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Zähes Ringen: Mit vielen Unwägbarkeiten haben die Royals vor ihrem Start in die neue Saison zu kämpfen.

© Gerhard Pohl

Alarm bei Potsdam Royals: Wegen Geldnot droht das Aus in der ersten Football-Liga

Die späte Auszahlung städtischer Fördermittel bringt den Potsdamer Verein in Liquiditätsnot. Die Stadtverwaltung plant künftig eine Neuordnung bei seinen Sportstadtmitteln - inklusive Erhöhung.

Potsdam - Die neuesten Verstärkungen kommen aus der Schweiz und aus Dänemark. Im Tagestakt verkünden die Potsdam Royals derzeit ihre Neuverpflichtungen für die im Mai beginnende Saison in der German Football League 1 (GFL). Was laut Stephan Goericke aktuell fehlt, ist die Unterstützung aus Potsdam, sodass der Royals-Präsident trotz personellen Aufrüstens und viel Reklame für den Kauf von Dauerkarten die Existenzfrage stellt. „Nach aktuellem Stand ist der Spielbetrieb nicht aufrecht zu erhalten“, sagt er. Es fehlt an Geld.

25.000 Euro habe die Stadt Potsdam im Zuge neuer Vereinbarungen über Fördermittel für die großen Potsdamer Sportvereine den Royals zugesichert. Doch die Auszahlung ist erst im Herbst vorgesehen. Gebraucht wird das Geld aber jetzt – zu Beginn der Spielzeit. „Ansonsten haben wir ein Liquiditätsproblem“, schlägt Goericke Alarm. Ohne die städtische Finanzspritze in die Saison zu gehen, ist für Goericke „ein riesiges Wagnis“. Daher habe er der Stadt frühzeitig zu verstehen gegeben, „dass wir das Geld im Frühjahr zum Saisonauftakt brauchen und nicht erst im Herbst“. Doch könne er nicht erkennen, dass im Rathaus das „nötige Problembewusstsein entwickelt wird“.

Stadt kann noch keine verbindlichen Zusagen machen

Stadtsprecherin Christine Homann bestätigte den PNN einen entsprechenden Antrag der Royals über diese Summe. Zurzeit könnten aber keine verbindlichen Aussagen über eventuelle Zuwendungen getätigt werden, da zum einen die notwendigen Abstimmungsverfahren erst im Verlauf dieses Monats stattfinden und zum anderen der Doppelhaushalt 2020/21 noch nicht beschlossen ist. „Da es sich bei Zuwendungen um freiwillige Aufgaben der Stadtverwaltung handelt, dürfen derzeit aufgrund der vorläufigen Haushaltsführung nur sehr begrenzt Vorhaben bewilligt und ausgezahlt werden“, erklärt Sprecherin Homann.

Vereinspräsident Stephan Goericke (r.) und Cheftrainer Michael Vogt mit der EFL-Bowl-Trophäe.
Vereinspräsident Stephan Goericke (r.) und Cheftrainer Michael Vogt mit der EFL-Bowl-Trophäe.

© Gerhard Pohl

Bei der Förderung handelt es sich um sogenannte Sportstadtmittel. Im vergangenen Jahr wurde gemeinsam mit dem Stadtsportbund und Vertretern von Potsdamer Sportvereinen ein Vorschlag zur Erweiterung der Sportstadtmittel erarbeitet. Diese standen bisher für die Förderung von Veranstaltungen mit überregionaler Bedeutung sowie für die Absicherung des Sportbetriebs von Mannschaften in der 1. Bundesliga zur Verfügung.

Jährlich bis zu 50.000 Euro mehr Sportstadtmittel angedacht

Vorgesehen ist, zukünftig – neben der Förderung von Erstligavereinen, deren Sportart in der Sportschule am Luftschiffhafen eingeschult werden – die Förderung von „publikumswirksamem Ligabetrieb“. Das bedeutet, dass zukünftig mehr Vereine von einer Förderung im Rahmen der Sportstadtmittel profitieren könnten. Dafür ist vorgesehen, dass die Landeshauptstadt Potsdam ab 2020 jährlich bis zu 50.000 Euro zusätzlich zur Verfügung stellt. „Für diese Förderung würden die Potsdam Royals die Fördervoraussetzungen erfüllen“, so die Stadtsprecherin. Die Entscheidung obliegt indes den Stadtverordneten bei der Beschlussfassung des Haushalts.

