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Geschafft. Potsdams Kapitän Sebastian Schiweck jubelt über einen gültigen Versuch und später über den Titelgewinn.

©  Tobias Gutsche

AC Potsdam: Meister sucht neue Heimat

Die Gewichtheber des AC Potsdam holen den Titel in der 2. Bundesliga Nordost und träumen vom Aufstieg. Doch wo sie ab Ende dieses Jahres zu Hause sein werden, steht noch nicht fest.

Von Tobias Gutsche

Ihren erstmaligen Titelgewinn in der 2. Bundesliga Nordost zelebrierten die Gewichtheber des AC Potsdam am Samstag mit schmückendem Beiwerk. Während der Tote-Hosen-Song „Tage wie diese“ – inzwischen bereits ein musikalischer Siegesfeier-Evergreen wie „We are the Champions“ von Queen – aus den Musikboxen dröhnte, standen die Potsdamer Schwerathleten in extra angefertigten weißen Meister-Shirts auf der Heberbühne und ließen sich vor rund 100 Fans mit buntem Konfettiregen berieseln.

Zuvor hatte der ACP im Keller des Brauhausberg-Bades gegen die KG Görlitz-Zittau – wie auch bei den vorhergehenden vier Saison-Wertungsrunden – ganz souverän mit 3:0 Punkten gewonnen. Und dadurch können die Havelstädter trotz noch drei ausstehender Vergleiche nicht mehr vom Thron der drei Teams umfassenden Nordost-Staffel verdrängt werden. „Es ist perfekt, dass wir das jetzt schon sicher haben, denn so können wir voll und ganz das Training auf die Relegation ausrichten“, erklärte der stolze Mannschaftskapitän Sebastian Schiweck hinsichtlich der Aufstiegsrunde.

Zwei von drei Teams steigen in der Relegation auf

Diese findet am 7. Mai statt. Kontrahenten werden die Sieger der Staffeln Mitte sowie Südwest sein – vermutlich Suhl und Pforzheim. Die beiden besten Klubs innerhalb dieser Dreierkonstellation schaffen den Sprung in die 1. Bundesliga. „Das ist unser ganz großer Traum“, sagte Sebastian Schiweck: „Unsere Chancen stehen gut, denn Suhl hat im bisherigen Saisonverlauf nicht so hohe Punktwerte erreicht wie wir.“ Erstmalig in der gesamtdeutschen Liga eins zu heben, ist für den AC Potsdam, der 1990 aus der BSG Aufbau hervorgegangen war und dessen Aktive zahlreiche nationale und internationale Medaillen gewannen, also in greifbarer Nähe.

Wo der 150 Mitglieder starke Verein spätestens ab Ende dieses Jahres zu Hause sein wird, steht derweil noch in den Sternen. Seit Monaten hält die Suche nach einer neuen Heimat an. Sie muss gefunden werden, weil die alte Schwimmhalle am Brauhausberg, in der die Potsdamer Gewichtheber seit der Bad-Eröffnung im Jahr 1971 sesshaft sind, nun bald geschlossen und durch einen Neubau ersetzt wird. Räumlichkeiten für den ACP werden darin nicht mehr zur Verfügung stehen. „Wir führen mit der Stadtverwaltung und den Stadtwerken sehr vernünftige Gespräche und prüfen intensiv, wo wir nun hinkönnen“, sagte der Vorstandsvorsitzende Wolfgang Berger beim Zweitliga-Duell gegen Görlitz-Zittau.

Bauliche Aspekte für neuen Standort von Relevanz

Eine passende Lösung auszumachen, gestalte sich aber schwierig, weil bauliche Aspekte für das Training und die Wettkämpfe im Gewichtheben von großer Bedeutung seien, erzählte Berger: „Wir brauchen eine Anlage, wo der Boden den Aufprall von sehr hohen Lasten problemlos aushält. Das sind bei uns teilweise mit 200 Kilogramm bepackte Hanteln, die hinabkrachen.“ Der Untergrund müsse deshalb ausgesprochen stabil sein. Auf einer solchen massiven Betondecke werden zudem eine Gummischicht, dicke Holzbohlen und nochmals Gummi verlegt, um das optimale Terrain herzurichten. „Bis wir die nötigen Umbauten und den Umzug fertig haben, wird das dauern. Daher wird die Zeit nun langsam, aber sicher eng“, meinte Potsdams Trainer Andreas Anker und hofft darauf, schon bald einen neuen Standort für das Landesleistungszentrum zu erhalten.

Und dann heißt es Abschied nehmen vom Keller im alten Brauhausberg-Bad, der für die meisten Schwimmhallengäste eine unbekannte Welt sein dürfte. Das Ambiente dort unten, in dem einen größeren Saal und den zwei weiteren Krafträumen ist sehr speziell: Betonwände, so dick wie die in einem Bunker – stets ist durch Plastikrohre rauschendes Wasser zu hören – Tageslicht gibt es kaum – stickig ist die Luft, die nach dem vergossenen Schweiß der letzten viereinhalb Jahrzehnte riecht und beim Wettkampf am Samstag zusätzlich mit dem würzigen Odeur von Hackepeterbrötchen und Zwiebeln angereichert wurde.

Die Mitglieder mögen das Ambiente im Brauhausberg-Bad

In Zeiten schicker, auf Hochglanz polierter Fitnessstudios ist das der radikale Gegensatz. Aber Vereinsboss Wolfgang Berger wusste zu berichten: „Hier steckt Nostalgie und Charme drin. Unsere Mitglieder lieben das.“ Genießen können die starken Männer und Frauen es nur noch wenige Monate, ehe sie sich mit etwas Neuem anfreunden müssen, das dann womöglich Heimstätte eines Klubs aus der 1. Gewichtheber-Bundesliga sein wird.

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