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Training mit den Talenten. Die AOK-Sportbotschafterin und Bundesliga-Fußballerin von Turbine Potsdam Inka Wesely schaute bei einer Übungseinheit des Förderzentrums vorbei – und machte mit.

©  Andreas Klaer

Sport: Alternative abseits der Sportschulen

Das Talentförderzentrum Teltow-Kleinmachnow- Stahnsdorf unterstützt junge Athleten in Sport und Schule

Von Tobias Gutsche

Sportschulen gibt es allein in Brandenburg drei an der Zahl – in Potsdam, in Frankfurt (Oder) und in Cottbus. Hinzu kommen ähnliche Einrichtungen in Berlin. Doch nur ein Bruchteil der vielen Talente dieser Regionen vollziehen den Sprung auf eine solche sportfördernde Schule. Der Rest scheitert entweder an der Auslese oder traut sich nicht, in jungen Jahren das heimische Nest gegen einen Internatsplatz zu tauschen.

„Ich habe diese Situation selbst erlebt und es hat mich zum Nachdenken gebracht“, erzählt Wolfgang Kremer, dessen Sohn Noah leidenschaftlicher Fußballer ist. Die Aufnahmeprüfung an der Cottbuser Eliteschule packte der Nachwuchskicker des RSV Eintracht 1949 nicht – danach offenbarte er seinem Vater zudem, dass er auch bei einer Zusage nicht hätte von zu Hause weggehen wollen. „Das war dann die Initialzündung für unsere Idee“, erinnert sich Kremer, der als Vorstandsmitglied vor eineinhalb Jahren das Talentförderzentrum Teltow-Kleinmachnow-Stahnsdorf ins Leben rief. „Wir sehen das Projekt als Alternative oder Ergänzung zum Sportschulsystem, nicht als Konkurrenz.“ In Kooperation mit der Maxim-Gorki-Gesamtschule und der Eigenherd-Grundschule in Kleinmachnow wird durch das Förderzentrum den Talenten der Region eine sportliche Perspektive abseits der Eliteschulen geboten. Damit der Verein auch weiterhin in diesem Maße sein soziales und gesellschaftliches Engagement im Sport fortführen kann, übergab die AOK Nordost am gestrigen Dienstag eine Spende über 4 000 Euro an die Einrichtung.

Der Verein verstehe sich „als Bindeglied“, erläutert Wolfgang Kremer. Es ist ein verknüpfendes Element zwischen den Sportvereinen – wie dem RSV Eintracht oder der LG Mittelmark –, der Schule, dem Familienleben und der beruflichen Zukunft. „Nichts von alledem soll auf der Strecke bleiben oder vernachlässigt werden.“ Dieses Ansinnen verfolgt auch die Gorki-Gesamtschule, die sich sofort vom Vorschlag einer Partnerschaft begeistert zeigte. „Sportlich talentierte Kinder sollen nicht einfach durch das Raster fallen, wenn sie nicht auf eine Sportschule gehen“, sagt Schulleiterin Petra Dziewulski. Dafür hat sie an ihrer Schule gemeinsam mit dem Förderzentrum ein Auffangbecken geschaffen.

Derzeit trainieren und lernen rund 50 Jugendliche in dem Programm. Die Kernsportarten sind Fußball, Leichtathletik, Basketball und Judo. Zweimal pro Woche werden zusätzliche Trainingseinheiten in den Stundenplan integriert, außerdem werden individuelle Lernzeiten angeboten, in denen die Nachwuchsathleten konzentriert an ihren Schulaufgaben arbeiten können. „Danach gehen sie mit dem guten Gewissen, dass alles erledigt ist, zu ihrem Vereinstraining am Nachmittag“, meint Dziewulski. Was an Sportschulen gang und gäbe ist, findet man an „normalen“ Schulen in dieser Form nicht – außer in Kleinmachnow, wo die Kooperation mit dem Talentförderzentrum ein deutschlandweit einmaliges Projekt darstellt.

„So etwas hätte ich mir damals auch gewünscht“, sagt Bundesliga-Fußballerin Inka Wesely, die als Sportbotschafterin der AOK beim gestrigen Training vorbeischaute und gemeinsam mit den jungen Fußballern kickte. Die Abwehrspielerin des 1. FFC Turbine Potsdam machte ihr Abitur auf einem Gymnasium im nordrhein-westfälischen Wesel. „Vormittagstraining war daher ausgeschlossen. Als 16 Uhr mit dem Unterricht Schluss war, bin ich dann in den Zug gestiegen und zum Training nach Essen gefahren. Oft war ich erst um 23 Uhr wieder zu Hause“, erinnert sie sich an ihre Zeit bei der SGS Essen. „Das war anstrengend und eine Belastung.“ Immerhin sei ihr der schwierige Spagat zwischen Schule und Sport gelungen, was sich am Sommer 2010 belegen lässt. Da wurde sie nämlich wenige Wochen nach den bestandenen Abschlussprüfungen U20-Weltmeisterin mit der deutschen Junioren-Nationalmannschaft. „Es hat damals alles ganz gut bei mir funktioniert. Aber so, wie es hier mit dem Talentförderzentrum durchgeführt wird, ist es als alternative Sportschulform optimal.“

Worte, die Wolfgang Kremer mit Freude zur Kenntnis nimmt. Denn sie geben ihm die Gewissheit, dass er mit dem Förderzentrum einen Nerv getroffen hat, ein Bedürfnis befriedigt. „Wir spüren eine positive Tendenz in Sachen Bewerbungen“, sagt der 2. Vorstandsvorsitzende des Vereins. Zwei Wege führen in das Förderprogramm, in dem Jugendliche nicht nur aus der direkten Umgebung, sondern auch aus Potsdam und Großbeeren vertreten sind. Entweder werden aus den Vereinen oder Schulen heraus Vorschläge für die Aufnahme gemacht oder aber die interessierten Athleten nehmen an Sichtungsterminen teil.

Sportliche Träume nicht frühzeitig wie eine Seifenblase zerplatzen zu lassen, hat sich das Talentförderzentrum Teltow-Kleinmachnow-Stahnsdorf auf die Fahne geschrieben. Das Streben nach Höchstleistung im Wettkampf soll aber eben auch in Einklang mit dem Privatleben, schulischen Werdegang und der späteren beruflichen Ausbildung gebracht werden. Es sind diese vier Säulen, die die Statik des Projekts ausmachen.

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