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Vor dem Abflug. Stürmerin Genoveva Anonma verlängert ihren im Sommer auslaufenden Vertrag bei Turbine Potsdam nicht. Stattdessen wechselt sie zu den Portland Thorns.

©  Jan Kuppert

Sport: Arbeit auf dem Rasen und am Verhandlungstisch

Beim 1. FFC Turbine Potsdam wird in diesen Tagen kräftig am eigenen Kader gewerkelt. Kemme und Cramer bleiben bis 2017, Anonma zieht es hingegen in die USA. Acht weitere Verträge laufen im Juni aus

Von Tobias Gutsche

Zum zweiten Mal im Kalenderjahr 2015 treten die Frauenfußballerinnen von Turbine Potsdam am kommenden Sonntag zu einem Bundesliga-Auswärtsspiel an. Im Vergleich zur Partie vor zwei Wochen beim 1. FFC Frankfurt können die Potsdamerinnen nun gegen den Tabellensiebten TSG 1899 Hoffenheim (11 Uhr) eigentlich nur alles besser machen, denn bei der 1:5-Klatsche in der hessischen Bankenmetropole enttäuschte Turbine auf ganzer Linie. Die einseitige Partie führte dem Zuschauer zwei Baustellen vor Augen: das Frankfurter Stadion am Brentanobad, das modernisiert wird, und die Potsdamer Mannschaft, der es an einer spielerischen Linie und defensiver Stabilität fehlt. Auch der 6:1-Heimsieg am vergangenen Sonntag gegen den SC Freiburg zeigte trotz des deutlichen Resultats diese Defizite auf.

So wie am Main an der Spielstätte gewerkelt wird, widmet man sich bei Turbine momentan dem Kader. In der täglichen Trainingsarbeit geht es für den Bundesliga-Vierten darum, die Schwachstellen im eigenen Spiel zu minimieren. Am Verhandlungstisch werden parallel dazu die Weichen für die Zeit nach dem Ende der laufenden Saison gestellt.

Nach Tabea Kemme hat der Verein nun auch mit Europameisterin Jennifer Cramer den Vertrag vorzeitig bis Mitte 2017 verlängert. „Das ist ein Zeichen dafür, dass das duale System hier in Potsdam funktioniert und bei den Spielerinnen gerne angenommen wird“, sagt Trainer Bernd Schröder und zielt mit dieser Aussage auf die gute Vereinbarkeit von Leistungssport und beruflicher Ausbildung bei Turbine ab. Kemme und Cramer studieren an der Fachhochschule der Polizei.

Auf die Dienste von Genoveva Anonma kann der Klub ab der kommenden Spielzeit hingegen nicht mehr setzen. Die Nationalstürmerin von Äquatorialguinea, die 2011 vom USV Jena nach Potsdam gekommen war und 2012 Bundesliga-Torschützenkönigin wurde, wechselt im Sommer in die USA zu den Portland Thorns. Dort steht die Ex-Potsdamerin Nadine Angerer zwischen den Pfosten. „Wir haben Genoveva aber nicht vom Hof gejagt, sondern die Situation gemeinsam besprochen“, sagt Schröder. Die Erkenntnis: Afrikas Fußballerin des Jahres 2012 brauche ein neues Umfeld, einen neuen Reiz. In der deutschen Bundesliga habe sie ihren Leistungszenit erreicht, meint der 72-Jährige.

Anonmas Zeit in der brandenburgischen Landeshauptstadt läuft also in den kommenden vier Monaten ab. Bei acht weiteren Turbinen tickt derweil ebenfalls die Uhr, ihre Verträge enden am 30. Juni. Keine weitere sportliche Zukunft in Potsdam habe das US-Trio Kate Deines, Rachel Mercik und Ingrid Wells, erklärt Schröder. Anders verhält es sich bei Torhüterin Anna Sarholz, den Defensivspezialistinnen Johanna Elsig und Jennifer Zietz sowie den Offensivakteurinnen Natasa Andonova und Lisa Evans. „Wir haben mit den Spielerinnen zusammengesessen und ihnen ein neues Vertragsangebot gemacht.“ Doch nun beginnt das große Pokern. Turbine oder doch der Absprung? Bundesliga oder vielleicht die Suche nach dem Abenteuer im Ausland?

Dass der Verein derzeit auch bereits mit potenziellen Neuzugängen verhandelt, daraus macht Bernd Schröder kein Geheimnis mehr. Die Ansprüche an den Kader der Saison 2015/16 sind für ihn geklärt: Die Qualität soll steigen, die Quantität sinken. „Wir haben derzeit 27 Spielerinnen im Team – das ist zu viel.“

Für den Rest der laufenden Runde muss der Coach nun mit dem vorhanden Personal arbeiten – und damit möglichst doch noch den erhofften Champions-League-Platz einfahren. Drei Punkte beträgt der Abstand zum Zweitplatzierten FC Bayern München. „Daher ist ein Sieg in Hoffenheim Pflicht“, meint Schröder. Doch das dürfte gar nicht so leicht werden. Schließlich hat jener FC Bayern (2:1) und auch Spitzenreiter VfL Wolfsburg (1:0) in dieser Saison nur mit viel Mühe die volle Punktzahl aus dem Kraichgau entführen können. Tobias Gutsche

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