Stadionsanierung sorgt für Vermarktungsprobleme

Das Warten auf die städtische Finanzspritze ist ein weiteres Glied, dass sich für die Royals in eine Kette von Widrigkeiten fügt. Durch die geplante Sanierung des Stadions Luftschiffhafen sei es schwierig gewesen, so der Vorwurf der Royals, die Heimspiele ausreichend zu vermarkten. Einnahmen durch Werbeflächen und Unsicherheiten bei der Preisgestaltung von Eintrittskarten aufgrund angeblich unzureichender Informationen über den Sanierungsablauf hätten bereits zu Einbußen geführt. Und das wäre in diesem Jahr besonders attraktiv gewesen, denn die TV-Präsenz für Spiele der GFL erhöht sich, nachdem die Liga die Kooperation mit dem Sender Sport1 erweitert hat und nunmehr 16 Spiele live gezeigt werden sollen. Tatsächlich räumt die Stadt ein, dass in bestimmten Bauabschnitten der Stadionsanierung die Bandenwerbung nur eingeschränkt möglich sein wird. „Der Zeitplan für die geplanten Sanierungsarbeiten im Stadion Luftschiffhafen wird derzeit noch abgestimmt“, sagt Homann. Soweit die Sanierungspläne konkreter werden, würden die betroffenen Vereine informiert.

Royals dieses Jahr aus dem internationalen Rennen

Auch eine weitere Quelle für mögliche Einnahmen ist frühzeitig versickert: die Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb. Vor zwei Jahren gewannen die Potsdamer das Finale der European Football League, im vergangenen Jahr im heimischen Luftschiffhafen den Eurobowl. Beide Wettbewerbe sind sportlich von zweitrangiger Bedeutung, aber zugleich auch grundsätzlich gute Werbung für den American Football, der in Europa und Deutschland immer beliebter wird. Und es ist, wenn auch in überschaubarer Größenordnung, eine Möglichkeit, die Vereinskasse zu füllen. „15.000 bis 20.000 Euro lassen sich damit einnehmen durch Eintrittskarten, etwas Sponsoring und Verbandszuschüsse“, sagt Goericke. In diesem Jahr jedoch nicht. Wegen der bevorstehenden Sanierungsarbeiten im Stadion hatte das Potsdamer Rathaus beim American Footballverband Deutschland (AFVD) angefragt, ob eine Eurobowl-Partie auf einem regulären Sportplatz ausgetragen werden könne. Daraufhin zieht der nationale Verband in diesem Jahr Potsdam für die Austragung einer internationalen Begegnung gar nicht erst in Betracht, da ein repräsentativer Austragunsort nicht zur Verfügung steht. „Der Verband hat uns aus den Planungen genommen“, bestätigt Goericke.

Für den Europapokalsieg 2018 durften sich die Royals ins Goldene Buch der Stadt Potsdam eintragen.
Für den Europapokalsieg 2018 durften sich die Royals ins Goldene Buch der Stadt Potsdam eintragen.

© Martin Müller

Die Fülle der Unwägbarkeiten, um die Saison zu planen und durchzuführen, frustrieren Goericke. Es werde sich darauf verlassen, dass letztlich die Vereine irgendwie eine Lösung finden.

+++ Von einer Abteilung des SCP zum eigenständigen Verein +++

Ihren Anfang nahmen die Potsdam Royals unter diesem Namen 2005 als American-Football-Abteilung des SC Potsdam. Von der untersten Spielklasse kämpfte sich die Mannschaft nach oben, schaffte binnen fünf Jahren den Aufstieg bis in die 2. Bundesliga. Doch der SCP verzichtete als Trägerverein auf das Zweitliga-Startrecht. Wegen dieser Enttäuschung traten die Footballer aus und gründeten sich als eigenständiger Verein. Nach einem Jahr Pause startete das Projekt Potsdam Royals neu. 2015 gelang der Zweitliga-Aufstieg, 2018 der Sprung in die 1. Bundesliga. Dort etablierte sich der Brandenburger Club in der Nordstaffel mit den Plätzen fünf und sechs. Außerdem präsentierten sich die Königlichen erfolgreich im internationalen Vergleich – für den Gewinn der European Football League (EFL), dem zweithöchsten Football-Vereinswettbewerb in Europa, durften sie sich ins Goldene Buch der Stadt Potsdam eintragen.

Nachdem sie zuvor auf Kleinmachnows BBIS-Sportanlage gespielt hatten, zogen die Royals 2015 für ihre Partien ins Stadion Luftschiffhafen. Mit Spieltagen, die als Familienfest konzipiert sind, entwickelte sich der Verein zu einem neuen Sport-Publikumsmagneten in der märkischen Landeshauptstadt. Der Zuschauerschnitt ist auf mehr als 1000 Fans pro Partie angestiegen – in der Spitze kamen sogar mehr als 2000 Besucher.

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