaille, bestenfalls der zweiten goldenen. 

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