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Sport: Abschied auf großer Bühne

Christian Prochnow ist auf Abschiedstour. Potsdams erfolgreichster Triathlet startet in Hamburg zu seinem letzten Weltcup-Rennen

Ein Kaffee und ein Muffin. Würde Christian Prochnow nicht hin und wieder einen Schluck seines Sportgetränks aus der ein Liter großen Plastikflasche nehmen, könnte es hier auch um ein entspanntes Frühstück gehen. Doch der 31 Jahre alte Triathlet ist in der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung. Zumindest nennen Spitzensportler die letzten Tage vor einem großen Wettkampf so. Ganz so bedeutungsschwer formuliert es Prochnow nicht, wenn er sagt: „Schön, dass ich noch einmal starten darf.“

Wenn sich am kommenden Samstag die weltbesten Triathleten in Hamburg zum sechsten Rennen der diesjährigen World Triathlon Series treffen, feiert Prochnow sein „persönliches Finale“. Nach zwölf Jahren im deutschen Nationalteam verabschiedet sich „Paule“, wie der gebürtige Potsdamer genannt wird, von der internationalen Bühne. Er sei dem Verband dankbar, dass er für Hamburg nominiert wurde, auch wenn er bei den ersten Weltcuprennen in diesem Jahr nicht am Start war und daher im Gesamtklassement keine Rolle spielt.

Auch die aktuelle Bundesligasaison, in der Prochnow noch einmal für das Stadtwerketeam Witten startet, wird seine letzte sein. Nach 16 Jahren Leistungssport plant der amtierende Sprecher der deutschen Triathleten sein Karriereende.

Auf der Sprint- und der olympischen Distanz gehörte Prochnow in den vergangenen zu den besten deutschen Dreikämpfern: 2001 gewann er Teamgold bei den Junioren-Europameisterschaften, zwei Jahre später den Eurocup in Zabgreb. Im gleichen Jahr feierte er seine erste Teilnahme an einem Weltcup-Rennen, bei denen er in den vergangenen Jahren Dauergast war. Mit dem Start bei den Olympischen Spielen in Peking, wo er Platz 15 belegte, erfüllte sich Prochnow den Traum eines jeden Sportlers.

Peking, Madrid, Kapstadt, London, Seoul - als Triathlet hat Prochnow die Welt bereist und viel gesehen. „Doch mit jeder Reise habe ich Potsdam mehr lieben gelernt“, sagt er. Potsdam nennt er seine Heimat – auch sportlich. Hier hat er seine ersten schnellen Schritte gemacht. Er war 15, als ihn ein Freund, der beim damaligen Erfolgs-Schwimmcoach Harald Herberg trainierte, zu einem 10-Kilometer-Lauf mitnahm. Das lief gut, Herberg erkannte Prochnows Talent und riet ihm, Triathlet zu werden. Prochnow selbst spürte neben dem stolzen Gefühl, 10 Kilometer gelaufen zu sein, auch den Muskelschmerz. Beides gab ihm einen Vorgeschmack auf das, was anderthalb Jahrzehnte sein Leben bestimmen sollte. Dabei habe es seine Zeit gebraucht, ehe er sich mit den Entbehrungen, dem Verzicht und auch der Einsamkeit, die der Ausdauersport verlangt, wirklich anfreunden konnte. „Heute sind das wertvolle Erfahrungen, die ich ohne den Sport nicht gemacht hätte“, sagt er. Er selbst nennt es das „Extreme“, das es bei jeder Sportart braucht, um ganz vorn zu sein. Bei der Frage, ob er sich selbst als „extrem“ bezeichnen würde, überlegt Prochnow lange und meint schließlich lächelnd: „Auf eine gewisse Art ist es zumindest nicht normal.“

Prochnow weiß nach vielen Jahren als Profi-Triathlet, wer wichtige Wegebegleiter waren. Grit Weinert, 1996 seine erste Trainerin beim damaligen Verein New Line Potsdam, gehöre unbedingt dazu. Ebenso Ron Schmidt, der am Luftschiffhafen erfolgreich ein Triathlon-Leistungszentrum etabliert hat und Prochnow 2008 zu den Olympischen Spielen führte. Dass er im vergangenen Jahr nach dem verpassten Olympiaticket sein Training in Selbstregie übernahm, beschreibt Prochnow mit reichlich Einfühlungsvermögen: „Ich wollte Ron nicht damit belasten, dass es nicht geklappt hat.“

Nach mehr als 15 Jahren Triathlonsport kann Prochnow nicht sagen, welche der drei Disziplinen ihm am meisten Spaß mache. „Wenn man auf Mallorca ist, macht das Radfahren und Schwimmen besonders Spaß. Und wenn in Potsdam der Schlösserlauf ist, bin ich am liebsten Läufer", sagt er. Dass Prochnow nach all den Jahren seinen Sport noch einmal völlig neu entdeckt, hat er vor einigen Wochen in Berlin bei seinem ersten Triathlon über die Mitteldistanz – einen halben Ironman – erfahren. „Vier Stunden am Stück unterscheiden sich enorm von dem, was ich seit 16 Jahren von der Sprint- und Kurzdistanz kenne“, bilanzierte „Paule“ und legt für sich fest: „Ein Ironman ist nicht mein Ziel.“ Vielmehr will der lizenzierte Sport- und Fitnesscoach als Trainer arbeiten. „Triathlet“, sagt Prochnow, „werde ich immer bleiben.“

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